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Kriminalität: Hells Angels: Das Gesetz der Rocker

Kriminalität

Hells Angels: Das Gesetz der Rocker

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    Die Rockerbande der Hells Angels liefert sich mit den Bandidos immer wieder gewalttätige und blutige Auseinandersetzungen. Jetzt greift die Polizei härter durch.
    Die Rockerbande der Hells Angels liefert sich mit den Bandidos immer wieder gewalttätige und blutige Auseinandersetzungen. Jetzt greift die Polizei härter durch.

    Es fehlten nur noch Friedenspfeife und Bruderkuss. Im Blitzlichtgewitter besiegelten Frank Hanebuth von den Hells Angels und der Bandido Peter Maczollek am 26. Mai 2010 per Handschlag, dass „der Konflikt zwischen beiden Klubs offiziell beendet ist“. Zwischen den muskelbepackten Männern stand ein stolzer, deutlich kleinerer Mann mit schlohweißem Haar: Promi-Anwalt Götz von Fromberg aus Hannover, mit besten Kontakten zu den Rockern, hatte alles eingefädelt.

    Ermittler vermuten einbetonierte Leiche im Fundament einer Lagerhalle

    Nicht nur in Hannover, auch in anderen Städten keimte die Hoffnung, dass die Gewaltexzesse zwischen den Klubs der Vergangenheit angehören würden. Es geht um die Vorherrschaft beim Drogenhandel und in der Rotlichtszene. Die Bilanz der letzten Tage jedoch zeigt, dass diese Hoffnung vergeblich war, dass die Rocker-Fassade längst zur Staffage für Organisierte Kriminalität verkommen ist. Am 24. Mai durchsuchen rund 1200 Polizeibeamte, darunter die Spezialeinheit GSG 9, Stützpunkte der Hells Angels in Norddeutschland – auch Hanebuths Privathaus.

    Einen Tag später starten Einsatzkräfte die Suche nach dem 47-jährigen Tekin Bicer auf einem Grundstück in Kiel. Die Polizei vermutet, dass der Mann nach einem Streit mit den Hells Angels ermordet und in das Fundament einer Lagerhalle einbetoniert worden sein könnte. Am Dienstag wird ein Mitglied der Bandidos in Bottrop von Unbekannten erschossen. Gleichzeitig wechseln in Berlin mehrere Bandidos zu den Angels über.

    Über die Razzia in Berlin waren sie gut informiert

    In der Nacht zum Mittwoch findet dann auch in Berlin eine Razzia statt, die allerdings augenscheinlich in Rockerkreisen schon vorher bekannt geworden ist. Die Polizei sucht fieberhaft nach dem Leck in ihren Reihen. Kurz danach wird auch in Potsdam das Vereinsheim der Hells Angels durchsucht. Und ebenfalls am Mittwoch verbietet der Berliner Senat die Hells Angels Berlin City. Die sich überstürzenden Ereignisse zeigen, dass der „Friedensschluss“ vom Mai 2010 nicht mehr als eine taktisch motivierte Aktion war, um den bereits damals aufflammenden Forderungen nach einem Verbot der Klubs zu begegnen.

    Es spricht einiges dafür, dass die Politik nun entschlossen ist, offensiver als bisher gegen Hells Angels und Bandidos vorzugehen. „Wir brauchen Verbote, wo sie möglich sind. Wir brauchen den erhöhten Fahndungsdruck, auch mit großen Razzien“, sagt Oliver Malchow vom Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei unserer Zeitung. Er warnt davor, sich an „Parallelgesellschaften im kriminellen Milieu“ zu gewöhnen.

    Auch in Augsburg freuen sich die Hells Angels über regen Zulauf der "Supporter"

    Mit Sorge beobachten die Fahnder, dass es den Rockerklubs offensichtlich nicht an Nachwuchs mangelt. Überall in Deutschland finden sich „Supporter“, also Anhänger, in eigenen Klubs zusammen. Sie sind keine echten Mitglieder und dürfen deshalb keine Kutten tragen, fühlen sich aber denselben Idealen verpflichtet und gelten als „Handlanger“, die für die Klubs arbeiten müssen. Begriffe wie Ehre, Stärke und der unbedingte Zusammenhalt in der Gruppe spielen dabei eine Rolle. Die Hells Angels sollen bundesweit etwa 1000 Vollmitglieder haben sowie 2000 bis 3000 „Supporter“.

    Beispiel Augsburg. „Wir stellen fest, dass die Klubs bei manchen jungen Leuten enorme Anziehungskraft haben“, sagt Marco Böck, zuständig für Verbrechensbekämpfung im Polizeipräsidium. Im Fokus ist in

    Gastronom aus dem Hinterhalt mit Baseballschläger angegriffen

    Alarmiert sind die Behörden, seit sich im Sommer 2010 eines Nachts Hells Angels und Anhänger des Motorradklubs „Outlaws“ gegenüberstanden – in der Maximilianstraße, im Herzen der Stadt. Die Polizei verhinderte mit einem Großaufgebot eine Auseinandersetzung und begann, die Szene genau zu beobachten. Das Ergebnis: Zwei „Supporter“ der Hells Angels wurden inzwischen zu Haftstrafen verurteilt. Einer hatte einen Gastronomen aus dem Hinterhalt heraus mit einem Baseballschläger attackiert.

    Die Schlagzeilen konnten den „81ern“, wie sie in der Szene genannt werden, nicht recht sein. Eigentlich versuchten sie, an den Türen von Klubs und Diskotheken der Stadt die Macht zu übernehmen. Das ist ihnen aber bisher nicht gelungen, weil Polizei und Stadt inzwischen genau darauf achten, wer bei den Sicherheitsfirmen arbeitet. Rocker sind unerwünscht.

    Alte Taktik des Organisierten Verbrechens, sich als Teil der Gesellschaft zu präsentieren

    Ein Punkt, den Malchow für wichtig hält. „Es ist eine alte Taktik des Organisierten Verbrechens, sich in der Öffentlichkeit an bestimmten Stellen als Teil der Gesellschaft zu präsentieren.“ Genau dies sei den Hells Angels im Dunstkreis von Showbizz und Promi-Anwälten wiederholt gelungen. „Doch spätestens nach den jüngsten Ereignissen kann keiner später sagen, er habe nicht gewusst, mit welchen Leuten er sich da eingelassen hat.“

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