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Leipzig: Nach Antisemitismus-Vorfall: Hotelmitarbeiter vorerst beurlaubt

Leipzig

Nach Antisemitismus-Vorfall: Hotelmitarbeiter vorerst beurlaubt

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    Nach Antisemitismus-Vorwürfen haben sich am Abend Hunderte Menschen vor dem «Westin Hotel» Leipzig versammelt, um Solidarität mit dem Musiker Gil Ofarim und Jüdinnen und Juden in Deutschland zu zeigen.
    Nach Antisemitismus-Vorwürfen haben sich am Abend Hunderte Menschen vor dem «Westin Hotel» Leipzig versammelt, um Solidarität mit dem Musiker Gil Ofarim und Jüdinnen und Juden in Deutschland zu zeigen. Foto: Dirk Knofe, dpa

    Nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Leipziger Hotel hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) eine schärfere Ahndung judenfeindlicher Beleidigungen gefordert. "Antisemitismus darf nicht kleingeredet werden und sollte generell unter Strafe gestellt werden", sagte DIG-Präsident Uwe Becker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Der Strafbestand der Volksverhetzung greift oft nicht weit genug, um beispielsweise Beleidigungen strafrechtlich zu verfolgen."

    Der Musiker Gil Ofarim ist nach eigenen Angaben Opfer eines antisemitischen Vorfalls im Leipziger "Westin Hotel" geworden. Dort habe ihn ein Mitarbeiter aufgefordert, seine Kette mit einem Davidstern einzupacken, berichtete Ofarim in einem am Dienstag veröffentlichten Video bei Instagram. Dann dürfe er einchecken.

    Zuvor sei am Hotelempfang wegen technischer Probleme eine lange Schlange entstanden. Ofarim sagte, er habe sich eingereiht - mit seiner Davidstern-Kette um den Hals. "Das steht mir zu. Mache ich schon mein Leben lang", sagte Ofarim im Video.

    Immer wieder seien Personen vorgezogen worden. Als er nach 15 Minuten an der Reihe gewesen sei, habe er gefragt, was das solle. Der Hotelmitarbeiter habe ihm die Antwort gegeben: "Um die Schlange zu entzerren", dabei habe Ofarim ja selbst darin gestanden.

    Leipziger Hotel-Mitarbeiter: "Packen Sie Ihren Stern ein"

    Daraufhin habe "irgendeiner aus der Ecke" gerufen, dass er seinen Stern einpacken solle. Auch der Hotel-Mitarbeiter habe gesagt: "Packen Sie Ihren Stern ein."

    Becker sagte dazu: "Ich bin schockiert, dass solche antisemitischen Vorfälle überhaupt in Deutschland passieren." Es mache deutlich, dass Antisemitismus weit über die extremen politischen Ränder verbreitet sei. "Nun ist ein Einstehen für jüdisches Leben in unserem Land und Solidarität gefordert sowie ein klares Bekenntnis zu Israel", sagte er dem RND. "Ein Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland ist immer auch ein Angriff auf die gesamte deutsche Gesellschaft." 

    Der Davidstern ist eines der bekanntesten Symbole, die mit dem Judentum verbunden werden. Er besteht aus einem Hexagramm, das durch zwei ineinander verwobene gleichschenklige Dreiecke gebildet wird. Obwohl das Hexagramm als jüdisches Zeichen bereits im 7. Jahrhundert vor Christus vorkommt, schmückt der Davidstern erst seit dem Mittelalter Synagogen und seit 1948 die Flagge des Staates Israel. Während des Nationalsozialismus wurde der Davidstern den Juden als Stigma ("Judenstern") aufgezwungen.

    Polizei war während des Vorfalls nicht im Westin Hotel

    Olaf Hoppe, Sprecher der Leipziger Polizei, sagte, dass die mutmaßliche Aussage des Hotelangestellten für ihn "klar antisemitisch" sei. Die Polizei werde Inhalte des Videos an die Staatsanwaltschaft weiterleiten, die eine strafrechtliche Relevanz prüfe. Je nach Ergebnis werde dann weiter ermittelt oder nicht. Wie Hoppe weiter erklärte, war die Polizei bei dem Vorfall nicht vor Ort. Mit Ofarim habe man bislang nicht gesprochen. Die Behörde kenne sein Video und habe es gesichert.

    Ofarim selbst wollte sich zu dem Vorfall am Dienstag auf dpa-Anfrage zunächst nicht äußern. Laut seinem Management erwägt er, eine Strafanzeige zu stellen. Bisher habe es keine offizielle Entschuldigung seitens des Hotels gegeben.

    Musiker und Schauspieler Gil Ofarim trägt jüdische Symbole wie den Davidstern schon immer, sagt er. Nun wurde er Opfer von Antisemitismus.
    Musiker und Schauspieler Gil Ofarim trägt jüdische Symbole wie den Davidstern schon immer, sagt er. Nun wurde er Opfer von Antisemitismus. Foto: Tobias Hase, dpa

    Er müsse die Vorkommnisse in Leipzig erst einmal verdauen und sei sichtlich schockiert. "Heute wäre der Geburtstag seines Vaters gewesen, deshalb möchte er zu diesem Thema auch erst einmal keine weiteren persönlichen Interviews geben", hieß es. Der Tag sei generell schon schwer genug für ihn. Man bitte um Nachsicht und Verständnis. 

    Ein Sprecher des "Westin Leipzig" sagte, dass man besorgt über den Bericht sei und die Angelegenheit extrem ernst nehme. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu kontaktieren, um herauszufinden, was passiert sei. Ziel sei es, alle Gäste und Mitarbeiter unabhängig von ihrer Religion einzubeziehen, zu respektieren und zu unterstützen. 

    Hotel beurlaubt zwei Mitarbeiter

    Eine Sprecherin der Marriott-Gruppe bestätigte am Mittwochmorgen, dass zwei Mitarbeiter des Hotels beurlaubt wurden. Dies gelte zunächst für die Dauer der Ermittlungen.

    Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien zeigten sich schockiert. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, schrieb in einem Statement beim Kurznachrichtendienst Twitter, dass die Anfeindung erschreckend sei. Es sei zu hoffen, dass das Hotel personelle Konsequenzen ziehe. Er hoffe ebenso, "dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden." Der Pianist Igor Levit schrieb an das Hotel gerichtet: "Shame on you".

    Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) schrieb bei Twitter, dass Ofarim am Montagabend Gast einer Aufzeichnung im Auftrag des MDR gewesen sei. Was er anschließend aus dem Hotel schildere, sei zutiefst beschämend.

    Solidaritätskundgebung vor dem Hotel

     Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sprach von einem "unfassbaren Fall von Antisemitismus" und einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). "Eine rasche Antwort des Hotels ist überfällig. Aus unserer Sicht kann das nicht folgenlos bleiben", schrieb die Bundesstelle auf Twitter.  

    Die Vorsitzende des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Lea Rosh, sagte laut Mitteilung, dass dem Musiker die uneingeschränkte Solidarität des Vereins gelte. "Juden waren in Deutschland schon mal in Hotels unerwünscht. Das war 1933. Wir fordern eine lückenlose Aufklärung und personelle Konsequenzen."

    Auch sächsische Politikerinnen und Politiker äußerten sich. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) hofft darauf, dass der Musiker Anzeige erstattet, damit man den Vorgang polizeilich untersuchen könne. "Sachsen ist ein weltoffenes Land", betonte Wöller. 

    Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) schrieb bei Twitter, es mache ihn wütend, was Ofarim widerfahren sei. Er spreche für die übergroße Mehrheit der Menschen in Sachsen, wenn er sich stellvertretend für die antisemitische Demütigung entschuldige. "Wir haben noch viel zu tun in Sachsen!" Auch Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) zeigte sich bei Twitter bestürzt. "Antisemitismus darf keinen Platz haben. Nicht offen, nicht verdeckt. Nicht in Sachsen, nicht in Deutschland, nirgendwo." 

    Am Dienstagabend nahmen Hunderte Menschen an einer Solidaritätskundgebung mit Jüdinnen und Juden in Deutschland vor dem Hotel teil, zu der das Bündnis "Leipzig nimmt Platz" aufgerufen hatte. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl zunächst auf den "mittleren dreistelligen Bereich", wie eine Sprecherin sagte.

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