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Limburger Bischof: Tebartz-van Elst: Jetzt kann er nur noch beten

Limburger Bischof

Tebartz-van Elst: Jetzt kann er nur noch beten

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    Papst Franziskus hat Franz-Peter Tebartz-van Elst „eine Zeit außerhalb“ seiner Limburger Diözese „gewährt“. Wie lange diese Auszeit dauern soll, wo sie der umstrittene Bischof verbringt und vor allem, ob er anschließend wieder in sein Bistum zurückkehrt, ist ungewiss.
    Papst Franziskus hat Franz-Peter Tebartz-van Elst „eine Zeit außerhalb“ seiner Limburger Diözese „gewährt“. Wie lange diese Auszeit dauern soll, wo sie der umstrittene Bischof verbringt und vor allem, ob er anschließend wieder in sein Bistum zurückkehrt, ist ungewiss. Foto: Arne Dedert (dpa)

    Mittwochmittag im päpstlichen Pressesaal. Vatikansprecher Federico Lombardi hält ein einzelnes Blatt in der Hand. Darauf steht: „Pressemitteilung des Heiligen Stuhls hinsichtlich der Diözese Limburg (Deutschland)“. Der italienische Jesuit, der in Frankfurt am Main studiert hat, liest den Text laut vor. 16 Zeilen sind es. 16 Zeilen, die nicht nur für den umstrittenen

    Glaubwürdigkeit der Kirche hat gelitten

    Deren Glaubwürdigkeit hat in den vergangenen Monaten stark gelitten, vor allem in Deutschland. Wegen Tebartz-van Elst. Wegen seiner Amtsführung, seines millionenteuren Bischofssitzes, seiner immer sonderbarer erscheinenden Erklärungen, seiner möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherungen. Tebartz-van Elst verkörpert in den Augen einer breiten Öffentlichkeit inzwischen all das, wogegen der Papst täglich twittert oder predigt: die hässliche Seite der Kirche, Prunksucht und Machtversessenheit statt gelebte Barmherzigkeit im Einsatz für die Armen.

    "Zeit außerhalb der Diözese" für Tebartz-van Elst

    Gleich der erste Satz der Pressemitteilung, die Lombardi verliest, lässt aufhorchen. „Der Heilige Vater ist über die Lage in der Diözese Limburg zu jedem Zeitpunkt umfassend und objektiv informiert worden.“ Soll heißen: Er hat die Lage im Griff. Er entscheidet nicht spontan, nicht unter dem unmittelbaren Eindruck der Gespräche, die er unter anderem mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, oder dem

    Am Nachmittag ist der Inhalt der Pressemitteilung in und rund um den Vatikan bereits vielfach gedeutet worden: Was hat es zu bedeuten, dass der Papst dem Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst bis zur Klärung der Vorwürfe „eine Zeit außerhalb der Diözese“ gewährt?

    Ein deutscher Kurienkardinal sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass Tebartz-van Elst im Vatikan immer noch Freunde habe und von diesen als Opfer einer Medienkampagne gesehen werde. Er möchte namentlich nicht genannt werden. „Ich weiß nicht“, antwortet er zwar auf die Frage, ob er glaube, dass der Limburger Bischof nach seiner Auszeit in sein Bistum zurückkehren könne. Dann aber legt er los: „Ich bin entsetzt, wie man in der deutschen Öffentlichkeit mit der Frage umgeht. Sogar seine Familie wird jetzt geschmäht.“

    Ist Tebartz-van Elst das Opfer einer "Menschenjagd"?

    Tebartz-van Elst, Opfer einer „Menschenjagd“? Von Kirchenfeinden? Von einer „Medienmeute“? Von progressiven Katholiken, die etwas gegen den konservativen Bischof haben? Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, schnauft hörbar am Telefon. Dann sagt er entschieden: „Es geht hier nicht um irgendeinen theologischen Richtungsstreit. Eskaliert ist die Situation doch wegen der Informationspolitik des Bistums Limburg. Dadurch ist Glaubwürdigkeit verloren gegangen.“ Es habe Berichte gegeben, die nicht akzeptabel waren. „Aber es ist die Aufgabe der Presse, für Aufklärung zu sorgen. Dem kann sich auch die katholische Kirche nicht entziehen.“

    Alois Glück kann bei diesem Thema ärgerlich werden. Wie der deutsche Kurienkardinal in Rom. Der hält die Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst wegen der Kostenexplosion bei den Bauprojekten auf dem Limburger Domberg für „groteske Übertreibungen“. Wenn die von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Prüfungskommission alles geklärt habe, müsse Tebartz-van Elst eigentlich nach Limburg zurückkehren können.

    Den von der Hamburger Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst wegen falscher eidesstattlicher Versicherungen bezüglich eines Indien-Fluges könne er sich nur mit Falsch- und Fehldeutungen erklären. „Wenn ich der Limburger Bischof wäre, würde ich jetzt erst mal in ein Sanatorium gehen, nach allem, was er in den letzten Wochen mitmachen musste“, sagt der Kurienkardinal.

    „Weg muss er aus Limburg, für immer“, fordern dagegen einige deutsche Pilger, die am Mittwoch an der Generalaudienz des Papstes auf dem Petersplatz teilgenommen haben. In Deutschland sieht man das ähnlich – vom engagierten Laien bis hin zu manchem Bischof.

    In Deutschland stößt Tebartz-van Elst auf breite Ablehnung

    Der Trierer Bischof Stephan Ackermann etwa, der das Nachbarbistum von Limburg leitet, sagt: „Meine Skepsis zu einer möglichen Zukunft von Bischof Tebartz-van Elst in Limburg bleibt.“ Er sehe die Entscheidung des Papstes als Versuch, Druck aus der Situation zu nehmen. Christian Weisner von der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ sagt: „Es ist ein richtiger Weg, den Bericht der Prüfkommission abzuwarten. Doch die Prüfung der Baukosten des Limburger Bischofssitzes muss schnell gehen.“ Und Helmut Mangold, der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg, sagt: „Man soll abwarten, bis alles aufgeklärt ist. Das ist aus meiner Sicht der einzig richtige Weg.“

    In Limburg selbst ruft die Entscheidung des Papstes ein geteiltes Echo hervor. Viele hatten erwartet, dass Franziskus Tebartz-van Elst zum Rücktritt drängt. Gegen 15.30 Uhr beginnt dann im Limburger Priesterseminar eine Pressekonferenz. Schätzungsweise 50 Journalisten sind dort, Kamerateams. Das Limburger Domkapitel, ein Leitungsgremium der Diözese, rückt von Tebartz-van Elst ab. Domdekan Günther Geis sagt, dass sich die Krise nicht allein durch eine vorübergehende Abwesenheit des Bischofs lösen lasse. Es fallen die Wörter „Ausnahmezustand“ und „Neuanfang“.

    Der Fall Tebartz-van Elst

    Der Fall des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst - eine Chronologie:

    19. August 2012: Tebartz-van Elst sei erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen, berichtet das Magazin «Der Spiegel». Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

    29. Mai 2013: Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bischof wegen möglicher Falschaussage über seinen Flug nach Indien.

    28. Juni: Die umstrittene neue Bischofsresidenz hat nach Angaben des Limburger Bistums knapp 10 Millionen Euro gekostet - rund viermal so viel wie ursprünglich geplant. Der Bischof betont, dass der Bau schon 2007 vor seinem Antritt beschlossen worden sei.

    9. Juli: Das Bistum korrigiert die Gesamtkosten für die neue Residenz nach oben. Sie lägen deutlich über 10 Millionen Euro.

    25. August: Im Bistum beginnt mit einem Offenen Brief eine Unterschriftensammlung gegen die Amtsführung des Bischofs. Gefordert wird eine umfassende Aufklärung über die Kosten der Residenz.

    29. August: Das streng konservative «Forum Deutscher Katholiken» ruft zur Solidarität mit dem Oberhirten auf.

    1. September: Tebartz-van Elst bittet alle Gläubigen seines Bistums in einem Brief um Vertrauen und räumt Fehler ein.

    6. September: Gläubige überreichen dem Bischof ihren Offenen Protestbrief mit rund 4400 Unterschriften.

    9. September: Der päpstliche Gesandte Giovanni Kardinal Lajolo besucht Limburg. Der Bischof sichert wenige Tage später zu, alle Kosten für die Baumaßnahmen Prüfern zugänglich zu machen.

    23. September: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert Tebartz-van Elst wegen der Finanzaffäre. Eine Kommission werde untersuchen, warum die Kosten für das neue Domizil explodierten.

    7./8. Oktober: Das Bistum beziffert die Kosten für den neuen Bischofssitz jetzt auf 31 Millionen Euro. Kritiker werfen dem Bischof Täuschung vor und fordern seinen Rücktritt.

    10. Oktober: Tebartz-van Elst verteidigt die Kostenexplosion. «Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche», sagt er der «Bild»-Zeitung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft beantragt in Zusammenhang mit dem Flug nach Indien einen Strafbefehl.

    12. Oktober: Einem Medienbericht zufolge will der Bischof rasch nach Rom fliegen. Er wolle damit Erzbischof Robert Zollitsch zuvorkommen, der am Donnerstag mit Papst Franziskus über die Limburger Situation rede.

    13. Oktober: Der Druck auf Tebartz-van Elst wächst weiter: «Welt am Sonntag» und «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» berichten über bis zu 40 Millionen Euro Gesamt-Finanzbedarf für die Limburger Residenz und Versuche, die Kostenexplosion zu verschleiern. Der Bischof reist am Vormittag nach Rom - zu Gesprächen mit dem Papst.

    23. Oktober: Papst Franziskus verordnet dem Bischof eine mehrmonatige Auszeit, belässt ihn aber im Amt.

    26. März 2014: Franz-Peter Tebartz-van Elst kehrt nicht in sein Bistum zurück. Nach einer monatelangen Hängepartie nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch des seit Oktober suspendierten Bischofs an.

    Während in Deutschland die Entrüstung über den von der Bild als „Protz-Bischof“ betitelten Limburger Bischof von Tag zu Tag zugenommen hat, spielte der Fall des Tebartz-van Elst in Italien kaum eine Rolle. Das ändert sich gerade.

    Wie sind die Worte des Papstes zu deuten?

    Weitaus stärker als in Deutschland gehen allerdings die Ansichten über die Entscheidung des Papstes auseinander. „Die Auszeit sehe ich als erstes Signal einer Bestrafung“, meint Vatikan-Kenner Marco Politi. Sein Kollege Andrea Tornielli, der für die Turiner Zeitung La Stampa schreibt, kommt zu einem anderen Schluss. Die Tatsache, dass dem noch von Franz-Peter Tebartz-van Elst ernannten neuen Generalvikar Wolfgang Rösch die Diözese anvertraut werde, sei „eine klare Bescheinigung des Vertrauens“ von Seiten des Vatikans – in den Limburger Bischof.

    Und Bernd Hagenkord, Leiter der deutschen Radio Vatikan-Redaktion, hält die Entscheidung des Papstes für den Versuch eines „Zeitgewinns“. „Es ist und bleibt eine Belastung für die Menschen in Limburg, dass es den Befreiungsschlag nicht gibt. Aber seien wir ehrlich, keine schon jetzt getroffene schnelle Entscheidung hätte allen erst später herausgefundenen Tatsachen vollständig Rechnung tragen können“, sagt er.

    Wo sich Tebartz-van Elst momentan aufhält, ist unbekannt

    Wo sich Tebartz-van Elst derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt bereits am Mittwochnachmittag in ihrem Internetauftritt: „Dem Vernehmen nach soll er sich in ein Kloster in Deutschland zurückziehen. Es wird die im 8. Jahrhundert gegründete Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Kitzingen in Unterfranken genannt.“

    Zu der Abtei gehört das Recollectio-Haus. Die Einrichtung versteht sich „als ein Angebot für Priester“, die „innehalten wollen, über ihr Leben nachdenken wollen, dem nachspüren wollen, was sie in eine Krise gebracht hat, neue Kraft schöpfen wollen für ihr berufliches und persönliches Leben“. Zufall oder nicht, die Katholische Nachrichten-Agentur hat am Mittwochvormittag ein Interview mit dem Leiter des Recollectio-Hauses, dem Theologen und Psychotherapeuten Wunibald Müller, gebracht. Anlass: Die Diskussionen um Franz-Peter Tebartz-van Elst. Die erste Frage: „Wie wichtig sind gute Freunde für einen Bischof in so einer Krisensituation?“ Müller antwortet: „Sie sind äußerst wichtig. Gerade ein Mensch, der so unter Druck steht, braucht große Hilfe, Freunde, die bedingungslos für ihn da sind.“

    Ein interessantes Interview. Eine interessante Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bloß: Die Benediktinerabtei Münsterschwarzach dementiert auf Anfrage unserer Zeitung. „Er ist nicht hier und er wird auch nicht hierherkommen“, sagt ein Mönch über Tebartz-van Elst freundlich, aber bestimmt.

    Derartige Spekulationen werden nicht abreißen in den nächsten Wochen. Engagierte Katholiken wie Helmut Mangold vom Diözesanrat im Bistum Augsburg hoffen dagegen, dass mit der Auszeit des Limburger Bischofs Ruhe einkehrt. In

    „Die Frage ist nun, was die Medien machen“, sagt er. Sie werden weiter berichten.

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