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München: Urteil: Kirch-Erben müssen Insolvenzverwalter Millionen zahlen

München

Urteil: Kirch-Erben müssen Insolvenzverwalter Millionen zahlen

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    Der inzwischen gestorbene Medienunternehmer Leo Kirch.
    Der inzwischen gestorbene Medienunternehmer Leo Kirch. Foto: Frank Leonhardt, dpa (Archivbild)

    Die Erben des Medienunternehmers Leo Kirch müssen dem Insolvenzverwalter des Konzerns mehrere Millionen Euro zahlen. Das Oberlandesgericht verurteilte die Kirch-Vermögensverwaltung zur Zahlung von insgesamt 4,3 Millionen Euro, wie ein Sprecher am Donnerstag in München mitteilte.

    Geld aus dem Unternehmen herausgezogen

    Die Richter kamen zu dem Schluss, dass Kirch Geld aus dem Unternehmen herausgezogen hat, als er dies wegen drohender Insolvenz schon nicht mehr gedurft hätte. Da auf die Summe auch Zinsen zu zahlen sind, liegt die Gesamtzahlung nach Berechnungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bei rund acht Millionen Euro.

    Leo Kirch - Geschichte eines Medienimperiums

    1990: Bertelsmann, Canal Plus (Frankreich) und die Kirch-Gruppe gründen den Pay-TV-Sender Premiere.

    1996: Die Kirch-Gruppe startet als erster Anbieter das digitale Pay-TV in Deutschland. Unter dem Dach von DF-1 werden zu Beginn über ein Dutzend Kanäle angeboten.

    1997: Die Kirch-Bertelsmann-Allianz für Digital-TV wird gegründet. Leo Kirch und CLT-Ufa unterzeichnen die Verträge über eine gemeinsame Pay-TV-Gruppe unter dem Dach von Premiere.

    2001: Spekulationen über eine feindliche Übernahme der Kirch-Gruppe durch Rupert Murdoch verunsichern die deutsche Medienbranche.

    2002: Der Axel Springer Verlag fordert für seine Beteiligung an ProSiebenSAT.1 rund 770 Millionen Euro von der Kirch-Gruppe zurück. Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer stellt öffentlich die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe infrage. Die Gruppe stellt Insolvenzantrag für ihr Kerngeschäft, dann bricht die Kirch-Gruppe vollständig zusammen. Gemessen am Schuldenstand von 6,5 Milliarden Euro handelt es sich um die bis dahin größte Firmenpleite in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

    2006: Vor dem Bundesgerichtshof erringt Kirch einen Teilerfolg. Breuer und die Bank müssen grundsätzlich persönlich für Schäden haften, die dem Unternehmen entstanden sind. Eine Haftung der Bank für den Zusammenbruch des Medienimperiums lehnt das Gericht jedoch ab.

    2009: Das Landgericht München weist einen Teil der Schadenersatzforderungen zurück. Es geht um Ansprüche der Kirch-Firma KGL Pool, in der 17 Töchter gebündelt sind. Sie fordern von der Deutschen Bank insgesamt rund 2 Milliarden Euro.

    2010: Kirch scheitert mit einer Strafanzeige gegen Breuer. Das Oberlandesgericht Frankfurt verwirft einen Antrag auf Klageerzwingung als unzulässig.

    2011: Vor dem Landgericht München I erleidet Kirch eine weitere Niederlage. Das Gericht weist milliardenschwere Schadenersatzforderungen zurück. Es geht um die Ansprüche der Printbeteiligungs GmbH, in der Kirch seinen Anteil am Springer-Konzern gebündelt hatte.

    Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass die Firmengruppe nach Ansicht der Richter schon im Jahr 2001 insolvenzreif war - und damit noch vor dem Interview des damaligen Deutsche-Bank-Chefs Rolf Breuer im Februar 2002, in dem er die Kreditwürdigkeit Kirchs infrage gestellt hatte.

    Die Deutsche Bank muss auch zahlen

    Kirch hatte die Äußerung für die Pleite seiner Mediengruppe wenige Wochen später verantwortlich gemacht und die Bank mit Klagen überzogen. Das OLG hatte die Deutsche Bank vor einem Jahr bereits grundsätzlich zu Schadenersatz verurteilt, die Höhe aber offen gelassen. Ein Gutachter soll den Richtern dabei helfen, die Summe zu ermitteln.

    In der Urteilsbegründung verwiesen die Richter allerdings darauf, dass in dem Rechtsstreit um die Klage des Insolvenzverwalters nur die betriebswirtschaftliche Seite des Falles Kirch beleuchtet werde. "Die Tatsache, dass dem Rechtsstreit eine der spektakulärsten Insolvenzen der deutschen Wirtschaftsgeschichte zugrunde liegt, begründet keine grundsätzliche Bedeutung." Die grundlegenden Rechtsfragen zu der Insolvenz seien bereits höchstrichterlich geklärt. (dpa, AZ)

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