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Küng mahnt auf Kirchentag - Jubel für Käßmann

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Küng mahnt auf Kirchentag - Jubel für Käßmann

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    Küng mahnt auf Kirchentag - Jubel für Käßmann
    Küng mahnt auf Kirchentag - Jubel für Käßmann Foto: DPA

    "Das Fundament des Vertrauens wurde wie von einem Erdbeben erschüttert", sagte am Donnerstag der evangelische Kirchentagspräsident Eckhard Nagel. Er forderte in der katholischen Kirche eine "Kultur des Hinsehens". Jahrelang seien Missbrauchsfälle unter den Teppich gekehrt worden, kritisierte auch die Beauftragte der Bundesregierung für die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, Christine Bergmann. Der Aufschrei, der jetzt durch die Gesellschaft gehe, sei lange überfällig.

    "Jetzt, wo das Ungeheuer sichtbar geworden ist, müssen wir es bekämpfen", forderte Nagel. Der ÖKT solle ein Forum sein für "diese dringend notwendig gewordene" Diskussion. "Möge er auch akut Betroffenen Mut machen, ihre Stimme zu erheben. Lasst uns die Botschaft ins Land schicken, dass wir nicht mehr wegschauen werden."

    Auch der Papst hatte in seinem schriftlichen Grußwort zur Eröffnung des Kirchentages am Mittwoch die Missbrauchsthematik nicht ausgespart. "Es gibt das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche und unter denen, die der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat." Dennoch mahnte Benedikt XVI. die Teilnehmer, sich nicht von der Kirche abzuwenden - sie sei ein Ort der Hoffnung.

    Bundespräsident Horst Köhler verwies beim zentralen Eröffnungsgottesdienst auf der Theresienwiese vor 55 000 Menschen aber auch auf die großen Verdienste der Kirchen für eine soziale und humane Welt. Die Veranstalter des ÖKT riefen wie Köhler dazu auf, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern als Christen Weltverantwortung zu übernehmen und sich für Fortschritte in der Ökumene einzusetzen - etwa in der Frage des bislang nicht möglichen gemeinsamen Abendmahls von Protestanten und Katholiken.

    Das fünftägige Treffen mit rund 125 000 Dauerteilnehmern steht unter dem Leitwort "Damit ihr Hoffnung habt." Das Programm umfasst rund 3000 Veranstaltungen zu politischen und religiösen Themen.

    Der Theologe Hans Küng betonte am Donnerstag, jetzt sei es "mit Reförmchen" in der katholischen Kirche nicht getan. Notwendig sei "so etwas wie eine zweite Reformation, aber nicht zur Spaltung, sondern zur Einheit der Kirche". Unterdessen reißt die Serie der Missbrauchsfälle nicht ab. Im Bistum Würzburg wurde wieder ein Priester in den Ruhestand versetzt. Die Skandale hätten zu einer Vertrauenskrise sondergleichen geführt, sagte Küng. Zugleich sei damit eine vielschichtige Führungskrise offenkundig geworden, die auch eine Glaubenskrise zur Folge habe.

    Käßmann "Superstar": Mit Standing Ovations wurde sie in München bei ihren ersten Auftritten gefeiert. Rund 6000 Menschen empfingen die Theologin bei ihrer Bibelarbeit in der überfüllten Messehalle begeistert.

    In ihrer Bibelarbeit ließ Käßmann eigene Erfahrungen - Scheidung und Krebserkrankung - einfließen und ging kurz auf ihre Alkoholfahrt ein: Den Himmel verdunkeln könnten Schicksalsschläge - "der Verlust des Arbeitsplatzes. Eine verlorene Liebe. Eine rote Ampel..." Gott aber schenke neue Zuversicht. "Kein Mensch ist ohne Fehl und Tadel." Erneut kritisierte Käßmann die deutsche Afghanistan-Politik. Die finanzielle Aufstockung für die Schutztruppe sei unverhältnismäßig im Vergleich zu der weit geringeren Anhebung der Entwicklungshilfe: "Ich jedenfalls kann darin keinen "Vorrang für zivil" sehen, wie wir ihn als evangelische Kirche immer gefordert haben."

    Am Abend provozierte Käßmann im katholischen Liebfrauendom, dem Münchner Bischofssitz. Sie sprach sich für Geburtenkontrolle aus und lobte die Vorzüge der Anti-Baby-Pille, die für viele zunächst "etwas Anrüchiges" gehabt habe. "Wir können sie aber auch als Geschenk Gottes sehen", sagte Käßmann laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Die katholische Sexualmoral verbietet künstliche Verhütungsmittel.

    10 000 Katholiken, Protestanten und orthodoxe Christen feierten am Vormittag gemeinsam Christi Himmelfahrt. Beim Festgottesdienst wurde ein ökumenischer Schöpfungstag proklamiert, der künftig jährlich am ersten Freitag im September stattfinden soll. Schöpfungsverantwortung sei "Grundaufgabe der Kirchen", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel/Niedersachsen). ""Nach mir die Sintflut" geht nicht mehr."

    ÖKT-Programm: http://dpaq.de/0YX5m

    Der Kirchentag online: www.oekt.de

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