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Kommentar: Corona-Krise: Warum Eltern auf Twitter die falsche Rechnung aufmachen

Kommentar

Corona-Krise: Warum Eltern auf Twitter die falsche Rechnung aufmachen

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    Der Hashtag #coronaelternrechnenab trendet auf Twitter. Doch Eltern, die dem Staat ihre Betreuungsleistungen in Rechnung stellen wollen, verhalten sich nicht fair.
    Der Hashtag #coronaelternrechnenab trendet auf Twitter. Doch Eltern, die dem Staat ihre Betreuungsleistungen in Rechnung stellen wollen, verhalten sich nicht fair. Foto: Mascha Brichta, dpa-tmn (Symbolbild)

    Wer das Grundgesetz aufschlägt, muss nicht lange blättern, um zu erkennen, wie die Rolle der Eltern in Deutschland definiert ist. In Artikel 6 steht da in unmissverständlichen Worten: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht."

    Corona-Krise: Eltern stellen den Kultusministerien auf Twitter Rechnungen

    Dieser Verantwortung sind sich scheinbar nicht alle Eltern bewusst - anders ist nicht zu erklären, wie der Hashtag #coronaelternrechnenab, der aktuell auf Twitter trendet, so viel Zuspruch erhalten kann. Die Idee: In amtlich anmutenden Rechnungsvorlagen weisen Eltern ihre Betreuungsleistungen der vergangenen Wochen aus und rechnen diese - ganz selbstverständlich - bis auf den Cent genau ab. Pflege und Erziehung - so der Tenor der Tweets - sind Dienstleistungen. Und für die soll der Staat bitteschön bezahlen.

    Die Initiatorinnen des Hashtags, die Mama-Bloggerinnen Rona Duwe, Sonja Lehnert und Karin Hartmann, begründen die Aktion auf dem Blog phoenix-frauen.de damit, die Behörden "in der politischen Verantwortung, sichere und stimmige Konzepte zu entwickeln" nicht kostenlos entlasten zu wollen. Der Staat komme - man höre und staune - seinem Bildungsauftrag nicht mehr nach und ignoriere das Recht der Eltern auf einen Kita-Platz, während Autoindustrie und Fußball-Bundesliga "durch die Krise getragen" würden.

    #coronaelternrechnenab: Kommt der Staat seinem Bildungsauftrag nicht nach?

    Aus Elternsicht kann man die Frustration, die hinter der Aktion steckt, durchaus verstehen - auch dieser Artikel entsteht im Home-Office, während die Spülmaschine laut brummt und die Kleine noch lauter schreit. Häufig bleiben die Erziehungsaufgaben an den Müttern hängen, die dafür teilweise auf Lohn verzichten. Den Stress und die Verluste der vergangenen Wochen irgendwie zu quantifizieren - das ist eine Sache.

    Eine andere Sache ist es jedoch, zu behaupten, der Staat würde seinem Auftrag zur Bildung nicht nachkommen, wenn gleichzeitig hunderttausende Lehrkräfte an allen Schularten in Deutschland mit den Mitteln des Fernunterrichts dafür sorgen, dass ihre Schüler gut durch die Krise kommen.

    Die Wiederöffnung der Schulen ist eine Großaufgabe

    Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Die deutschen Kultus- und Familienminister haben schnell reagiert, verhältnismäßig geräuschlos in den Notfall-Modus geschaltet und dafür gesorgt, dass Schüler auch von zu Hause aus ihre Schulpflicht wahrnehmen können. Dass dafür ein Mindestmaß an Unterstützung der Eltern notwendig ist, sollte eigentlich selbstverständlich sein - oder haben jene Mamas und Papas, die sich auf Twitter in Frakturierung üben, vergessen, dass es ihre eigenen Kinder sind, die letztlich von ihrer Hilfe profitieren?

    Man würde die Eltern, die auf Twitter und in bösen Briefen an die Kultusminister der Länder Geldforderungen erheben, gerne fragen, ob es nicht auch für sie lohnend wäre, Staat und Behörden in der aktuellen Notlage mit unnötiger Post zu verschonen. Die Wiederöffnung von Schulen und Betreuungseinrichtungen ist eine logistische Großaufgabe und unterzieht das System einem Stresstest. Je schneller die Probleme gelöst sind, desto eher können Kinder und Jugendliche wieder zusammen spielen und lernen - ohne, dass ihre Eltern zu viel wertvolle Zeit investieren müssen.

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