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Limburg: Vom Luxusbau zum Museum: Hier residierte der Protz-Bischof

Limburg

Vom Luxusbau zum Museum: Hier residierte der Protz-Bischof

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    Ein Bild aus dem Dezember 2012: Der damalige Limburger Bischof im Innenhof der bischöflichen Residenz. Ein Jahr später war Franz-Peter Tebartz-van Elst beurlaubt. 
    Ein Bild aus dem Dezember 2012: Der damalige Limburger Bischof im Innenhof der bischöflichen Residenz. Ein Jahr später war Franz-Peter Tebartz-van Elst beurlaubt.  Foto: Boris Roessler, dpa

    Anna Jost hat vieles zu sehen bekommen in den vergangenen Tagen. Jetzt steht ein verschwitzter älterer Herr mit Fahrradhelm und deutlich zu knapper Radlerhose vor ihr und mault: „Die Öffnungszeiten des Museums sind nirgendwo angeschlagen.“ Dabei lugt der Mann an der Kassiererin vorbei durch eine offene Tür Richtung Hof, für den er sich offenbar noch mehr interessiert. „Bekomme ich hier die Räumlichkeiten des Bischofs zu sehen?“

    Frau Jost, die Dame von der Museumskasse, lächelt milde und drückt dem forschen Gast eine Broschüre in die Hand. „Sie können bei uns die Geschichte des Bistums Limburg sehen“, sagt sie betont freundlich. Im Erdgeschoss gebe es gerade eine Sonderausstellung zu Katharina Kasper und der Armut im Westerwald und im Untergeschoss sei der Domschatz zu besichtigen. Und ja, dann sei da tatsächlich noch die Wohnung des ehemaligen Bischofs, die über den kleinen Hof zu erreichen sei und die er gerne auch besichtigen könne.

    Genau so hat es die adrette Dame vom Empfang zuletzt hundertfach erklärt. Denn auf das kleine Diözesanmuseum im hessischen Limburg gibt es für dortige Verhältnisse gerade einen regelrechten Ansturm. Kurz vor Ostern wurde die Ausstellungsfläche um Teile der skandalumwitterten Luxuswohnung des ehemaligen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst erweitert. Seitdem scharen sich die Menschen schon morgens, bevor das Museum öffnet, und nach der Mittagspause um den Eingang. „Zehn bis 15 Besucher kommen an einem tristen Novembertag zu uns, und jetzt sind es plötzlich mehr als 400 an einem Tag“, berichtet Frau Jost und ringt sich ein Lächeln ab.

    Wie sieht die Wohnung aus, die sich der Limburger Protz-Bischof für Millionen hat bauen lassen?

    Es ist nicht der Domschatz, es ist der Voyeurismus, der die Leute lockt. Genauer gesagt die Frage: Wie sieht die Wohnung aus, die sich Tebartz-van Elst für Millionen von Euro bauen ließ, über die er als Protz-Bischof zweifelhafte Berühmtheit erlangte und die ihn 2013 schließlich das Amt kostete?

    Fünf Jahre nach dem Skandal um Tebartz-van Elst hat das Bistum Limburg die 280 Quadratmeter große Wohnung für die Öffentlichkeit geöffnet.
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    2014 machte der Bischof von Limburg Schlagzeilen. Es ging um einen Finanzskandal und eine protzige Privatwohnung. Jetzt wurde diese in ein Museum umfunktioniert.

    Der kantige Flachbau in Sichtweite zum Limburger Dom ist aus Blöcken von hellem Korallenkalkstein errichtet. Innen gibt es drei Meter hohe Decken, in die Lichtstrahler eingelassen sind, raumhohe Fensterfronten, weiße Wände, Eichendielen am Boden sowie Türen aus Nussbaum. Der Stil ist modern, eckig, auf den ersten Blick fast schlicht. Doch schon die Einbauküche, an der Besucher vorbei in die Wohnung gelangen, muss ein Vermögen gekostet haben. Gleiches gilt für die vom Künstler Johannes Schreiter handbemalten Fenster in der Privatkapelle, die es neben der Küche, einem Arbeitszimmer, einem Wohnzimmer und einem Gäste-WC im Erdgeschoss gibt.

    „Der Mann hätte nicht Bischof, sondern Architekt werden sollen“, schwärmt ein Besucher älteren Jahrgangs, der mit seiner Frau aus Münster gekommen ist, aber seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. Die Schattenfuge über den Fußleisten, die flächenbündigen Türzargen und der Kontrast zwischen der Wohnung und den umliegenden Gebäuden, das alles sei vollkommen durchdacht. „Mich erschüttert das nicht in meinem Glauben“, erklärt der Mann, der von sich sagt, dass er früher mit Inbrunst Messdiener gewesen sei. Ein Pärchen aus Marburg, sie Mitarbeiterin beim Jugendamt, er Rechtsanwalt und Protestant, ist dagegen entsetzt. „Diese Wohnung konterkariert alles, wofür Kirche sonst steht“, wettert er. Sie bemängelt, sie hätte sich im Museum einen Verweis gewünscht auf die Geschichte, die hinter der Wohnung steckt.

    „Der Mann hätte nicht Bischof, sondern Architekt werden sollen“, sagt einer

    Einer, der diese Geschichte genau erklären kann, ist Stephan Schnelle. Der kräftige Mann mit Brille und kurzem lichten Haar ist der Sprecher des Bistums und gehörte schon zur Pressestelle, als Tebartz-van Elst seine Bischofsresidenz bauen ließ. „Das ist die berühmte Adventskranzaufhängung, für die aus Gründen der Statik nachträglich das Dach noch einmal umgebaut werden musste“, erklärt er und zeigt an die Decke der Kapelle, wo aus einem Schlitz ein Stahlseil mit Haken baumelt. Schnelle hat sich offensichtlich vorgenommen, nichts an der Verschwendung zu relativieren oder zu schönen: „Franz-Peter wollte diese Kapelle für sich.“ 200 Meter seien es von hier bis zum Limburger Dom.

    Die Entscheidung, in unmittelbarer Nähe zum Dom ein Bischofshaus zu errichten, fällte das Bistum Limburg schon 2004 – vier Jahre bevor Tebartz-van Elst als jüngster Diözesanbischof Deutschlands geweiht wurde. Doch umgesetzt wurden die Pläne erst, als der damals 47-Jährige sein Amt antrat. Seine Vorstellungen waren klar, sein Anspruch hoch und das Budget ursprünglich auf 1,65 Millionen Euro gedeckelt.

    ---Trennung Die Luxus-Badewanne ist für die Besucher gar nicht zu sehen Trennung---

    Aber die Kosten stiegen ins beinahe Unermessliche. 2013 kam ein Prüfbericht auf mehr als 31 Millionen Euro. Eine Summe, die eher nach einer Villa in Saint-Tropez mit Hubschrauberlandeplatz klingt als nach dem Zuhause eines Bischofs, eher nach Abgehobenheit als nach Askese. Tebartz-van Elst, hieß es damals, habe durch seine Sonderwünsche die Kosten massiv in die Höhe getrieben. Wobei von den Millionen nicht allein die Bischofswohnung entstand. Zum Ensemble des Bischofshauses gehören auch ein Garten, eine auf sandigem Boden gebaute Natursteinwand und zwei denkmalgeschützte Fachwerkhäuser. Ob die Restauration mit Balken aus 600 Jahre alter Eiche geschehen musste oder ob es 50 Jahre altes Holz nicht auch getan hätte, darüber denkt vermutlich selbst Tebartz-van Elst heute anders.

    Stephan Schnelle ist über eine Treppe aus massiver Eiche und mit von unten beleuchteten Stufen hinab in den Keller gestiegen und steht in dem Raum, der einmal das Schlafzimmer des Bischofs werden sollte. „Ganz ehrlich, mein Geschmack wäre es nicht“, sagt er. Vor den Fenstern verläuft eine Felswand, die kaum Licht hereinlässt. In dem Raum und dem angrenzenden begehbaren Kleiderschrank herrscht ein ziemliches Durcheinander von Kirchenfiguren, Tischdecken, Bildern und Gewändern auf Kleiderständern. „Das Untergeschoss eignet sich nicht als Ausstellungsfläche, daher benutzen wir es als Lager“, erklärt Schnelle.

    Luxusbau in Limburg: Die Badewanne ist für die Besucher gar nicht zu sehen

    Einen Raum weiter liegt das Bad, teils gefliest, teils mit Eichenboden. Die Dusche, deren Wasser aus einer eingelassenen Metallplatte an der Decke und aus Brausen an der Seite kommt, ist mit einer gewaltigen Glasscheibe von der Badewanne getrennt, die allein 15.000 Euro gekostet haben soll. „Die berühmteste Badewanne Deutschlands“, stellt Schnelle vor. Sie und die raumgreifende Ausgestaltung der Dusche seien für viele letztlich zum Symbol für die Maßlosigkeit des Bischofs geworden. Explizit nach ihr würden viele Museumsbesucher fragen.

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    „Ich kann das Wort Badewanne nicht mehr hören“, seufzt Herbert Müller, der im Erdgeschoss die Aufsicht führt. Der Rentner in Jeans, blauem Hemd und dunkler Strickjacke blickt etwas gequält durch seine Brille, während er schildert, wie aufgebracht manche Besucher reagiert hätten, als sie von ihm erfuhren, dass das Untergeschoss mit der Badewanne des Bischofs nicht zu besichtigen ist.

    Zu sehen gibt es für die Museumsgäste stattdessen auf den 140 Quadratmetern im Erdgeschoss eine neapolitanische Krippe aus dem 18. Jahrhundert und einen heiligen Jakobus aus dem 13. Jahrhundert. Von der geschätzt 35.000 Euro teuren Medientechnik – der Musik- und Fernsehanlage, die sie sich, ebenso wie die Vorhänge, über Mini-Computer steuern ließen – ist nichts mehr zu sehen.

    Wohl aber das Arbeitszimmer mit der Hausbibliothek. In den Farben des Regenbogens sollten die Bücher in den schneeweißen Regalböden schillern. Denn in die maßgeschreinerte Bücherwand hatte man damals eine indirekte LED-Beleuchtung eingebaut. Die Lichtplanung, für die gleich mehrere Lichtdesigner zuständig waren, soll allein 70.000 Euro gekostet haben.

    Darin sind nun mehr als 130 Gegenstände ausgestellt, die in chronologischer Anordnung die Geschichte des 1827 gegründeten Bistums erzählen sollen: das Birett des ersten Bischofs Jakob Brand, eine Tonsurschere, eine Partitur und – welche Überraschung – ein Buch zur Amtseinführung von Franz-Peter Tebartz-van Elst. An der violetten Wand gegenüber hängt der Verstoßene sogar mit einem Porträt neben all seinen Vorgängern.

    „Er hatte einen unrühmlichen Abgang und führt als Apostolischer Delegat in Rom jetzt ein eher zurückgezogenes Leben, aber er gehört zur Geschichte unseres Bistums“, betont Museumsdirektor Matthias Kloft. Es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass er, der Professor für Kirchengeschichte, angesichts der erweiterten Ausstellungsfläche und des ungekannten Andrangs zum größten Nutznießer des Skandals geworden ist. Denn für Tebartz-van Elsts Nachfolger Georg Bätzing kam es nicht infrage, die Protzwohnung zu beziehen. Sie zu vermieten, schied wegen der Lage im Herzen des Bischofshauses aus. Also wurde sie zum Museum. Trotzdem sagt Kloft: „Ich hätte lieber ein kleineres Museum und auf den Skandal verzichtet.“

    Dass viele Besucher in diesen Wochen nur nach Limburg kommen, um sich die Luxusgemächer des gefallenen Kirchenfürsten anzuschauen, will Kloft nicht bestreiten. „Wenn sie das Museum wieder verlassen und sagen, die Ausstellung war auch nicht uninteressant, dann haben wir etwas erreicht“, findet er. Auf einen Besucher wird das Museum vielleicht vergeblich warten: Franz-Peter Tebartz-van Elst. Kloft betont: „Für Christen ist es eine Pflicht, auf Aussöhnung aus zu sein, aber dafür braucht es beide Seiten.“

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