Stichwort Sedisvakanz
Mit dem Ende des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. beginnt am 28. Februar um 20 Uhr die Zeit der Sedisvakanz.
Das ist die Zeit, in der das Amt des Papstes nicht besetzt ist - normalerweise vom Tod des Kirchenoberhaupts bis zur Wahl seines Nachfolgers.
Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und heißt wörtlich übersetzt «leerer Stuhl». Nach kirchlichem Verständnis sitzt der Papst auf dem Stuhle Petri.
Der Glaubenslehre zufolge ist der Papst der Nachfolger des Apostels Petrus, den Jesus von Nazareth nach dem Matthäus-Evangelium als ersten Kirchenführer eingesetzt hatte.
Während der Sedisvakanz leitet das Kardinalskollegium die Kirche. Seine Befugnisse sind aber auf Aufgaben und Entscheidungen beschränkt, die nicht aufgeschoben werden können.
Von Päpsten erlassene Gesetze dürfen in dieser Zeit nicht korrigiert oder abgeändert werden. Die zwischenzeitliche Verwaltung der Kirche übernimmt der Kardinalkämmerer (Camerlengo) mit drei Kardinal-Assistenten.
Das Kardinalskollegium bereitet vor allem die Wahl des neuen Papstes vor. Während der Sedisvakanz werden spezielle Münzen und Medaillen geprägt.
Die Amtszeit von Joseph Ratzinger als Papst geht nach knapp acht Jahren am heutigen Donnerstag um genau 20 Uhr zu Ende. Es ist der letzte Arbeitstag von Papst Benedikt XVI. Papst Benedikt XVI hatte am11. Februar seine historische Entscheidung den Stuhl Petri zu verlassen, verkündet. Damit beginnt auch die Zeit der Sedisvakanz ("leerer Stuhl Petri"). Er ist der erste Papst der Neuzeit, der von seinem Amt zurücktritt.
Papst Benedikt XVI.: "Bedingungsloser Gehorsam"
Papst Benedikt XVI. hatte unmittelbar vor seinem Rücktritt seinem Nachfolger "bedingungslosen Gehorsam" zugesagt. "Unter Euch ist auch der künftige Papst, dem ich meinen bedingungslosen Gehorsam und Ehrfurcht verspreche", sagte das scheidende Oberhaupt der katholischen Kirche am Donnerstag bei seinem Abschied von im Vatikan anwesenden Kardinälen. Die deutschen Bischöfe betonten, es gebe keine Vorabsprachen über einen Nachfolger.
Von Marktl nach München: Papstorte in Bayern
In Marktl am Inn ist er geboren, in Freising machte er seine ersten wissenschaftlichen Schritte, in München-Freising war er Erzbischof: Papst Benedikt XVI. ist fest verwurzelt in seiner bayerischen Heimat.
Marktl: In der Stadt am Inn ist Joseph Ratzinger am 16. April 1927 als Sohn des Gendarmeriemeisters Joseph und seiner Frau Maria geboren worden. Nach seiner Wahl zum Papst kommt großer Rummel in Marktl auf, von der Papst-Torte bis zum Papst-Bier sind dort viele Souvenirs zu kaufen. Bei seinem Bayern-Besuch 2006 stattet Benedikt XVI. seiner Taufkirche St. Oswald einen Besuch ab.
Traunstein: Hier besucht er das Studienseminar St. Michael. Die Familie hat im nahen Hufnagel ein Haus bezogen. Später wird Ratzinger Traunstein als seine Heimatstadt bezeichnen, da die Eltern zuvor oft umgezogen sind. Im Zweiten Weltkrieg wird Ratzinger als Flakhelfer eingezogen und gerät kurzzeitig in US-Gefangenschaft, bleibt aber unverletzt. Nach dem Krieg legt er in Traunstein sein Abitur ab.
Freising: In der geschichtsträchtigen Domstadt beginnt Ratzinger 1946 ein Theologiestudium. Sein Ziel ist es, Priester zu werden. Schon als Student gilt er als außergewöhnlich begabt. 1951 wird er zusammen mit seinem Bruder Georg zum Priester geweiht. In seiner Promotion geht es um den Kirchenlehrer Augustinus. An der philosophisch-theologischen Hochschule Freising lehrt er von 1957 an Dogmatik, ehe er an die Uni Bonn wechselt.
Regensburg: 1969 erhält Ratzinger einen Ruf nach Regensburg. An der jungen Universität lehrt er Dogmatik und Dogmengeschichte. Im Vorort Pentling hat lässt er sich ein Haus bauen. Seine Eltern und seine Schwester Maria sind auf dem Pentlinger Friedhof begraben. Sein Bruder Georg, einst Leiter der Regensburger Domspatzen, lebt in Regensburg.
München: Joseph Ratzinger verbringt einen Teil seines Theologiestudiums in München, später arbeitet er als Kaplan in zwei Pfarreien der Landeshauptstadt. 1977 muss der mittlerweile renommierte Professor den Hörsaal verlassen und auf einem Bischofsstuhl Platz nehmen: Er wird zum Erzbischof von München-Freising ernannt. Fünf Jahre später folgt der Ruf nach Rom, Kardinal Ratzinger wird Präfekt der Glaubenskongregation.
"Möge der Herr denjenigen offenbaren, den er auserwählt hat", sagte der Papst bei der Zeremonie in der prachtvollen Sala Clementina im Apostolischen Palast. Anschließend spendete Benedikt XVI. den Geistlichen seinen Segen und verabschiedete sich von jedem Kardinal einzeln. Viele von ihnen nahmen dabei ihre Kopfbedeckungen ab und küssten den Siegelring des Papsts.
Um 17 Uhr wird er den Vatikan verlassen
Papst Benedikt: Stationen seines Lebens
Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.
Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.
Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.
1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.
Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.
1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".
Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.
Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.
Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.
2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.
2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.
Benedikt XVI. hatte seinen Amtsverzicht vor gut zwei Wochen überraschend bekanntgegeben. Bereits um 17 Uhr will er per Hubschrauber den Vatikan verlassen, um sich für einige Wochen in die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo nahe Rom zu begeben. Die unter 80-jährigen wahlberechtigten Angehörigen des Kardinalskollegiums sollen in den kommenden Tagen zum Konklave zusammengerufen werden, um möglichst bis Ostern einen neuen Papst zu bestimmen. Benedikt XVI. ist der erste Papst seit dem Mittelalter, der freiwillig zurücktritt. Am Mittwoch verabschiedete er sich bei einer Generalaudienz auf dem Petersplatz von etwa 150. 000 Gläubigen.
Deutsche Bischöfe: Nicht vorab auf Nachfolger festgelegt
Die deutschen Bischöfe bekräftigten indes, dass sie hinsichtlich eines Nachfolgers nicht vorab festgelegt seien. Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in der vergangenen Woche in Trier seien keine Absprachen zum Konklave getroffen worden, sagte der Chef der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, im ARD-"Morgenmagazin".
"Wir haben selbstverständlich über die Wahl gesprochen, aber wir haben nun nicht über Namen miteinander gesprochen", fügte Zollitsch hinzu. Zuerst müsse die Sachfrage geklärt werden, wie der Papst die Kirche in die Zukunft führen könne. Dann komme es darauf an, dafür den Richtigen zu finden, sagte Zollitsch, der selbst nicht Kardinal ist. Am Konklave nehmen sechs Deutsche teil.
Gerüchte über Rücktritts-Gründe des Papstes
Im Sender Phoenix wies Zollitsch am Mittwoch Gerüchte über die Gründe für den Rücktritt des Papsts zurück. Es seien "wirklich die physischen Kräfte, die beim Papst sehr nachgelassen haben", sagte er. Die italienische Zeitung "La Repubblica" hatte jüngst über einen Zusammenhang des Amtsverzichts mit einem geheimen Schwulennetzwerk im Vatikan berichtet, das Kardinäle erpressbar mache.
Der neue US-Außenminister John Kerry übermittelte Benedikt XVI. bei einem Besuch in Rom "die besten Wünsche". Benedikt XVI. verlasse den Vatikan nach "Jahren des Diensts und der Hingabe zu Gott, zur katholischen Kirche und zum Weltfrieden", erklärte Kerry, der selbst Katholik ist. Er werde am Tag des Rücktritts für den Papst beten.
Der ranghöchste australische Geistliche, Kardinal George Pell, kritisierte indes die Entscheidung Benedikts XVI. zum Amtsverzicht. Er mache es damit seinen Nachfolgern schwer, weil "Menschen, die mit einem der kommenden Päpste nicht einverstanden sind, jetzt Kampagnen für ihren Rücktritt anstoßen können", sagte Pell im australischen Privatfernsehen. afp/AZ