Der wegen des Lockerbie-Anschlags verurteilte und später freigelassene Libyer Abdelbaset al-Megrahi ist tot. Megrahi starb am Sonntag im Alter von 60 Jahren in Tripolis, wie sein Bruder Abdelhakim al-Megrahi sagte. Der libysche Agent war im Jahr 2001 als einziger für den Anschlag auf ein US-Flugzeug 1988 über dem schottischen Lockerbie verurteilt, bei dem 270 Menschen starben.
2009 vorzeitig aus Haft entlassen
Megrahi war im August 2009 in Schottland vorzeitig aus der Haft entlassen worden, weil Ärzte bei ihm Prostatakrebs im Endstadium diagnostiziert hatten. Er hatte damals angeblich nur noch drei Monate zu leben. Seine Freilassung stieß vor allem in den USA auf harsche Kritik. Für besondere Irritationen sorgte, dass Megrahi bei seiner Rückkehr nach Tripolis ein Heldenempfang bereitet wurde.
Megrahi war nach Angaben seiner Familie im April ins Krankenhaus gekommen, weil er eine Bluttransfusion brauchte. Sein Zustand wurde schon damals als "sehr ernst" beschrieben. Bereits im August vergangenen Jahres hatte die Familie zudem erstmals bestätigt, dass Megrahi im Koma lag.
Lockerbie-Attentat forderte 270 Opfer
Bei der Explosion einer Boeing 747 der US-Fluggesellschaft PanAm über der schottischen Ortschaft Lockerbie Ende 1988 stammte der Großteil der 270 Opfer aus den USA. Angeklagt wurde Megrahi 1991 auf Grundlage von Ermittlungen der britischen und der US-Polizei.
Nach jahrelangem diplomatischem Tauziehen wurden Megrahi und sein Mitangeklagter Al Amin Chalifa Fhimah 1999 von Tripolis ausgeliefert. Der Prozess begann im Jahr 2000 in Den Haag. Hauptbelastungszeuge war damals ein Ladenbesitzer aus Malta, der Megrahi als Käufer von Kleidungsstücken identifizierte, die später in dem Koffer mit der Bombe gewesen sein sollen.
Zum Zeitpunkt des Anschlags hatte Megrahi als Sicherheitschef für die Libyan Arab Airlines auf Malta gearbeitet. Laut Anklage sollte dieser Posten jedoch nur seine Tätigkeit für den libyschen Geheimdienst verschleiern. Megrahi, der in den USA studierte und im Prozess fließend Englisch sprach, zeigte sich erstaunt über den Vorwurf der Agententätigkeit und beteuerte stets seine Unschuld.
Verurteilung zu lebenslanger Haftstrafe
Doch während Fhimah freigesprochen wurde, wurde Megrahi 2001 zu lebenslanger Haft verurteilt. Später wurde die Strafe, die er im Greenock-Gefängnis in der Nähe von Glasgow verbüßte, auf mindestens 27 Jahre herabgesetzt.
Sein erster Versuch, das Urteil anzufechten, wurde 2002 abgelehnt. Im April 2009 legte Megrahi dann erneut Berufung ein, vier Monate später wurde er aus humanitären Gründen begnadigt. Den schottischen Behörden wurde später vorgeworfen, dass Megrahi freigelassen wurde, um einen lukrativen Auftrag der libyschen Regierung an den britischen Ölkonzern BP nicht zu gefährden.
Gaddafi räumt 2003 offiziell Verantwortung ein
Das damals noch von Muammar al-Gaddafi beherrschte Libyen hatte erst 2003 offiziell seine Verantwortung für das Lockerbie-Attentat eingeräumt und 2,7 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) Entschädigung an die Hinterbliebenen gezahlt. Der Präsident des nach Gaddafis Sturz eingesetzten Übergangsrates, Mustafa Abdel Dschalil, machte 2011 den Machthaber selbst für das Attentat verantwortlich. "Ich kann beweisen, dass Gaddafi den Befehl für Lockerbie gegeben hat", sagte er. afp/AZ