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Landgericht Gießen: Kein Spender-Herz für behinderten Zweijährigen

Landgericht Gießen

Kein Spender-Herz für behinderten Zweijährigen

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    Der zweijährige Muhammet kommt wegen seiner Hirnschäden nicht auf die Warteliste für ein Spenderherz. Das hat ein Gericht entschieden.
    Der zweijährige Muhammet kommt wegen seiner Hirnschäden nicht auf die Warteliste für ein Spenderherz. Das hat ein Gericht entschieden. Foto: Jens Kalaene (dpa)

    Die Spezialisten des Kinderherzzentrums in Gießen hatten Familie Dönmez die Transplantation bereits zugesagt. Also sammelten die Eltern 400.000 Euro an Spendengeldern und stiegen Ende März mit ihrem kranken Sohn Muhammet Eren in der Türkei ins Flugzeug. Doch kurz vor dem Abflug nach Deutschland streikte sein Herz, es kam zu einem Kreislaufstillstand. Der Junge musste wiederbelebt und nach der Landung im Uniklinikum Gießen und Marburg an ein Kunstherz angeschlossen werden.

    Später stellte sich heraus, dass der fast Zweijährige Hirnschäden davongetragen hatte, die nach Ansicht des Klinikums irreversibel waren. Die Konsequenz, die die Gießener Ärzte daraus zogen: Transplantation ausgeschlossen.

    Wegen Hirnschaden: Ärzte lassen Herztransplantation nicht zu

    Die Eltern wollten diese Entscheidung nicht akzeptieren und klagten, weil die Mediziner sich weigerten, ihren Sohn auf die Warteliste für ein Spenderherz zu setzen. Die Ärzte beriefen sich dabei auf das Transplantationsgesetz und entsprechende Richtlinien: Der Hirnschaden und der Verdacht einer angeborenen Herzmuskelschwäche des Jungen verringere die langfristgen Erfolgschancen einer Transplantation. Anstatt zu operieren empfahlen die Mediziner im Sommer, den Jungen vom Kunstherzen zu entwöhnen und in die Türkei zurückzuverlegen.

    Die Eltern jedoch blieben hartnäckig, suchten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit über Facebook und Twitter. Daraufhin gingen beim Klinikpersonal Drohungen ein, das Uniklinikum musste sogar einen Sicherheitsdienst engagieren.

    Sorge um herzkranken Jungen: Darf er auf die Warteliste?

    Anfang September wurde dann beim Landgericht Gießen ein Zwischenvergleich geschlossen: Wird innerhalb einer Frist kein anderes Transplantationszentrum für den Jungen gefunden, müssen die Richter entscheiden. Am Freitag war es nun soweit, denn in Deutschland hat sich bisher kein anderes Krankenhaus dazu bereit erklärt, die Operation durchzuführen.

    Der Beschluss ist tragisch für Muhammet und seine Familie. Denn das Landgericht entschied: Die Uniklinik Gießen muss den herzkranken Jungen nicht auf die Warteliste für ein Spenderorgan setzen. Die Einschätzung der Ärzte, die den Jungen nicht für transplantierfähig halten, sei nicht zu beanstanden, hieß es in der Urteilsbegründung.

    Anwalt sieht "Benachteiligung wegen Behinderung"

    Wie geht es nun weiter? Die Familie hatte bereits angekündigt, nun europaweit nach einem Krankenhaus zu suchen. Wie die Erfolgsaussichten sind, dazu wollte der Anwalt der Familie, Oliver Tolmein, zuletzt nichts sagen. "Wir verhandeln". Aufgeben will die Familie aber auch hierzulande nicht. „Es spricht nichts dafür, dass der Beschluss des Landgerichts die letzte Entscheidung sein wird", betonte der

    Unterdessen läuft dem kleinen Muhammet die Zeit davon. Tolmein: „Es geht mal auf und mal ab mit ihm. Je länger es dauert, umso schwieriger wird die Situation.“

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