Zu bieder, zu poliert – so lautet das Urteil vieler Britinnen über Kates Stil. In Wahrheit dürften selbst Kritikerinnen den Aristokraten-Chic heimlich im Kleiderschrank horten, wie Zahlen von Marketingexperten vermuten lassen. Über 1,3 Milliarden Euro haben Modemacher vergangenes Jahr mit Kopien von Kates Klamotten verdient.
Strumpfhosen, Ohrringe und selbst die Haarfarbe
Wenn es in der Fashion-Branche so etwas wie den Ritterschlag gibt, dann hat Jane Corbett ihn erhalten. „Ich freue mich, dass die Herzogin von Cambridge meine Kreation trägt“, bloggte sie Weihnachten. Wie hübsch bescheiden! Die unbekannte Hutmacherin vom Lande hätte treffender vom größten Coup ihres Lebens sprechen müssen, als Kate in violettem Hut und Mantel aus Corbetts Atelier vorbei an einer Fotografenriege zur Weihnachtsmesse schritt. Seitdem sind Corbetts Designs so weltberühmt wie alle anderen Kreationen, die Kate getragen und so zum Bestseller geadelt hat.
Ihr Verlobungsring? Altbacken, aber tausendfach als Billigkopie im Umlauf. Das sandfarbene Kleid, in dem sie Michelle Obama im Buckingham-Palast gegenübertrat? War binnen Sekunden ausverkauft. „Unsere Webseite brach unter dem globalen Ansturm zusammen“, erinnert sich David Reiss, Gründer der Modekette, bei der die Herzogin das gute Stück für 200 Euro hatte kaufen lassen. „Ich ließ noch einmal 600 Exemplare nachschneidern“, so Reiss, „dann sollte es gut sein.“
Hochzeiten 2011: Diese Paare gaben sich das Ja-Wort
Die pompöseste Eheschließung des Jahres war in London zu bewundern, wo am 29. April Prinz William und Kate Middleton in der Westminster Abbey heirateten. Zum Liebling der Boulevardpresse wurde dabei die stilsichere, jüngere Schwester der Braut, Pippa (eigentlich Philippa) Middleton, «Her Royal Hotness».
Die märchenhafteste Hochzeit fand in Monaco statt, wo Fürst Albert II. Anfang Juli seiner 20 Jahre jüngeren Braut Charlene Wittstock aus Südafrika das Jawort gab. Die frühere Schwimmerin würde in Grace-Kelly-Lookalike-Wettbewerben eine gute Figur machen.
Im Gegensatz zum Schickimicki-Ministaat Monaco am Mittelmeer ist der Himalaya-Staat Bhutan weitgehend abgeschottet. In einer farbenprächtigen Zeremonie heiratete dort Mitte Oktober der 31 Jahre alte Monarch Jigme Khesar Namgyel Wangchuck seine Jugendliebe, die zehn Jahre jüngere Bürgerliche Jetsun Pema.
Die coolste Braut des Jahres war zweifellos Kate Moss. Das Topmodel heiratete den Rocker Jamie Hince zeitgleich zur Hochzeit von Albert und Charlène (wie sie nun als Fürstin heißt), was Topmodel Naomi Campbell, die auf beiden Hochzeiten tanzte, quer durch Europa jetten ließ. Die Atmosphäre in Südengland war viel lockerer als an der Côte d'Azur.
Wer sonst noch «Ja» sagte? Die Lieblingsenkelin der Queen, Zara Phillips, und der Rugby-Spieler Mike Tindall.
Außerdem: «James Bond» Daniel Craig und die Schauspielkollegin Rachel Weisz, Georg Friedrich Prinz von Preußen, das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, und Sophie Prinzessin von Isenburg.
Nicht lassen können es auch Ex-Beatle Paul McCartney, der zum dritten Mal heiratete, ebenso wie Charles Spencer, der Bruder der unvergessenen Prinzessin Diana.
Zum zweiten Mal trauten sich die Filmregisseurin Sofia Coppola sowie Hollywood-Schauspielerin Reese Witherspoon.
Erstmals dagegen vor den Traualtar trieb es Popstar Michael Bublé und - natürlich im, wie passend, schnee-weißen Kleid - die Ski-Olympiasiegerin Maria Riesch, jetzt Höfl-Riesch, die Marcus Höfl heiratete.
War es aber nicht. Verzweifelte zahlten auf Ebay über 800 Euro für das Etuikleid, das, so rechneten britische Medien nach, für 20 Euro pro Stück in Rumänien produziert worden war. Vom Kate-Faktor profitierte auch Tesco, die britische Aldi-Version: Für nur 40 Pfund schneiderte der Discounter den Hausfrauen landauf, landab eine weitere Reminiszenz des Gewandes. „Kate sah in dem Kleid aus wie eine Million Dollar“, schwärmt Reiss. Und so viel ist die schlanke 30-Jährige der Modebranche auch tatsächlich wert: Auf eine Milliarde britische Pfund taxieren Experten den Umsatz, den „Copy-Kates“ einbringen. Hautfarbene Lackleder-Pumps, Markenzeichen der Herzogin, werden mittlerweile doppelt so häufig verkauft wie vor der Palast-Hochzeit. Selbst Strumpfhosen, ein Accessoire, in dem vor Kurzem keine Britin unter 50 Jahren hätte gesehen werden wollen, boomen. 65 Prozent mehr Lycra-Beinkleider setzt etwa das Warenhaus Debenhams um. Und seitdem bekannt ist, mit welcher Tönung die Herzogin ihrem Haar kastanienfarbenen Glanz verleiht, freuen sich auch Drogerien über zwölf Prozent mehr Absatz.
Rund 290 Euro soll jede Britin jährlich für den Kate-Stil ausgeben, die typische Föhnwelle beim Friseur inklusive. Dass die Garderobe der künftigen Königin sich so leicht kopieren lässt, verdanken Fans Kates Talent, teure Designerlabels mit billiger Massenware zu mischen. Fashion-Jägerinnen, die nicht das große Glück haben, ein Kleid schon zu besitzen, bevor die Herzogin es zu globalem Ruhm katapultiert, müssen jedoch gut organisiert sein.
In Stil-Blogs wie „What Kate Wore“ wird ihre Garderobe zum blitzschnellen Nachkauf bis auf den letzten Ohrring analysiert. „Wir sind ein Land von Kate-Guckern geworden“, scherzt Lisa Bond, die die Designlinien für die Modekette Peacocks auswählt. Manche Fans, wie Mary Stringer, kaufen nur noch Kate-kompatibel: „Bei jedem Stück, das ich sehe, frage ich mich, ob sie das tragen würde“, erzählt die 24-Jährige der Zeitung Sun. Bleibt nur zu hoffen, dass die Herzogin niemals in Leggins und Moonboots gesehen wird.