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Lebenslänglich für Ursula Herrmanns Entführer

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Lebenslänglich für Ursula Herrmanns Entführer

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    Lebenslänglich für Ursula Herrmanns Entführer
    Lebenslänglich für Ursula Herrmanns Entführer Foto: DPA

    Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der heute 59 Jahre alte Fernsehtechniker im September 1981 die zehnjährige Ursula in eine im Wald vergrabene Kiste sperrte, um von den Eltern zwei Millionen Mark Lösegeld zu erpressen. Das Kind erstickte in der Kiste. Beide Angeklagten hatten die Tat bis zuletzt bestritten. Die Verteidigung kündigte Revision an.

    Das Landgericht Augsburg folgte nach dem langwierigen Indizienprozess dem Antrag der Anklage. Der Bruder des Mädchens und Nebenkläger, Michael Herrmann, äußerte Zweifel an der alleinigen Täterschaft. Er sehe Indizien, aber keine Beweise. "Es wird Recht gesprochen, aber es geschieht keine Gerechtigkeit", sagte er.

    "Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber sie mahlen gerecht", sagte hingegen der Vorsitzende Richter Wolfgang Rothermel in seiner Urteilsbegründung. "Es war ein aufsehenerregendes, abschreckendes Verbrechen, das die Öffentlichkeit bewegt hat." Der Angeklagte, der rund 140 000 Mark Schulden hatte und auf großem Fuß lebte, habe aus Geldnot gehandelt und leichtfertig den Tod des Kindes riskiert.

    Das Gericht verurteilte den Mann wegen erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge - die Tat bewege sich aber "sehr, sehr nahe am Mordvorwurf", sagte Rothermel. "Wir sehen das grausame Vorgehen des Täters." Es sei zwar davon auszugehen, dass seine Ehefrau von der Tat gewusst habe. Ihr sei aber kein aktiver Tatbeitrag nachzuweisen. "Nach dem Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten" sei sie freizusprechen.

    Das Urteil stützt sich vor allem auf ein Tonbandgerät, das bei den Erpresseranrufen abgespielt worden sein soll, sowie das später teilweise widerrufene Geständnis eines mutmaßlichen Komplizen. Nach einem technischen Gutachten des Bayerischen Landeskriminalamtes passen die technischen Besonderheiten des Tonbandgeräts haargenau zu der Tongebung der Anrufe bei Ursulas Eltern, bei denen stets die Verkehrsfunkmelodie des Radiosenders Bayern 3 abgespielt wurde.

    Der inzwischen gestorbene mutmaßliche Mittäter war von Zeugen mehrfach mit einem Spaten beobachtet worden. Er sagte damals aus, er habe für den Angeklagten gegen 1000 Mark Entgelt und einen Farbfernseher ein Loch im Wald graben sollen. Später widerrief er, das Loch tatsächlich gegraben zu haben. Dass es die entsprechende Anfrage des Angeklagten gegeben habe, sei aber unwiderrufen, betonte Richter Rothermel.

    Der Angeklagte habe die Tat sorgfältig geplant, eine Kiste mit einem komplizierten, aber nicht funktionierenden Belüftungssystem gebaut und von dem Bekannten das Loch im Wald ausheben lassen. Am ersten Schultag nach den großen Ferien habe er Ursula zusammen mit einem oder mehreren unbekannten Mittätern abends auf dem Heimweg nach dem Turnen abgepasst, sie von ihrem Kinderfahrrad gezerrt, betäubt und dann 800 Meter zu dem Verlies im Waldboden geschleppt. Das Mädchen erstickte nach den Ermittlungen der Rechtsmediziner bereits dreißig bis sechzig Minuten, nachdem es in der Kiste eingeschlossen worden war. Die Leiche wurde 19 Tage später bei einer Polizeisuchaktion gefunden. In der Zwischenzeit waren bei Ursulas Eltern Erpresseranrufe und -briefe mit der Lösegeldforderung eingegangen.

    Der Prozess dauerte wegen der schwierigen Beweislage 55 Verhandlungstage. "Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte der Täter ist", sagte Rothermel. "Das Urteil ist eine große Genugtuung für uns", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz. Die Anklägerin, Oberstaatsanwältin Brigitta Baur, sprach von einer "gerechten Strafe". Verteidiger Wilhelm Seitz dagegen kritisierte ein "Wahrscheinlichkeitsurteil". Sein Kollege Walter Rubach sagte, sein Mandant sei "verärgert und enttäuscht". Er habe ihn beauftragte, auf jeden Fall Revision einzulegen.

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