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Marmaray-Projekt: Tunnel nach Asien: „Wir verbinden London mit Peking“

Marmaray-Projekt

Tunnel nach Asien: „Wir verbinden London mit Peking“

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    Arbeiter in einem Rohrtunnel, der sich unterhalb des Bosporus erstreckt.
    Arbeiter in einem Rohrtunnel, der sich unterhalb des Bosporus erstreckt. Foto: Tolga Bozoglu/Archiv (dpa)

    Türkische Politiker sprechen schon von einer neuen Seidenstraße für den Handel bis nach China. „Wir verbinden London und Peking“, schwärmte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kürzlich. Schon die osmanischen Sultane im 19. Jahrhundert dachten über einen Tunnel zwischen Europa und Asien bei Istanbul nach, doch daraus wurde lange nichts.

    Auch die Passagiere des legendären Orientexpresses mussten mit der Fähre vom europäischen zum asiatischen Teil Istanbuls übersetzen, wenn sie ihre Reise Richtung Bagdad fortsetzen wollten. Die in neunjähriger Bauzeit und teilweise mithilfe der Europäischen Investitionsbank (EIB) errichtete Bahnverbindung soll das Umsteigen überflüssig machen. „Es ist ein 150 Jahre alter Traum“, sagte Erdogan, der Marmaray gestern zusammen mit Präsident Abdullah Gül am 90. Gründungstag der türkischen Republik eingeweiht hat.

    Damit wurde das Kernstück der neuen Verbindung eröffnet: ein rund 13,6 Kilometer langer Tunnel zwischen Europa und Asien inklusive einer 1,4 Kilometer langen und erdbebensicheren Doppelröhre aus Beton unter dem Marmarameer.

    Die Arbeiten am fast fünf Milliarden Dollar teuren Projekt hatten sich um Jahre verzögert, weil beim Bau eines unterirdischen Bahnhofs nahe der Istanbuler Altstadt am europäischen Ufer ein kompletter byzantinischer Hafen gefunden wurde. Archäologen arbeiteten zeitweise rund um die Uhr, um die reichen Funde zu sichern, darunter mehr als 30 Schiffe. In den kommenden Jahren soll die Marmaray-Strecke in Europa und Asien um mehr als 60 Kilometer an ebenerdigen Gleisen auf insgesamt 77 Kilometer ausgebaut werden.

    Ein Tunnel zwischen Europa und Asien

    Dann, so die Planung, wird die Fahrt zwischen den Endhaltestellen Gebze auf der asiatischen Seite im Istanbuler Südosten nach Halkali im europäischen Westen der Stadt etwa eine Stunde und 45 Minuten dauern – rund die Hälfte der Zeit, mit der man derzeit rechnen muss.

    Marmaray soll in das ebenfalls im Ausbau begriffene Metronetz von Istanbul integriert werden. Bis zum Jahr 2030 will die Stadt über knapp 800 Kilometer an Nahverkehrsschienen verfügen; derzeit sind es 124 Kilometer. Metro und Marmaray sollen die chronisch verstopften Istanbuler Straßen entlasten, auf denen rund drei Millionen Autos unterwegs sind. Die beiden bestehenden Autobahnbrücken über den Bosporus werden jährlich von 140 Millionen Fahrzeugen überquert – das ist fast das Dreifache der ursprünglich anvisierten Kapazität.

    Marmaray-Projekt: Pendler sollen auf die Schiene umsteigen

    Marmaray soll möglichst viele der zehntausenden Istanbuler Pendler dazu bringen, vom Auto auf die Schiene umsteigen. Bis zu 75000 Passagiere sollen stündlich von einem Kontinent zum anderen gebracht werden. Die Planungen der türkischen Regierung reichen jedoch weit über die Istanbuler Verkehrsprobleme hinaus.

    Während in Istanbul an Marmaray gearbeitet wird, bauen Ingenieure und Arbeiter in Anatolien ein Netz von modernen Zugtrassen aus. Ankara strebt für das kommende Jahr die Vollendung einer neuen Verbindung von der Osttürkei über Georgien bis nach Baku in Aserbaidschan an: „Marmaray ist Teil einer eisernen Seidenstraße“, sagt Verkehrsminister Binali Yildirim mit Blick auf die historische Trasse.

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