Die Gewinner sind völlig überwältigt. "We just love you" - "Wir lieben Euch einfach", ruft der junge Sänger bei der Pressekonferenz wenige Minuten nach dem Sieg ins Mikrofon. Ell und Nikki haben für Aserbaidschan den Eurovision Song Contest in Düsseldorf gewonnen. "Unsere Träume sind wahr geworden", so das junge Duo.
Ganz in weiß präsentierten die beiden ihre kuschelige Romantik-Nummer "Running Scared" - und die mehr als 30.000 Zuhörer in der Düsseldorfer Esprit-Arena schwangen die Hüften im Takt. Wie bei vielen der anderen Kandidaten war auch bei diesem Auftritt eine große Portion Pyrotechnik im Einsatz: Ein Regen aus Goldfunken rieselte im Hintergrund der Show zu Boden.
Lenas aufreizende Blicke
Lena, die deutsche Titelverteidigerin, schaffte es mit ihrem "Taken by a Stranger" auf Platz zehn. Dunkel geschminkt warf sie den Kameras betont aufreizende Blicke zu. Aus dem Mädchen vom vergangenen Jahr, das schien sie beweisen zu wollen, ist eine Frau geworden. Dass sie sich noch einmal zum Sieg singen würde, hatten selbst die meisten der Deutschlandfahnen schwenkenden Fans in Düsseldorf nicht mehr geglaubt.
Die irischen Zwillinge Jedward, Schwedens Eric Saade oder vielleicht Frankreichs Amaury Vassili waren im Vorfeld als Favoriten gehandelt worden - sogar von den Zuhörern mit schwarz-rot-goldenen Streifen im Gesicht. Dass es dann Aserbaidschan werden sollte, war aber selbst für die wenigen Vertreter dieses kleinen Landes eine Überraschung.
"Ich kann es überhaupt nicht glauben", sagte Nargis. Die 30-Jährige, die ihre Freunde Jalala, Ilgar und Ali eigens zum Song Contest aus Aserbaidschan in ihre Wahlheimat Frankfurt eingeladen hat, zeigt auf ihre zitternden Hände. "Vielleicht wird mein Land jetzt etwas bekannter. Die Menschen in meiner Heimat werden auf jeden Fall auf den Straßen tanzen, da bin ich sicher."
Auch Deutschland kam beim Eurovision Song Contest glänzend weg. Denn die Veranstaltung in Düsseldorf war ein riesiger, kunterbunter und fröhlich-kitschiger Musikzirkus: Rote, grüne, blaue und weiße Leuchtkegel, Blitze und Strahlen wechselten im Takt und verwandelten die runde Bühne mal in eine Disko-Tanzfläche und mal in den Schauplatz fast opernhafter Gesänge.
Wie sonst nur an Silvester lag der Geruch vom Feuerwerk der Bühne in der Luft. Und die Zuschauer im ganzen Stadion klatschten, tanzten und jubelten sich durch den Abend und die Nacht, schwenkten Fahnen und sangen mit bei allem, was mitzusingen war - alle Kandidaten wurden mit Applaus gefeiert, selbst wenn nicht jeder Ton saß und die Titel nicht immer Hitparaden-reif waren.
Pfiffe bei der Auszählung
Nur am Ende, bei der Auszählung der Stimmen, kam Unmut auf. Weil Zypern, wieder einmal, die Höchstbewertung "12 points" an Griechenland vergab, Armenien an die Ukraine oder Mazedonien an Bosnien-Herzegowina. Zum ersten Mal an diesem Abend gab es kurz Buh-Rufe und Pfiffe in der vollbesetzten Arena.
Die allumfassende Freude konnte aber auch das nicht trüben. "Lena war gut, und sie kann mit dem Platz zufrieden sein", ist man sich auf dem Weg zurück zu den Straßenbahnen einig. Und die Besucher sind gespannt darauf, wie es sein wird, wenn der Musikwettbewerb im kommenden Jahr in Aserbaidschan ausgetragen werden soll.
Weitere Berichte unserer Redakteurin Karin Seibold zum Eurovision Song Contest finden Sie in der Montagsausgabe unserer Zeitung.