Mode kommt und geht, und die Menschheit glaubt mal an enge Röhrenhosen, mal an schlotternde Trompetenhosenbeine. Denn Experten beten vor, was in ist oder cool aussieht und Hipster nehmen die Trends willig auf. Ein, zwei Jahre später trägt es dann auch „Otto Normalverbraucher“.
So ist es auch mit den Bärten. Während sich manche Männer gerade erst entschließen, ihre Stoppeln sprießen zu lassen, klingt der Barttrend in den Metropolen langsam schon wieder ab. Sagen zumindest immer mehr Lifestyle-Experten. Männermodeschauen in Paris, Mailand oder New York, wo die Models wieder zart und glatt rasiert daherkommen, bestätigen die Vermutung. Vincent Grégoire von der bekannten Pariser Trendagentur „Nelly Rodi“ sagt in Interviews auch: „Die Bartwelle hat ihren Höhepunkt überschritten und läuft langsam aus.“
Es gebe Verwechslungsgefahr mit Extremisten
Die Gründe, die er nennt, klingen plausibel: Es gebe mehrere Probleme mit den Zotteln, sagt Grégoire. Einerseits machten sie alt, wenn sie grau würden. Zum anderen könne ein zu dichter Vollbart angesichts der Verwechslungsgefahr mit Extremisten falsch ausgelegt werden. Einen echten Folgetrend hat der Experte noch nicht ausgemacht.
Bisweilen drängte sich in den vergangenen Jahren tatsächlich der Eindruck auf, dass sich ganz harmlose Familienväter urplötzlich in Talibanjünger verwandelten. Stellt sich die Frage: Warum kamen sie überhaupt auf diese Idee? Eine Erklärung findet man auf der Internetseite „mein-vollbart.de“. Nach dem Auslaufen des Metrosexuellen der frühen Nuller-Jahre, also der modernen Dandys, stark vom früheren Fußballstar David Beckham beeinflusst, wollten die Männer wieder richtig männlich wirken.
Während es zuvor viel ums Aussehen, Glattrasieren, Sensibilität ging, um Luxus, Logos und viel Bling-Bling, schlug das Pendel daraufhin in die andere Richtung aus. Lumbersexuelle nennt man diese Gegenbewegung. „Lumber“ kommt aus dem Englischen und heißt Holzfäller. Genauso sehen die Lumbersexuellen auch aus: Sie tragen Bart, grobe Hemden, klobige Schuhe und Mützen oder Hüte. Intellektueller und mehr sophisticated wollten sie wirken als ihre Vorgänger. Bärte gelten bei ihnen als Definition einer neuen Maskulinität: rustikaler und roher. Männer sollten wieder aussehen wie Männer: echte Kerle halt.
Früher galt der Bart als Zeichen für Macht
In früheren Jahrhunderten galt der Bart ja als Zeichen für Macht. Anwälte, Ärzte und auch Soldaten trugen häufig einen Bart. Man stellte etwas dar mit ihm. Genau das wollte die junge Generation, die in der Gesellschaft ihren Platz sucht, wohl auch bezwecken. Und wenn das bald vorbei sein sollte, wird es wieder spannend, wohin der Mann sich beim nächsten Trend wandelt und wer dafür Pate steht.