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Limburger Bischofssitz: Tebartz-van Elst sucht Schuld am Finanzskandal bei anderen

Limburger Bischofssitz

Tebartz-van Elst sucht Schuld am Finanzskandal bei anderen

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    Franz-Peter Tebartz-van Elst fühlt sich nicht verantwortlich.
    Franz-Peter Tebartz-van Elst fühlt sich nicht verantwortlich. Foto: Uwe Anspach/Archiv (dpa)

    Sein Amt als Bischof von Limburg hat Franz-Peter Tebartz-van Elst verloren - die Schuld für den Finanzskandal um seinen neuen Bischofssitz sucht er dennoch bei anderen. Nur einen Tag nach der Annahme seines Rücktrittsgesuchs durch Papst Franziskus tauchte am Donnerstag eine persönliche Erklärung des Bischofs auf, in der er Vorwürfe zurückweist und die Verantwortung vor allem auf seinen früheren Generalvikar abschiebt.

    Er sei als Bischof "weder ein Finanz- noch ein Baufachmann", erwiderte Tebartz-van Elst in einer dem Kölner Domradio vorliegenden Erklärung auf die massive Kritik an ihm wegen der Kostenexplosion beim Bau des neuen Bischofssitzes. Die behauptete Letztverantwortung des Bischofs verstehe er nicht als "Ausdruck einer verwaltungsmäßigen All- und Detailzuständigkeit".

    Tebartz-von Elst: Verantwortung trug Generalvikar Kaspar

    Tebartz-van Elst wies in seiner Erklärung konkrete Vorwürfe in dem kircheninternen Prüfbericht zurück, die ihn schwer belasten. Er wandte sich etwa gegen die Darstellung, dass ihm beim Besuch des vom Vatikan entsandten Kardinals Giovanni Lajolo im September 2013 die tatsächlichen Kosten bekannt waren. Bei dem Gespräch mit Lajolo am 10. September habe ihm die "differenzierte Gesamtsummenrechnung" nicht vorgelegen, erklärte der Bischof.

    Der Fall Tebartz-van Elst

    Der Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst - eine Chronologie:

    19. August 2012: Tebartz-van Elst sei erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen, berichtet das Magazin «Der Spiegel». Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

    29. Mai 2013: Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bischof wegen möglicher Falschaussage über seinen Flug nach Indien.

    28. Juni: Die umstrittene neue Bischofsresidenz hat nach Angaben des Limburger Bistums knapp 10 Millionen Euro gekostet - rund viermal so viel wie ursprünglich geplant. Der Bischof betont, dass der Bau schon 2007 vor seinem Antritt beschlossen worden sei.

    9. Juli: Das Bistum korrigiert die Gesamtkosten für die neue Residenz nach oben. Sie lägen deutlich über 10 Millionen Euro.

    25. August: Im Bistum beginnt mit einem Offenen Brief eine Unterschriftensammlung gegen die Amtsführung des Bischofs. Gefordert wird eine umfassende Aufklärung über die Kosten der Residenz.

    29. August: Das streng konservative «Forum Deutscher Katholiken» ruft zur Solidarität mit dem Oberhirten auf.

    1. September: Tebartz-van Elst bittet alle Gläubigen seines Bistums in einem Brief um Vertrauen und räumt Fehler ein.

    6. September: Gläubige überreichen dem Bischof ihren Offenen Protestbrief mit rund 4400 Unterschriften.

    9. September: Der päpstliche Gesandte Giovanni Kardinal Lajolo besucht Limburg. Der Bischof sichert wenige Tage später zu, alle Kosten für die Baumaßnahmen Prüfern zugänglich zu machen.

    23. September: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert Tebartz-van Elst wegen der Finanzaffäre. Eine Kommission werde untersuchen, warum die Kosten für das neue Domizil explodierten.

    7./8. Oktober: Das Bistum beziffert die Kosten für den neuen Bischofssitz jetzt auf 31 Millionen Euro. Kritiker werfen dem Bischof Täuschung vor und fordern seinen Rücktritt.

    10. Oktober: Tebartz-van Elst verteidigt die Kostenexplosion. «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche», sagt er der «Bild»-Zeitung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragt in Zusammenhang mit dem Flug nach Indien einen Strafbefehl.

    12. Oktober: Einem Medienbericht zufolge will der Bischof rasch nach Rom fliegen. Er wolle damit Erzbischof Robert Zollitsch zuvorkommen, der am Donnerstag mit Papst Franziskus über die Limburger Situation rede.

    13. Oktober: Der Druck auf Tebartz-van Elst wächst weiter: «Welt am Sonntag» und «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichten über bis zu 40 Millionen Euro Gesamt-Finanzbedarf für die Limburger Residenz und Versuche, die Kostenexplosion zu verschleiern. Der Bischof reist am Vormittag nach Rom - zu Gesprächen mit dem Papst.

    23. Oktober: Papst Franziskus verordnet dem Bischof eine mehrmonatige Auszeit, belässt ihn aber im Amt.

    26. März 2014: Franz-Peter Tebartz-van Elst kehrt nicht in sein Bistum zurück. Nach einer monatelangen Hängepartie nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des seit Oktober suspendierten Bischofs an.

    Verantwortung sah Tebartz-van Elst stattdessen bei anderen - vor allem bei seinem früheren Generalvikar Franz Kaspar. "Als Nicht-Fachmann auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung und durch meine Qualifikation als Wissenschaftler in der Pastoraltheologie" habe er Generalvikar Kaspar hierfür die Verantwortung überlassen müssen, erklärte der Bischof.

    Limburger Bischof wusste von gestiegenen Kosten

    Der Prüfbericht, gegen den sich Tebartz-van Elst zur Wehr setzt, hatte ein wenig schmeichelhaftes Urteil über ihn gefällt: Der Bericht kam nach Angaben der deutschen Bischofskonferenz unter anderem zu dem Schluss, dass dem geltenden Recht "in zahlreichen Fällen nicht Rechnung getragen" worden sei. Bischof Tebartz-van Elst waren die auf 31,5 Millionen Euro gestiegenen Baukosten demnach zufolge auch bereits spätestens am 11. September 2013 bekannt.

    Die Vorwürfe gegen Bischof Tebartz-van-Elst

    Zu autoritär, zu prunkvoll, falsche Angaben: Wochenlang hatten die Vorwürfe gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst die Schlagzeilen bestimmt. Die zentralen Kritikpunkte:

    AMTSFÜHRUNG: Mehrere Priester warfen dem Bischof bereits 2010 einen autoritären Kurs vor. In ihrem Schreiben soll von «klerikalem Dünkel», vom «Abtauchen der Kirchenleute» und von «selbstverliebten Ritualen» die Rede gewesen sein.

    Auch Ende August 2013 wendeten sich Gläubige gegen den Führungsstil von Tebartz-van Elst: Frankfurter Katholiken sprachen in einem offenen Protestbrief von einer Vertrauenskrise.

    BISCHOFSRESIDENZ: Unter enormen Druck geriet der Bischof wegen seines millionenteuren Amtssitzes.

    Im Dezember 2010 waren die Um- und Neubaukosten noch offiziell mit 5,5 Millionen Euro beziffert worden. Mittlerweile geht es um eine Summe von mindestens 31 Millionen Euro - und der Geistliche wird wegen angeblicher Prunksucht angeprangert.

    Eine von der Deutschen Bischofskonferenz berufene Kommission begann im Oktober 2013 mit der Untersuchung der Kostenexplosion und legte den Bericht Anfang März im Vatikan vor.

    STRAFANTRAG: Auch die Justiz ermittelte gegen den Bischof. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragte einen Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst.

    Vorwurf: Der Bischof gab im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung ab. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestellt.

    Laut Staatsanwaltschaft räumte der Kirchenmann die falschen Angaben ein. Die Limburger Ermittlungsbehörde prüft seit Monaten, ob sie ein Verfahren wegen Untreue gegen ihn einleitet.

    REAKTION DES BISCHOFS: Es gibt nicht viele Äußerungen von Tebartz-van Elst. Die erste Woge des offenen Protestes im August 2013 versuchte er mit einem Brief zu glätten, in dem er um Vertrauen bittet und Fehler einräumt.

    «Rückblickend gibt es Dinge, die ich anders angehen würde», erklärte er.

    Zu den Verschwendungsvorwürfen sagte er später: «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche.» Man solle nicht den Stab über ihn brechen.

    Papst Franziskus hatte am Mittwoch das Rücktrittsgesuch des bereits seit Oktober suspendierten Bischofs angenommen. Wesentliche Grundlage für die Entscheidung war der Prüfbericht. Die erst jetzt bekannt gewordene Stellungnahme Tebartz-van Elsts lag dem Papst nach Angaben eines Sprechers des Bistums Limburgs allerdings ebenfalls vor.

    Nach Finanzskandal: Konsequenzen müssen gezogen werden

    Mit dem Limburger Finanzskandal rückten auch grundsätzlich die  Finanzen der katholischen Kirche in den Blickpunkt. So mahnte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, in der "Berliner Zeitung", es sei wichtig, "dass in der

    Ähnlich äußerte sich der Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche", Christian Weisner. "Wir brauchen endlich eine Offenlegung der Verwendung aller Kirchensteuereinnahmen und volle Transparenz über die Haushalte von Bistümern und Bischöflichem Stuhl", sagte Weisner den "Ruhr Nachrichten". AFP(Carsten Hauptmeier)/AZ

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