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Malaysia Airlines-Flug: Warum gibt es keine Handy-Telefonate von Flug MH370?

Malaysia Airlines-Flug

Warum gibt es keine Handy-Telefonate von Flug MH370?

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    Schiffe und Flugzeuge suchen jetzt hunderte Kilometer weiter westlich nach dem verschwundenen Flugzeug der Malaysia Airlines.
    Schiffe und Flugzeuge suchen jetzt hunderte Kilometer weiter westlich nach dem verschwundenen Flugzeug der Malaysia Airlines. Foto: F. Bökelmann (dpa)

    Zu allen Rätseln rund um die vermisste malaysische Passagiermaschine MH370 drängt sich noch eine weitere Frage auf: Warum hat kein einziger Passagier während der mysteriösen Umleitung der Boeing 777 versucht, Angehörige zu kontaktieren - wie  es im Zeitalter der Smartphones sonst jederzeit der Fall ist und wie es auch während der Terroranschläge vom 11. September 2001 geschehen war?

    Möglicherweise kann gerade das Fehlen jeglicher Anrufe oder E-Mails den Ermittlern bei der Suche nach Antworten helfen. Nach Angaben von Experten gibt es vor allem drei Gründe, warum die Passagiere an Bord von Flug MH370 stumm geblieben sind: Die Maschine könnte demnach zu hoch oder über Wasser geflogen sein - oder die Passagiere waren zu dem Zeitpunkt bereits bewusstlos, beispielsweise weil sich der Kabinendruck verändert hat.

    Informatikprofessor: "Kontakt zum Boden kaum möglich"

    Um Handys überhaupt nutzen zu können, muss es einen Kontakt  zwischen dem Mobilteil und dem Netzwerk geben - auch "Handshake" (Handschlag) genannt. Dafür muss jedoch das Signal von Leitungsmast und Handy stark genug sein.

    Flug MH370 - Chronologie einer Suche

    8. März: Malaysia Airlines teilt mit, der Kontakt zu Flug MH370 sei kurz nach dem Start abgerissen. Das Flugzeug war auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking. Im Seegebiet vor Vietnam beginnt eine multinationale Suche.

    9. März: Von der Maschine fehlt weiter jede Spur. Es gebe Anzeichen dafür, dass das Flugzeug vor dem Verschwinden umgekehrt sei, sagen Ermittler. Ein möglicher Terroranschlag gerät in den Blick, weil zwei Passagiere mit gestohlenen europäischen Pässen eincheckten.

    10. März: Experten identifizieren einen der verdächtigen Passagiere. Es gebe keine Anzeichen für einen Anschlag, heißt es.

    11. März: Der Krisenstab weitet das Suchgebiet auf die Meerenge von Malakka vor der Westküste Malaysias aus. Die Gegend liegt fernab der eigentlichen Route.

    12. März: Das malaysische Militär hat vor der Westküste kurz nach dem Verschwinden der Maschine ein Flugzeug auf dem Radar gesehen. Ob es sich um die vermisste Boeing handelte, bleibt unklar.

    13. März: Das «Wall Street Journal» meldet unter Berufung auf US-Luftfahrt- und Geheimdienstexperten, die Maschine sei noch Stunden nach dem letzten Kontakt weitergeflogen. Malaysias Verkehrsminister dementiert den Bericht.

    14. März: Die Suche konzentriert sich mittlerweile stärker auf den Indischen Ozean - Hunderte Kilometer westlich der ursprünglichen Flugroute. Es gebe neue Informationen, heißt es aus Washington. Details werden nicht bekannt.

    15. März: Die Ermittler gehen inzwischen eher von Sabotage als von einem Unfall aus. Nach dem letzten Radarkontakt sei die Boeing noch sieben Stunden auf neuem Kurs geflogen. Höchstwahrscheinlich wurden Kommunikationssysteme absichtlich abgeschaltet, heißt es.

    16. März: Es werde nun offiziell wegen Sabotage, Entführung und Terrorismus ermittelt, sagt Malaysias Polizeichef. Besatzung und Passagiere stünden verstärkt im Fokus.

    20. März: Auf Satellitenbilder werden mögliche Trümmerteile im Meer entdeckt.

    24. März: Malaysia erklärt, dass die Maschine definitiv im Indischen Ozean abgestürzt sei.

    28. März: Die australische Seesicherheitsbehörde dirigiert die Suchtrupps 1100 Kilometer weiter nordöstlich, das Seegebiet liegt näher an Australien. Experten hatten ihre Annahmen zum Irrflug korrigiert.

    4. April: Erstmals kommen Detektoren zur Suche unter Wasser zum Einsatz, wie die Koordinatoren in Perth mitteilen.

    5. April: Ein chinesisches Schiff empfängt ein «pulsierendes Signal». Dass es von der Blackbox der verschollenen Boeing stammt, können die Behörden aber nicht bestätigen.

    6./7. April: Ein australisches Schiff habe in einem anderen Seegebiet Funksignale geortet, teilen die Koordinatoren mit. Sie entsprächen denen eines Flugschreibers - die bisher heißeste Spur.

    8. April: Zum letzten Mal hören die Mannschaften Signale, die vom Flugschreiber stammen könnten.

    11. April: Neue Funksignale erweisen sich als falsch. Die Suche geht weiter.

    14. April: Das unbemannte U-Boot Bluefin-21 soll helfen, das verschollene Flugzeug aufzuspüren.

    15. April: Bereits nach sechs Stunden muss das Mini-U-Boot seine Suche einstellen. Das Meer an der Suchstelle ist zu tief.

    5. Mai: Die Behörden kündigen an, die Suche auf dem Meeresboden noch einmal auszuweiten.

    11. Juli: Nach vergeblicher Suche nehmen die Behörden nun ein neues Gebiet ins Visier. 1800 Kilometer westlich der australischen Küstenstadt Perth soll ab August weitergesucht werden.

    6. August: Australien beauftragt eine niederländische Privatfirma mit der weiteren Suche nach dem verschollenen Malaysia Airlines-Flug MH370. Die Spezialisten von Fugro Survey sollen von zwei Schiffen aus im Indischen Ozean weiter nach der vermissten Boeing 777-200 suchen. Dazu sollen Unterwassersonden eingesetzt werden. Sie sollen innerhalb von 12 Monaten insgesamt 60 000 Quadratkilometer Ozean systematisch absuchen. Die Suche soll im September beginnen.

    28. August: Womöglich kam Flug MH370 eher von seinem Kurs ab als bisher gedacht. Dies ergebe sich aus der nochmaligen Auswertung von Satellitendaten, sagt Australiens stellvertretender Regierungschef Warren Truss. Die Suche nach Spuren von Flug MH370 werde sich deshalb innerhalb der bereits festgelegten Zone auf ein Gebiet "ein bisschen weiter südlich" als bisher konzentrieren.

    4. Oktober: Im Indischen Ozean geht die Suche in eine neue Phase. Das Spezialforschungsschiff «GO Phoenix» soll im neu eingegrenzte Gebiet die Suche nach dem Flugzeugwrack aufnehmen.

    Ohne Verstärker aber sei ein Handy in einer Passagiermaschine nur bis zu einer Flughöhe von rund 500 Metern einsatzfähig - und das auch nur mit einem Mobilfunkmasten in  der Nähe, sagt der emeritierte Informatikprofessor an der kanadischen University of Western Ontario, Alexander Keewatin Dewdney.  

    "Kein Handy kann aus einem Flugzeug mitten über dem Ozean senden, auch wenn die Maschine niedrig fliegt", sagt Dewdney, der nach den Terroranschlägen vom 11. September die Sendemöglichkeiten von Handys in der Luft untersuchte. Auch bei normaler Reiseflughöhe über Land sei es kaum möglich, "Kontakt zum Boden" herzustellen.

    Flugzeugtechnik unterscheidet sich von der bei 9/11

    Dewdney und andere Experten weisen darauf hin, dass die entführten Maschinen während der September-Anschläge relativ niedrig und über Gebiete mit dichtem Handy-Netz flogen. Darüber hinaus gehen die  Experten davon aus, dass die meisten Anrufe damals nicht von Handys abgesetzt wurden sondern von Telefonen, die fest in den Rücksitzen installiert waren.

    Einige Fluggesellschaften verfügen inzwischen über eine Technik, die mit Hilfe einer eigenen Basisstation an Bord die Nutzung von Handys während des Flugs ermöglicht. Laut Malaysia Airlines bot Flug MH370 diese Möglichkeit aber nicht. Auch dass einige Angehörige chinesischen Medienberichten zufolge die Handys ihrer vermissten Verwandten zum Klingeln gebracht haben wollen, bedeutet laut den Experten nicht unbedingt, dass die Geräte noch funktionierten.

    Aufzeichnungen der Boeing 777 werden durchforstet

    Airline-Chef Ahmad Jauhari Yahya sagte am Montag, nichts deute auf Versuche von Passagieren zu telefonieren hin. Allerdings müssten im Rahmen der Ermittlungen "Millionen von Aufzeichnungen" durchforstet  werden, fügte er hinzu. Um welche Daten es sich dabei handelt, ließ er offen.

    Fakten rund um Flug MH370

    DIE INSASSEN: Menschen aus 14 Ländern: 227 Passagiere, zwei Piloten und zehn Flugbegleiter. Zwei Drittel der Fluggäste waren Chinesen. Chefpilot Zaharie Ahmad Shah (52) leitete die malaysische Crew.

    DER START: Kurz nach Mitternacht malaysischer Zeit hebt die Boeing 777-200 in Kuala Lumpur zum Nachtflug ab. Ihr Ziel ist Peking, wo sie um 6.30 Uhr (Ortszeit) erwartet wird.

    DER LETZTE KONTAKT: Die Piloten melden sich 40 Minuten nach dem Start in Kuala Lumpur zum letzten Mal beim Tower, ohne Hinweis auf Probleme. Weniger als eine Stunde nach dem Start verschwindet die Maschine vom Radar.

    DAS GROßE FRAGEZEICHEN: Die Maschine weicht aus bislang ungeklärten Gründen von ihrer Route ab. Kurz nach dem letzten Kontakt ändert sie abrupt den Kurs und fliegt erst nach Westen, dann nach Süden.

    SATELLITENAUSWERTUNGEN ergeben, dass das Flugzeug noch rund sieben Stunden weiterfliegt und vermutlich im Indischen Ozean knapp 2000 Kilometer westlich von Perth an der australischen Westküste abstürzt, als der Treibstoff ausgeht. (dpa)

    Selbst wenn niemand an Bord versucht haben sollte, zu telefonieren, könnten die Protokolle von möglichen "Handshakes" zwischen nicht abgeschalteten Handys an Bord und Mobilfunkmasten Aufschluss über die unbekannte Flugroute der Maschine geben.

    MH 370: Die Situation scheint aussichtslos

    Dafür aber müssten die Ermittler die Identifikationsnummern aller Handys an Bord kennen sowie die Funkdaten der Netzbetreiber aus den Ländern, die von der Boeing 777 möglicherweise überflogen wurden - dazu zählt auch Birma mit seinem unterentwickelten Mobilfunk-Netz.

    Doch selbst derartig mühselige Ermittlungen hätten nur Aussicht auf  Erfolg, wenn die Handys in Reichweite eines Netzes sind, wie auch US-Experte Ken Dulaney bekräftigt. "Wenn die Signale nicht erfasst werden können, weil sie außerhalb der Reichweite liegen, dann können wir nichts tun". Daniel Rook, AFP

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