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Leitartikel: Elbphilharmonie in Hamburg: Vom Millionengrab zum Wahrzeichen

Leitartikel

Elbphilharmonie in Hamburg: Vom Millionengrab zum Wahrzeichen

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    Die Kosten für die Elbphilharmonie in Hamburg liegen bei 789 Millionen Euro - rund 1000 Prozent mehr, als ursprünglich geplant.
    Die Kosten für die Elbphilharmonie in Hamburg liegen bei 789 Millionen Euro - rund 1000 Prozent mehr, als ursprünglich geplant. Foto: Christian Charisius (dpa)

    Selbstverständlich bleibt sie noch immer eine Zielscheibe für Boshaftigkeit und Ironie, wenn sie nun endlich offiziell eingeweiht wird, die nigelnagelneue Hamburger Elbphilharmonie: Kaum sind sieben Jahre vergangen seit ihrer ursprünglich anberaumten Eröffnung (im Jahr 2010), kaum hat die Hansestadt ihren Frieden damit gemacht, dass die Baukostensteigerung nur rund 1000 Prozent betrug (789 Millionen Euro aus der öffentlichen Hand statt prognostizierten 77 Millionen), da steht die Hütte auch schon.

    Und natürlich kann man sich auch weiter ärgern über jenes unprofessionelle Verwaltungsschlamassel mit nachfolgendem Kompetenzgerangel, das die Kosten explodieren ließ. Aber gleichzeitig gilt auch, dass der Fall Elbphilharmonie sicher nicht deshalb skandalträchtiger ist als jede andere deutsche Großstadt-Fehlplanung, weil es sich hier „bloß“ um ein Haus für Kunst handelt. Das nämlich wäre die Arroganz der Ignoranten.

    Zahl der deutschen Konzertbesucher ist stark gestiegen

    Kurioserweise fällt die Eröffnung just auf einen fast schon zeichenhaften Moment. Erstens ist soeben die Zahl der deutschen Konzertgänger überraschend stark gestiegen – auf 5,36 Millionen Besucher. Zweitens war und ist Hamburg derzeit nicht die einzige deutsche Stadt, die den Bau eines neuen Konzerthauses für Wert erachtet und sich dementsprechend etwas kosten lässt. Und drittens gehört zu dieser Stimmung auch, dass die trotz Schließungen und Kürzungen weiterhin reiche deutsche Orchester- und Theaterlandschaft gerechtfertigte und beste Chancen hat, als internationales immaterielles Weltkulturerbe eingetragen zu werden – ein Grund durchaus für Selbstbewusstsein.

    Aber: Man kann nicht stolz sein auf seine Kulturnation von Dichtern und Denkern und Malern und Komponisten – ohne deren Werke nicht auch am Leben erhalten zu wollen.

    Aber noch einmal zurück zu den Konzerthaus-Neubauten weiterer Städte. Als da wären Bochum (eröffnet im Herbst 2016), Berlin (Boulez-Saal ab März) sowie Dresden (Kulturpalast, 1800 Plätze, ab April). Wobei noch nicht die vielen (Musik-)Bühnen aufgezählt sind, deren bereits begonnene Sanierung als gottlob notwendig erachtet wird für unser aller Geschichtsbewusstsein und Horizont – auch in Augsburg. Es gibt nämlich noch andere Werte auf dieser Welt neben Straßenbau, Dax und Sex.

    Wenn etwas eine extrem steile Karriere hingelegt hat in 2016, dann die Elbphilharmonie Hamburg: vom Millionengrab zum Wahrzeichen, vom Bau-Desaster zur Deklaration eines Weltwunders. Letztendlich ist zwar etliches nicht richtig gemacht worden, aber das gesteckte Ziel doch erreicht.

    Elbphilharmonie wird internationales Publikum anlocken

    Es braucht keine Schuppen, die von den Augen fallen, um die Elbphilharmonie als figura elegantissima zu erkennen; die Akustik in ihrem Großen Saal scheint betörend gelungen zu sein; vor allem ist bereits jetzt schon abzusehen, dass das Konzerthaus – jenseits alles sogenannten Elitären – lokales, regionales, nationales, internationales Publikum anlocken wird. Bis Sommer 2017 sind sämtliche Konzerte ausverkauft. Das belegbare weltweite Interesse an dem Neubau verschafft Hamburg Anlass zu berechtigt großer Hoffnung auf profitablen Tourismus.

    Und so war im Grunde voraussehbar, dass nun auch in München erste Stimmen laut werden, die hinsichtlich des geplanten Konzertsaals für den Bayerischen Rundfunk fordern, dieser dürfe – neben dem dann sanierten Gasteig – keine Minimallösung darstellen.

    Alles mehr oder weniger in Butter also angesichts gesammelter Bauprojekte? Nein. Was ebenfalls keine Minimallösung mehr bleiben darf, dies ist der Musikunterricht an den deutschen Schulen.

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