Ist der Juli 2020 ein Hochfest für die Weltraumforschung? Die zweifelsohne zahlreichen Freunde der Raumfahrt könnten es auf den ersten Blick meinen. Denn erst in dieser Woche brachten Amerikaner ihren Rover „Perseverance“ auf den Weg zum Mars. Er soll in dem 49 Kilometer messenden Jezero-Krater landen – in der Nähe eines 3,5 Milliarden Jahre alten, heute ausgetrockneten Flussdeltas. Und dort nach Spuren außerirdischen Lebens – dabei geht es sicher in erster Linie um Mikroben und nicht etwa um eine marsianische Hochkultur – suchen.
Doch die Amerikaner sind nicht die Einzigen, die sich gerade mit unbemannten Raumschiffen auf den Weg zum Roten Planeten gemacht haben. Am 20. Juli wurde die Raumsonde „Al-Amal“ (arabisch für „Die Hoffnung“) der Vereinigten Arabischen Emirate mit einer japanischen Trägerrakete ins All geschossen. Die Sonde soll zwar nicht auf dem Mars landen, aber in bisher nicht gekannter Genauigkeit die Atmosphäre unseres Nachbarplaneten untersuchen. Die Araber wollen die Daten dann der wissenschaftlichen Welt frei zur Verfügung stellen.
Im All sind die Spannungen zwischen Russland und dem Westen ausgesetzt
Und zudem kamen am 23. Juli noch die Chinesen ins Spiel. Sie schickten die Sonde „Tianwen-1“ („Himmelsfrage-1“) los, die – wie bei der Mission der Amerikaner – ebenfalls einen Rover mit sich führt, der auf dem Mars zur Landung gebracht werden soll. Alle drei Missionen werden wohl im Februar 2021 am Ziel sein. Die Häufung der Missionen ist darauf zurückzuführen, dass Mars und Erde gerade in einer günstigen Konstellation zueinander stehen. Die Chinesen wollen dem Vernehmen nach ihre Erkenntnisse aber der Welt nicht frei zugänglich machen. Sie werden zunächst unter Verschluss gehalten. Und damit wären wir nun bei einem heiklen Thema.
Denn eigentlich gibt es in puncto Raumfahrt etwas, das sehr hoffnungsfroh stimmen könnte. Blicken wir etwa zur Internationalen Raumstation ISS, arbeiten dort Europäer, Nordamerikaner, Japaner und Russen einträchtig zusammen – egal, welche Spannungen gerade zum Beispiel zwischen dem Westen und Russland auf der Erde herrschen. Ein schönes Zeichen. Das doch vorbildlich für die Welt sein könnte. Leider wird dieses schöne Zeichen immer wieder vorsätzlich verschmutzt. So scheitert der gut nachvollziehbare Wunsch der Chinesen, ebenfalls bei der ISS dabei sein zu dürfen, am Veto der Vereinigten Staaten. Und nun droht die Erforschung des Roten Planeten, der vielleicht in diesem Jahrhundert erstmals von Menschen betreten wird, ebenfalls zu einem Jahrmarkt nationaler (Raumfahrt-)Eitelkeiten zu verkommen.
Was heute noch nach Science-Fiction klingt, ist in 200 Jahren vielleicht Normalität
Eitelkeiten, die überflüssig und viel zu teuer sind. Denn Marsmissionen kosten Unsummen an Geld. Anstatt dass jede halbwegs ambitionierte Raumfahrtnation beginnt, ihr eigenes Süppchen zu kochen, sollten sich die Länder dieser Erde lieber zusammentun, um dieses wohl besonders ehrgeizige Menschheitsprojekt zu stemmen. Bei der ISS geht das ja – zumindest teilweise – auch. Wichtig wäre dabei vor allem, dass sich die Amerikaner nicht wieder einbilden, dass sie bei einem solchen übernationalen Vorhaben die gewohnte erste Geige spielen dürfen.
Zwar kann man grundsätzlich infrage stellen, ob eine Marsmission angesichts der Probleme auf der Welt überhaupt Sinn macht. Aber an dieser Stelle muss man womöglich in größeren Kategorien denken. Was heute noch nach Science-Fiction klingt, ist in 200 Jahren vielleicht schon Normalität. Nämlich, dass der Mensch neben der Erde eine weitere Welt besiedelt. Und der einzige der acht Planeten in unserem Sonnensystem, der dafür geeignet scheint, ist der Mars.
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