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Kommentar: Das Fernsehen ist nicht tot - aber es muss sich ändern

Kommentar

Das Fernsehen ist nicht tot - aber es muss sich ändern

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    Das Fernsehen ist nicht tot - es stirbt aber aus, falls es sich nicht verändert. Ein Kommentar.
    Das Fernsehen ist nicht tot - es stirbt aber aus, falls es sich nicht verändert. Ein Kommentar. Foto: Monika Skolimowska/dpa

    Im ZDF behaupten sie „Wir lieben Fernsehen!“ – und senden dann in der gleichnamigen vierteiligen Show zum Jubiläum „50 Jahre Farbfernsehen“ eine lieblose Aneinanderreihung von Archivschnipseln und Promi-Geplaudere. Selbstbeweihräucherung ist diese Feier der Vergangenheit obendrein.

    In der ARD dagegen wollte man kürzlich Jungwähler erreichen, indem man den berufsjugendlichen „Tagesthemen“-Moderator Ingo Zamperoni und die 25-jährige Bloggerin und Journalistin Ronja von Rönne die Polit-Talkshow „Überzeugt uns!“ moderieren lässt.

    In der hecheln die beiden mit sieben Spitzenpolitikern durch die Wahlkampfthemen, schneiden jedem Gast nach zwei Sätzen das Wort ab und bekommen deshalb allenfalls Plattitüden und Slogans zu hören. Ab und an werden Kommentare von Internetnutzern vorgelesen. Der Informationsgehalt geht gegen Null und es entsteht der Eindruck, dass die ARD vollends den Bezug zum – jüngeren – Publikum verloren hat.

    Wer wissen will, woran das Fernsehen krankt, „Überzeugt uns!“ und „Wir lieben Fernsehen!“ (und so manches mehr, das in den Privatsendern läuft) sind die Antwort.

    Der Medienwandel trifft das Fernsehen besonders hart

    Aber ist Fernsehen im Jahr 2017 tatsächlich so? Einfallslos, belanglos, ein fortwährendes Ärgernis? Ja und Nein. Ja, weil das die Sender, gerade auch die öffentlich-rechtlichen mit ihren Milliarden aus dem Rundfunkbeitrag, täglich vorführen. Nein, weil sich täglich auf allen Sendern relevante Inhalte finden. Gut recherchierte, informative Beiträge, die einen Nutzen für den Zuschauer haben. Samt Unterhaltung auf einem Niveau, das über dem einer dieser inflationären Quiz- und Quasselshows liegt.

    Um Relevanz sollte es den Verantwortlichen künftig stärker gehen, nicht in erster Linie um Einschaltquoten. Sonst ereilt dem herkömmlichen, linearen Fernsehen tatsächlich in absehbarer Zeit jener Tod, der ihm in den letzten Jahren mehrfach vorausgesagt wurde.

    Noch ist es nicht so weit, aber der „Medienwandel“ trifft das Fernsehen besonders hart. Weil dieser Wandel nicht nur ein technischer ist wie vor 50 Jahren, als es um die Umstellung von Schwarz-Weiß auf Farbe ging. Er betrifft unser gesamtes Kommunikationsverhalten. Das (mobile) Internet hat es tief greifend verändert. Bewegtbildinhalte werden längst auf Smartphone, Tablet oder Computer genutzt. Was, wann und so viel man will.

    Auf Jugendliche wirkt ein Fernseher so exotisch wie ein Festnetztelefon

    Zudem drängen Mitbewerber auf den Markt. Diese Streamingdienste oder Pay-TV-Sender bieten ihren Kunden etwas, wofür diese zu zahlen bereit sind – seien es aufwendig produzierte Serien oder Sportereignisse, deren Übertragungsrechte sie für viel Geld erworben haben. Das herkömmliche, lineare Fernsehen, das Fernsehgerät, wirken da wie Auslaufmodelle und auf Jugendliche so exotisch wie ein Festnetztelefon.

    Dennoch wird Fernsehen eine Zukunft haben. Wenn es sich nicht damit zufrieden gibt, Dauerberieselung beim Bügeln oder Einschlafhilfe zu sein. Wenn es die Chancen ergreift, die es hat: Bewegtbilder werden auch und gerade im Internet stark nachgefragt; nach wie vor gelingt es dem Fernsehen mit einer Sendung Millionen Menschen zu erreichen, die das Fernsehgerät überdies als zentrales „Möbelstück“ in ihren Wohnzimmern haben. Bereits heute sind „Smart TV“ mit dem Internet und dessen Möglichkeiten verbunden; in Zeiten von Fake News ist hochwertiger und zuverlässiger Journalismus wichtig und gefragt.

    Selbst das herkömmliche, lineare Fernsehen kann überleben. Wer will sich schon immer durchs Internet klicken müssen? Es liegt an den Sendern, was sie daraus machen. Hoffentlich mehr als aus dem Jubiläum „50 Jahre Farbfernsehen“.

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