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Kommentar: Tatort Internet: Der Fehlgriff der Ministergattin

Kommentar

Tatort Internet: Der Fehlgriff der Ministergattin

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    Stephanie zu Guttenberg. Bild: dpa
    Stephanie zu Guttenberg. Bild: dpa Foto: DPA

    Stephanie zu Guttenberg verbündet sich mit "Bild" und RTL II, um potenzielle Verbrecher im "Tatort Internet" zu entlarven. Das ging gründlich schief. Jetzt bleibt der Ministergattin nur eins: Schadensbegrenzung.

    Bei "Tatort Internet" werden potenzielle Sexualverbrecher in die Falle gelockt. Schauspielerinnen spielen für RTL II den Lockvogel, geben sich in Chats als Minderjährige aus und lassen sich auf Annäherungsversuche von erwachsenen Männern ein. Kommt es dann zum Treffen, ist die Kamera mit dabei. Die Männer - verfremdet, in mindestens einem Fall aber dennoch kenntlich - werden von einer Kinderschützerin und einem TV-Team mit ihren Tun konfrontiert.

    Präsentiert wird die Verbrecherjagd des privaten TV-Senders vom früheren Hamburger Innensenator Udo Nagel, co-moderiert wird sie von der Ministergattin Stephanie zu Guttenberg, die von manchen Medien schon als Kanzlergattin in spe gefeiert wird.

    Genau dieses Engagement von zu Guttenberg ist allerdings das Problem. Denn spätestens seit der ersten Folge von "Tatort Internet" war klar, dass diese Sendung dem Ziel, Kindesmissbrauch über das Internet zu bekämpfen, eher schaden als nutzen würde.

    Tatsächlich ist bei "Tatort Internet" so ziemlich alles schief gegangen, was schief gehen konnte: Ein gefilmter Mann wurde nicht ausreichend verfremdet. Seine Daten waren schon kurz nach Sendung im Internet zu lesen - was genügte für die Hexenjagd. RTL II informierte die Strafverfolgungsbehörden offensichtlich über Monate hinweg nicht von seinen Rechercheergebnissen. Und ein Verdächtiger, ein Heimleiter aus Würzburg, ist sogar spurlos verschwunden. Man schließt nicht aus, dass die Sendung den Mann in den Suizid getrieben hat.

    Während die Bild-Zeitung zu Guttenberg mit immer neuen "Erfolgmeldungen" den Rücken frei hält ("Wieder zwei Sex-Ekel überführt"), mehrt sich die Kritik an der TV-Verbrecherjagd. Nach etlichen Zuschauerbeschwerden hat sich die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien eingeschaltet, prüft das TV-Format. Neben Medienrechtlern fordert unter anderem der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes Würzburg, Clemens Bieber, die Absetzung der Sendung. Er sei überzeugt, dass die Sendung nicht dazu diene, "Täter zur Strecke zu bringen und Kinder zu schützen", sagte Bieber.

    Selbst Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich mittlerweile eingeschaltet. "Hier ist ganz besondere Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Es besteht die Gefahr, dass Unschuldige angeprangert und große Schäden angerichtet werden und der Rechtsstaat in eine Schieflage gerät. Das ist ein hohes Risiko", sagte die FDP-Politikerin in einem Zeitungsinterview.

    Zweifellos, Stephanie zu Guttenberg hatte ein hehres Ziel, als sie bei "Tatort Internet" einstieg. Sie wollte auf ein Problem aufmerksam machen, die sexuelle Annäherung von Erwachsenen an Kinder und Jugendliche über das Internet. Das allerdings ist gründlich schief gegangen. Längst dreht sich die Debatte eher darum, wie sich ein privater TV-Sender mit Unterstützung einer Ministergattin zur privaten Polizeitruppe aufschwingt und die Existenzen von Menschen gefährdet, die zumindest strafrechtlich (noch) als Unschuldige gelten müssen.

    Das aber ist fatal. Zu Guttenberg sollte Schadensbegrenzung üben und die Zusammenarbeit mit "Tatort Internet" beenden. Es gibt bessere - und passendere - Plattformen für ihr Engagement.  

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