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Missbrauchsskandal: Entschädigung und Ursachen

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Missbrauchsskandal: Entschädigung und Ursachen

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    Missbrauchsskandal: Entschädigung und Ursachen
    Missbrauchsskandal: Entschädigung und Ursachen Foto: DPA

    Gleichzeitig rückt ein Stück Aufklärung näher. Die vom Jesuitenorden benannte Beauftragte Ursula Raue kündigte ihren Zwischenbericht für diesen Donnerstag an. In einer Pressekonferenz will die Rechtsanwältin in Berlin über den aktuellen Stand aus Sicht des Jesuitenordens berichten. Näheres dazu gab sie am Dienstag zunächst nicht bekannt.

    Der Jesuitenorden wies unterdessem Forderungen nach einer generellen Entschädigung zurück. Zugleich entfachte der Augsburger Bischof Walter Mixa eine Debatte über die Ursachen für den Missbrauch vieler Jesuiten-Schüler. Der Kirchenmann gab der sexuellen Revolution die Schuld daran.

    Grünen-Chefin Claudia Roth verlangte am Dienstag eine glaubwürdige Antwort der Kirche, "wie sie das schwere seelische Leid bei vielen Menschen wiedergutmachen" und "wie sie verhindern will, dass sich so etwas wiederholt". Roth sieht die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrstagung in der kommenden Woche in der Pflicht.

    Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann forderte eine Änderung der repressiven Sexualmoral der katholischen Kirche. Inzwischen sind deutschlandweit schon mehr als 100 Missbrauchsopfer bekannt. Die meisten Betroffenen besuchten eins der drei Jesuiten-Gymnasien. Die Fälle liegen rund 30 Jahre zurück.

    Der in München ansässige Jesuitenorden in Deutschland reagierte verhalten auf die Ankündigung der Berliner Opfer-Anwältin Manuela Groll, mehrere der von ihr vertretenen Opfer wollten eine finanzielle Entschädigung. "Es ist nicht daran gedacht, dass der Orden von sich aus Entschädigungszahlungen anbietet", sagte der Ordenssprecher Thomas Busch am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Es gibt keinen Blankoscheck." Wenn Anwälte Entschädigungen forderten, werde das juristisch geprüft, sagte Busch. Dieser Prozess werde jedoch nicht öffentlich kommentiert.

    Die Ausweitung des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche ändere an der grundsätzlichen Bewertung nichts, sagte der Jesuiten-Sprecher. "Das Entsetzen und die Scham über den Missbrauch quantifiziert sich nicht durch die Zahl der Opfer. Jedes Opfer ist eins zu viel", sagte Busch. Ähnlich äußerte sich der Sprecher des Erzbistums Berlin.

    Nach Ansicht Drewermanns sind die Strukturen der katholischen Kirche für den Missbrauchsskandal mitverantwortlich. "Der kardinale Fehler der katholischen Kirche besteht darin, ihre Kleriker zu nötigen, zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zum Menschen alternativisch zu wählen", sagte Drewermann im dpa-Gespräch. Er kritisierte das Heiratsverbot für Priester und die repressive Sexualmoral. Hier müsse die Kirche Roms dazu lernen.

    Der Augsburger Bischof Walter Mixa bestreitet dagegen einen solchen Zusammenhang. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Pädophilie (strafbarer Sex mit Kindern) und dem Zölibat, darauf hätten unabhängige Experten hingewiesen, sagte der Bischof der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag). "Der ganz überwiegende Teil entsprechender Sexualstraftaten wird von verheirateten Männern, oft im verwandtschaftlichen Umfeld der Opfer, begangen", sagte Mixa.

    Der Bischof machte vielmehr eine zunehmende Sexualisierung der Gesellschaft für solches Verhalten verantwortlich. "Die sogenannte sexuelle Revolution, in deren Verlauf von besonders progressiven Moralkritikern auch die Legalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Minderjährigen gefordert wurde, ist daran sicher nicht unschuldig", sagte er.

    Grünen-Chefin Roth griff Mixa wegen dieser Äußerungen scharf an. "Es ist nicht nur haarsträubend, sondern auch eine beispiellose Verhöhnung der Opfer sexuellen Missbrauchs, wenn an diesem Skandal innerhalb der Katholischen Kirche nun andere schuld sein sollen", sagte Roth ebenfalls der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch).

    Die Politikerin erwartet von der Bischofskonferenz einen "grundlegend neuen und angemessenen Umgang mit Missbrauchsfällen in Institutionen der katholischen Kirche". Schließlich gehe es um schwere Straftaten und um deren Vertuschung. Der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, der die Missbrauchsaffäre Ende Januar selbst öffentlich gemacht hat, erwartet von der Debatte auf der

    Die Berliner Jesuiten laden an diesem Aschermittwoch zu einem Gebet ein. "Tief betroffen von den Zeugnissen der Überlebenden sexueller Gewalt" möchten sich die Jesuiten vor Gott im Gebet =versammeln, teilte der Orden in Berlin im Internet mit. "Wir möchten im stillen Gebet vor Gott und der Öffentlichkeit unsere Scham und Trauer ausdrücken über die Schuld einzelner Jesuiten und die Katastrophe institutionellen Wegsehens." 

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