Zum vierten Mal seit 1999 hat sich eine umfangreiche Studie, der "MDG-Trendmonitor", mit dem Zustand der katholischen Kirche befasst. Wie denken Katholikinnen und Katholiken über sie? Woran genau glauben sie? Die Antworten müssen Kirchenverantwortliche schockieren - und sollten sie aufrütteln. Denn diese 413 Seiten haben es in sich.
Studie zeigt schonungslos: Kirche muss endlich dort sein, wo die Menschen sind
Sie zeichnen ein realistisches Bild. Aber sie geben - im besten Fall - auch jedem Bischof, jedem Priester, jedem Kirchenmann und jeder Kirchenfrau Hinweise darauf, was sie ändern könnten, um bei den eigenen Kirchenmitgliedern sowie in der breiten Öffentlichkeit wieder durchdringen zu können. Ihnen führt die Studie schonungslos vor Augen, dass Kirche (endlich und wesentlich stärker) dort sein muss, wo die Menschen sind. In Gotteshäusern sind die Menschen jedenfalls so gut wie nicht mehr. Will Kirche gehört werden, muss sie präsent sein - "im Internet" wie weitaus mehr im öffentlichen Raum, in öffentlichen Debatten. Bischöfe in Talkshows - ja warum denn nicht!
Vor allem aber dürfen Kirchenverantwortliche folgende Erkenntnisse nicht beiseite wischen oder gar eine Zukunft der Kirche als kleine Herde (wirklich Überzeugter) propagieren:
46 Prozent beklagen, dass Frauen von der Kirche nicht ausreichend anerkannt werden.
- Gut jeder dritte befragte Katholik ab 14 Jahren hat schon einmal mit dem Gedanken gespielt, aus der Kirche auszutreten. Es sei weiterhin mit Austrittszahlen auf hohem Niveau zu rechnen.
- Die Glaubensüberzeugungen von Katholiken decken sich nur zum Teil mit den Dogmen der katholischen Kirche. Nur 74 Prozent der Befragten glauben an Gott; nur 55 Prozent, dass es ein Leben nach dem Tod gibt.
- 59 Prozent der befragten Katholiken haben den Eindruck, dass die Kirche die Aufklärung von Missständen in den eigenen Reihen verhindere.
- 46 Prozent beklagen, dass Frauen von der Kirche nicht ausreichend anerkannt werden.
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Sie zeigt: Zwischen katholischer Kirche und Kirchenmitgliedern hat sich eine Lücke aufgetan, die nur schwer zu überbrücken scheint.
Ist also alles schlecht, alles fatal, alles hoffnungslos? Mitnichten! Nach wie vor suchen ungezählte Menschen nach Antworten auf die großen Fragen des Lebens, nach Sinnstiftung und Hoffnung. Der Anteil der Menschen, die sich selbst als "religiös" beschreiben, ist, so die Studie, über die letzten rund 25 Jahre bemerkenswert stabil geblieben. Die katholische Kirche kann und hat ihnen einiges anzubieten, allen Skandalen und innerkirchlichen Lagerkämpfen zum Trotz. Es ist die Frohe Botschaft. Sie wird angesichts der bitteren Botschaften für und aus der katholischen Kirche allerdings in vielen Fällen überhört. Das aber lässt sich durchaus ändern.