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Foto: Clara Margais, dpa
Foto: Clara Margais, dpa

Touristen halten sich am Strand von Arenal in Palma de Mallorca auf. Auf der Urlaubsinsel steigt die Corona-Inzidenz wieder.

Mallorca
02.07.2021

Mallorca erlebt einen heftigen Corona-Rückfall

Von Ralph Schulze

Die Inzidenz auf Mallorca hat sich in kurzer Zeit nahezu vervierfacht. Die Hotelbranche fürchtet, dass Corona den zweiten Sommer in Folge ruinieren könnte.

Francina Armengol ist wütend: "Wenn jemand vorhat, nach Mallorca zu kommen, um sich schlecht zu benehmen, dann sollte er besser gleich zu Hause bleiben." Der Zorn der Insel-Regierungschefin gilt jenen jungen Touristen, die mit ihren Partyexzessen im Juni dazu beitrugen, dass Mallorca gerade einen heftigen Coronarückfall erlebt. Ein Absturz, der durch unkontrollierte Fiestas und durch die Delta-Virusvariante angefacht wurde. Und der die touristische Sommersaison auf der beliebten Urlaubsinsel in Gefahr bringen könnte.

Dieses Szenario ist ein Albtraum für Hunderttausende europäische Urlauber, die im Juli oder August eigentlich ihre Ferien auf Mallorca verbringen wollen. Monatelang war die Lage stabil und die Zahl der Neuansteckungen extrem niedrig. Doch ausgerechnet jetzt, zu Beginn der Hochsaison, explodieren die Infektionszahlen. "Eine Katastrophe", heißt es aus der Hotelbranche, die zittert, dass Corona auch den zweiten Sommer in Folge ruinieren könnte.

Ausgerechnet zu Beginn der Hochsaison steigt die Corona-Inzidenz auf Mallorca

"Die Fallzahlen steigen schwindelerregend", titelt die Zeitung Diario de Mallorca. Nach den letzten verfügbaren Daten hat sich die Wocheninzidenz auf der Insel binnen kurzer Zeit nahezu vervierfacht. Zuletzt lag die offizielle 7-Tage-Inzidenz bei 73 – mit sehr schnell steigender Tendenz. Ab dem Grenzwert von 50 kann zum Beispiel Deutschland, der wichtigste Reisemarkt Mallorcas, eine Region zum Risikogebiet erklären. In Deutschland selbst liegt der Vergleichswert derzeit bei fünf.

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Die hochansteckende Delta-Variante ist nach Angaben von Javier Arranz, Corona-Sprecher der Inselregierung, bereits für wenigstens 28 Prozent aller Ansteckungen auf Mallorca verantwortlich ­­– auch dieser Wert steigt rasant. In anderen spanischen Feriengebieten, wie etwa in Katalonien, wird der Delta-Anteil inzwischen auf 50 Prozent geschätzt.

Deswegen wächst die Furcht, dass die Lage nun auch in Spanien, dem beliebtesten Ferienland der Deutschen, wieder außer Kontrolle geraten könnte: Wird die Trauminsel Mallorca demnächst ebenfalls vom deutschen Robert Koch-Institut als Virusvariantengebiet eingeordnet? Wie dies zuvor schon mit Portugal geschah, wo Delta bereits der vorherrschende Virustyp ist?

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Portugal-Rückkehrer müssen in Quarantäne - auch wenn sie geimpft sind

Portugal-Rückkehrer müssen deswegen nun in Deutschland grundsätzlich in Zwangsquarantäne – sogar wenn sie geimpft sind und einen negativen Test vorweisen. Zehntausende Urlauber stornierten als Folge ihre Portugal-Ferien. "Ein schwerer Schlag" für die portugiesische Reisebranche, sagt Joao Fernandes vom Fremdenverkehrsamt an der Algarve-Urlaubsküste.

"Sollte das auch mit Mallorca passieren, dann ist die Sommersaison 2021 am Ende, und wir müssen die Hotels dicht machen", sagt Willi Verhuven, Chef des Reiseveranstalters Alltours. Verhuven sieht die Insel bereits wieder "am Rande des Abgrundes". Er fordert ein Verbot des Sauftourismus, strenge Kontrollen und harte Strafen. Mallorcas Sperrstunde, die derzeit erst um zwei Uhr morgens beginnt, sollte nach Meinung Verhuvens wieder auf 23 Uhr vorgezogen werden.

Portugal warb im Frühjahr, ähnlich wie Mallorca, mit sehr niedrigen Infektionszahlen und freute sich auf einen Neustart des Tourismus. Dieser Traum ist geplatzt: Die beiden meistbesuchten Urlaubshochburgen, Lissabon und die Algarve, wurden über Nacht wieder zum Hochrisikogebiet: Die Algarve weist inzwischen eine 7-Tage-Inzidenz von 272 Fällen pro 100.000 Einwohnern auf, der Wert für Lissabon liegt bei 252. Von diesem Wochenende an gilt dort wieder eine nächtliche Ausgangssperre.

Eskaliert die Corona-Situation als nächstes auf Mallorca

Es ist nicht auszuschließen, dass die Situation auf Mallorca nun ähnlich eskaliert. Tausende spanische Schüler waren im Juni an Mallorcas Playa de Palma gekommen, um dort ihren Schulabschluss zu feiern. Wenigstens 1800 von ihnen reisten anschließend mit einer Coronainfektion wieder nach Hause. Auch eine Jugendgruppe aus Luxemburg, die sich ebenfalls auf Mallorca befand, steckte sich an. Ein Desaster für das Image des Mittelmeerparadieses, das selbstbewusst damit wirbt, ein "sicheres Ferienziel" zu sein.

Mallorca ist nicht der einzige Corona-Brennpunkt Spaniens. In der nordspanischen Ferienregion Katalonien mit der Costa Brava und der Mittelmeermetropole Barcelona sieht es noch schlimmer aus. Dort sprang die 7-Tage-Inzidenz auf 173 Fälle pro 100.000 Einwohner. Auf der Kanareninsel Teneriffa liegt dieser Wert schon bei 123. Die landesweite Inzidenz steuert auf 90 zu.

 

In ganz Spanien werden derzeit pro Tag 10.000 bis 12.000 neue Infektionsfälle gemeldet. Bedenkliche Zahlen, die an die horrenden Ansteckungsraten früherer Viruswellen erinnern. Für Spaniens ist es übrigens schon die fünfte Coronawelle, die nun über das Königreich rollt. Das Land gehörte in der Vergangenheit immer wieder zu den europäischen Hotspots.

Als Trost bleibt nur, dass die meisten Infektionsfälle sehr viel leichter als früher verlaufen. Zweifellos ein Erfolg der Massenimpfung, die auch in Spanien gut vorankommt. Annähernd 35 Prozent der Bevölkerung hat inzwischen den kompletten Impfschutz. Trotzdem liegen schon wieder 2400 Covid-Patienten im Krankenhaus, etwa 600 davon kämpfen auf der Intensivstation um ihr Leben.

Diese Entwicklung zeige, dass Corona noch lange nicht unter Kontrolle sei, mahnt Spaniens Virologen-Dachverband. Die Euphorie der spanischen Regierung, die bereits den Sieg über die Epidemie verkündete und deswegen kürzlich die Maskenpflicht im Freien eliminiert habe, sei wohl etwas verfrüht gewesen.

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