Freunde von Wortspielen hat dieser späte Mittwochabend richtig glücklich gemacht. Nach dem so gut wie besiegelten "Brexit", dem Abschied Großbritanniens aus der Europäischen Union, nun also der "Rexit" ("Royal Exit"), der Abschied zweier scheinbar strahlender Königskinder vom königlichen Hof.
Wer nun einwendet, zwei so unterschiedliche Ereignisse hätten wahrlich nichts miteinander zu tun, hat ganz offensichtlich nichts verstanden. Denn die Parallelen sind bei näherem Hinschauen verblüffend.
Parallelen: Was der Brexit mit dem Rückzug von Harry und Meghan zu tun hat
Beide Entscheidungen - die Demission des Vereinigten Königsreichs aus der EU und die royale Frühverrentung von Harry und Meghan - sind selbst getroffene Entscheidungen. Beide wurden vom identischen Urinstinkt getrieben: der Sehnsucht nach Freiheit. Wer zu den echten Brexiteers zählte, dem war es jeder Preis wert, das als Unfreiheit empfundene „Joch aus Brüssel“ abzuschütteln. Harry und Meghan wiederum wollen künftig offensichtlich, fern von London, vor allem frei von den Zwängen des königlichen Hofes leben. „Andere treten zurück, weil sie mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen wollen“, schrieben Spötter in sozialen Netzwerken. „Diese beiden treten zurück, um weniger Zeit mit ihrer Familie verbringen zu müssen.“
Zuletzt aber ist auch die Gefühlsverfassung, in der Brexit und Rexit sich aller Beobachtung nach abspielen, vergleichbar. Die Brexit-Diskussion der vergangenen Jahre prägt eine Attitüde von „devil-may-care“, am besten verkörpert vom Spieler Boris Johnson - lasst es uns doch mal probieren, es wird schon was Gutes dabei raus kommen, egal was alle Warner sagen.
Ähnliches ist aus der Ankündigung von Harry und Megan, die immerhin auch eherne Traditionen brechen, heraus zu hören - gepaart mit einer Dose „YOLO“, einem Motto der jüngeren Generation, "you only live once". Du lebst nur einmal, also mach das Beste daraus, frei von Zwängen, und achte auch auf die Work-Life-Balance... (vor allem, wenn man in der Thronfolge eh immer weiter nach hinten rutscht und am Beispiel des gefallenen Onkels Andrew beobachten kann, wozu zu viel Freizeit am Hof führen kann).
Harry und Meghan und der Brexit: Die radikale Suche nach totaler Freiheit
Der Brexit brach radikal mit der Tradition eines außenpolitisch verantwortungsbewussten Königreichs, das sein Heil in Bündnissen suchte, auch dem mit Europa. Harry und Meghan brechen nun radikal mit einer Familientradition der Pflichterfüllung idealerweise bis zum Tod - wie vorgelebt von der Großmutter, die noch mit 93 Jahren jeden roten Teppich abmarschiert und nicht einmal daran denkt, ihrem auch schon im Rententalter befindlichen Sohn Charles den Thron zu überlassen.
Im Brexit wie im Rexit hat die radikale Suche nach totaler Freiheit gesiegt über die als bedrückend und einengend empfundene Verpflichtung zur Pflichterfüllung. Man muss das gar nicht bewerten, man muss nur konstatieren: Vielleicht noch nie tickten Briten und einzelne Mitglieder des britisches Königshauses so ähnlich in Sachen Zeitgeist.
Lesen Sie dazu auch den ausführlichen Hintergrund: Harry und Meghan wollen keine Royals mehr sein