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Musik: Nach Fler-Attacke: Wie gewalttätig sind Hip-Hop-Texte?

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Nach Fler-Attacke: Wie gewalttätig sind Hip-Hop-Texte?

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    Der jüngste Ausraster von Rapper Fler ist ein Beispiel dafür, dass Gewalt in Raptexten nicht immer in den Texten bleibt.
    Der jüngste Ausraster von Rapper Fler ist ein Beispiel dafür, dass Gewalt in Raptexten nicht immer in den Texten bleibt. Foto: dpa

    Wieder einmal steht ein Rapper wegen einer gewalttätigen Auseinandersetzung in den Schlagzeilen. Diesmal ist es der Berliner Fler, der am Montagabend ausgerastet ist, weil ein RTL-Team ihn auf offener Straße interviewen wollte. Kamera beschädigt, Kameramann im Krankenhaus, die Polizei ermittelt unter anderem wegen des Verdachts auf Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung gegen den 37-Jährigen. Keine Nachricht, die für große Überraschung sorgt, denn der Rapper, der mit bürgerlichem Namen Patrick Losensky heißt, wurde bereits mehrmals wegen solcher Delikte verurteilt.

    In vielen Rap-Texten geht es um Gewalt

    Dass Gewalt im Leben einiger Rapper eine wichtige Rolle spielt, ist offensichtlich: Zahlreiche ihrer Texte sind voll damit. Sie gehören zum Genre Gangsta-Rap, in ihnen wird nach Herzenslust gedroht, geschlagen, missbraucht und erschossen. Um Missverständnisse von vornweg auszuräumen: Das gilt natürlich nicht für alles, was unter die Kategorie Hip-Hop fällt. Aber Rap mit brutalem Gangster-Image war um die Jahrtausendwende die dominierende Form der Musikrichtung und nimmt noch heute einen zentralen Platz in der Szene ein.

    Dieses Image dient einigen Rappern als Werkzeug dafür, sich mit Themen wie Gewalt, Macht, Machtlosigkeit und der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Für andere ist es nur der Ausdruck ihrer Gewalt- und Machtfantasien. Wer zu welcher Sorte gehört, lässt sich oft nur schwer sagen, die Grenzen sind fließend. Dass Fler aber nicht nur über Gewalt textet, sondern auch in der Realität gerne zuschlägt, beweist sein Vorstrafenregister.

    Gewalttätige Texte machen die Hörer nicht automatisch aggressiver

    Es ist unstrittig, dass manche Rapper ein Gewaltproblem haben. Dazu, ob es mehr oder weniger sind als in anderen Musikgenres, gibt es keine verlässlichen Zahlen. Dass das Thema Gewalt in der Gangsta-Rap-Szene eine so zentrale Rolle spielt wie in kaum einer anderen Musikrichtung, ist allerdings kein Geheimnis.

    Strittig ist, ob Rapper mit besonders harten Texten auch ihre Fans gewalttätiger machen. "Du Dreckskind verreckst, meine Klinge an deinem Hals | Ich schneid' deine Kehle durch, Drogen, Rap, Sex, Gewalt", reimt zum Beispiel der Untergrund-Rapper Krijo Stalka. Die Augsburger Psychotherapeutin Gabriella Mitschele warnt davor, über die Auswirkungen solcher Inhalte auf die Zuhörer ein pauschales Urteil zu fällen: "Es kommt auf die Person an, die die Texte hört. Mit manchen Menschen machen sie gar nichts."

    Gewalttexte geben ihnen ein Gefühl von Macht

    Andere könnten sich allerdings an die Gewalt gewöhnen und Gefallen daran finden. Sie hätten meist schon zuvor ein gewisses Aggressionspotenzial, weil sie selbst in ihrem Leben Verletzung, Ungerechtigkeit und dergleichen erlebt haben. Ihnen gebe der Gangsta-Rap das Gefühl, aus der eigenen Ohnmacht herauszukommen. Noch deutlicher sei dieses Phänomen in der rechtsextremen Szene zu beobachten.

    Eine Studie aus dem Jahr 2019 von Cynthia M. Frisby und Elizabeth Behm-Morawitz zeigt auf, dass es im Pop ähnlich viele gewalttätige Inhalte gibt wie im Rap. Allerdings spielen Drohungen, Handgreiflichkeiten und Schießereien in der Popkultur keine Rolle - ganz im Gegensatz zum Rap, wo sie regelrecht gefeiert werden.

    Gewalt in Rap-Texten: Die Zeichen stehen auf Wandel

    Dass sich das ändert, wünschen sich inzwischen auch immer mehr Menschen aus der Szene: Rapperin Sookee ist nur eine der Frauen, die sich seit vielen Jahren aktiv gegen Machogehabe und Frauenfeindlichkeit im Rap einsetzt. Und die 36-Jährige wird gehört: Sie hat es bereits in die deutschen Album-Charts geschafft. Auch der Druck von außerhalb wächst beständig: Die Kampagne #unhatewomen ("ent-hasst die Frauen") nimmt zum Beispiel gezielt deutsche Rapper ins Visier, indem sie Zitate aus ihren Texten öffentlich anprangert. Auch Flers Lyrik findet sich dort wieder. Was diesen dazu veranlasst hat, die verantwortlichen Frauen zu beleidigen und zu bedrohen.

    Lesen Sie dazu auch: Streit eskaliert: Rapper Fler geht auf Kamerateam los

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