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Kommentar: Hype um "Horror-Clowns": Leute, jetzt reicht's

Kommentar

Hype um "Horror-Clowns": Leute, jetzt reicht's

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    Der Trend "Horror-Clown" ist aus den USA nach Europa übergeschwappt.
    Der Trend "Horror-Clown" ist aus den USA nach Europa übergeschwappt. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Sekunde für Sekunde werden es mehr. Mehr Kommentare, mehr Videoaufrufe, mehr besorgte Nachfragen. Die Spirale dreht sich immer schneller, als sich am Abend über Facebook Gerüchte von einem "Horror-Clown" verbreiten, der angeblich in Augsburg sein Unwesen treiben soll.

    Am Ende steht das Ergebnis: Da war nichts. Allenfalls eine Gruppe Jugendlicher, der es offenbar gefiel, auf einer Welle der Verunsicherung zu reiten. Oder die - das bleibt zu hoffen - schlichtweg nicht wusste, was sie da tat.

    Es ist vor allem diese Dynamik der Falschmeldungen und Fälscher, die die aktuelle Debatte um "Horror-Clowns" in Deutschland so sehr aufheizt. Rasend schnell verbreiten sich Informationen, die keine sind, sondern oft bewusst gestreute Gerüchte.

    Falschmeldungen sorgen für Panik

    Auf Facebook gibt es Gruppen mit Zehntausenden Mitgliedern, die aus kaum etwas anderem bestehen als aus Videos, die zeigen, wie man einen Baseballschläger am besten dazu einsetzt, einem Clown eine Tracht Prügel zu verpassen. Die dazu aufrufen, "Jagd" auf die - Zitat - "Killerclowns" machen. Und die gefälschten Nachrichten aufsitzen oder - was leider wahrscheinlich erscheint - sie bewusst verbreiten.

    Internetseiten wie 24aktuelles.com sind voll von solch erfundenen Geschichten. Sie berichten von Verbrechen, die es nie gab. Diese "Artikel" finden ihren Weg nur allzu schnell in die Welt von Facebook und Co. - in die News-Feeds einer eh schon aufgeheizten Menge.

    Dass im Kopf des besagten Internetportals groß "Erfinde deine eigenen Fake News und halte deine Freunde zum Narren!" geschrieben steht, geht dort vor lauter Panik viel zu oft unter. Nicht nur hier wird deutlich, dass es an der einen oder anderen Stelle schlichtweg an Medienkompetenz fehlt. Dass die Verbreitung der sozialen Netzwerke - so bereichernd sie sind - nicht Schritt hält mit dem Wissen, wie man sie verantwortungsvoll nutzt.

    Rollt die Panikwelle einmal, ist sie schwer einzufangen

    Jedem Heranwachsenden vorzuwerfen, er müsse wissen, was er mit der spontanen Idee, die Clownsmaske aus dem Schrank zu holen und damit eine Runde spazieren zu gehen, auslösen kann, ist schwierig. Fakt ist jedoch: Jeder einzelne Trittbrettfahrer befeuert die "Horror-Clown-Debatte" ein wenig mehr. Schürt Panik, verbreitet Unsicherheit.

    Die aufgeheizte Stimmung, die daraus entsteht, ist kaum einzufangen, wenn sie einmal lodert. In Berlin geht ein als Scherz gedachter Streich so weit, dass ein "Horror-Clown" notoperiert werden muss, nachdem ein Freund, der den Maskierten nicht erkannt hatte, mit einem Taschenmesser zustach.

    Trotz dieses schlimmen Vorfalls muss aber auch betont werden: Ja, es gab Vorfälle mit sogenannten "Horror-Clowns", die Verletzungen zur Folge hatten. Jeder einzelne davon ist schlimm. Wissen muss man aber auch: Bei den rund 110 Clown-Vorfällen, die etwa das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen jüngst im eigenen Bundesland gezählt hat, handelt es sich vor allem um Clownsichtungen. Zu körperlichen Übergriffen kam es nur bei einem Bruchteil der Fälle. Diejenigen, die hierbei Straftaten begangen haben, müssen sich unzweifelhaft ihrer Verantwortung stellen.

    Gerede vom "Clown-Krieg" hilft nicht

    Mit dem Trend "Horror-Clown" umzugehen, ist auch für Medien eine Gratwanderung. Denn mit jedem Bericht über einen vermeintlichen "Horror-Clown" könnten Nachahmer auf dumme Ideen kommen. Zugleich ist es unsere Aufgabe als Medien, dort für Aufklärung zu sorgen, wo Unsicherheit entsteht. Das geht nur, indem wir Klarheit schaffen, wo Gerüchte dominieren. Nicht reißerisch, sondern informierend. Und indem wir aufklären, was derjenige auslösen kann, der glaubt, er erlaube sich nur einen Scherz. Denn niemand kann im Voraus sicher wissen, wo das reine Erschrecken endet.

    Information, etwas mehr Gelassenheit und vor allem Vernunft ist das, was wir nun brauchen. Reißerische Schlagzeilen à la "Jetzt eskaliert der Clown-Krieg" tragen dazu nichts bei.

    Ebenso wenig wie diejenigen, die noch nicht verstanden haben, dass Scherze lustig sind - aber nur so lange, bis sie jemandem schaden.

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