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Kommentar: ARD und ZDF hilft nur eine echte Programmreform

Kommentar

ARD und ZDF hilft nur eine echte Programmreform

Daniel Wirsching
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    ARD und ZDF rücken beim Digital-Angebot enger zusammen - aber noch nicht eng genug.
    ARD und ZDF rücken beim Digital-Angebot enger zusammen - aber noch nicht eng genug. Foto: Soeren Stache, dpa

    Die Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine der polemischsten, die hierzulande geführt wird. Welchen gefährlichen Abgrund sie erreicht hat, demonstrierte jüngst Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen. Der CDU-Bundestagskandidat forderte eine Überprüfung der charakterlichen Eigenschaften von „Tagesschau“-Redakteuren und raunte von Verbindungen in die „linksextreme Szene“ – nur ein Beispiel für die Diffamierung des seriösen Journalismus insgesamt.

    Nun ist es natürlich nicht so, dass jegliche Kritik an ARD, ZDFundDeutschlandradiopolemisch wäre. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem, das jährlich mit acht Milliarden Euro Beitragsgeldern finanziert wird, herrscht enormer Reformbedarf. Und hier wird es verlogen: Es ist eben an einen umfangreichen Auftrag gebunden und hat der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Da ist alles drin – vom „Traumschiff“ mit Silbereisen bis zum Politmagazin – und alles hat sein Publikum.

    Eine siebenstündige Doku im Hauptprogramm, wie sie ProSieben zum Thema Krankenpflege zeigte? Undenkbar!

    Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme zählt ebenso: dass „die“ Politik die Öffentlich-Rechtlichen beauftragt; dass Parlamente über ihre Rahmenbedingungen entscheiden und

    Bei der ZDF-Intendantenwahl vor wenigen Tagen war viel die Rede von Profilbildung und formatsprengenden Inhalten. Doch dafür fehlten Verantwortlichen stets Mut und Konsequenz. Eine siebenstündige Doku im Hauptprogramm, wie sie ProSieben zum Thema Krankenpflege zeigte? Undenkbar! Dabei reichte es für den Anfang, würden die Öffentlich-Rechtlichen ihre Stärken ausspielen und sich nicht in Kleinstaaterei und Konkurrenzdenken verlieren. Mit dem Ergebnis, dass immer mehr vom Gleichen angeboten wird: noch mehr Krimis, noch mehr Quizshows...

    Unbegreiflich: die geplante Verschiebung des ARD-Auslandsmagazins „Weltspiegel“

    Der Blick aufs TV-Programm ist ja auch deshalb so ernüchternd, weil ARDund ZDFunter ihren Möglichkeiten bleiben. Das fällt auf, wenn man sieht, was Öffentlich-Rechtliche in anderen Ländern mit kleineren Budgets zu produzieren imstande sind.

    Und dass Dokus, Politmagazine oder Reportagen – die unter keinem Quotendruck stehen müssten und imageprägend sind – spätabends oder in Spartenkanälen versendet werden, ist unbegreiflich. Wie aktuell die geplante Verschiebung des ARD-Auslandsmagazins „Weltspiegel“ vom Sonntagvorabend auf den Montagabend kurz vor 23 Uhr.

    Der gerne benutzte Verweis auf die Mediatheken hat da eine Alibi-Funktion. Denn es muss um Sichtbarkeit und die richtige Schwerpunktsetzung gehen. Mit Programmkosmetik ist es also nicht getan. Nötig ist eine echte Programmreform. Und die bestünde in einer klaren Abgrenzung der austauschbar wirkenden Programme: Die ARD müsste stärker ihre regionale Verwurzelung deutlich machen, das ZDF könnte mit Filmen und Serien punkten. Sie bestünde in Profilbildung, Konzentration und Kooperation.

    Eine Fusion von ARD und ZDF braucht es nicht. Publizistische Vielfalt und Unabhängigkeit sind wichtiger denn je

    Braucht es sechs ARD-Politmagazine? Nein, aber wie wäre es – wie kürzlich ähnlich vorgeschlagen – mit einem täglichen, ausführlichen Politmagazin im Ersten? Braucht es ein unübersichtliches Nebeneinander der Mediatheken? Nein, aber wie wäre es mit einer „Super-Mediathek“, die die Konkurrenz von Netflixund Co. nicht scheuen müsste? Und wie wäre es, wenn mal die ausgezeichneten Serien, die auf ZDFneooder in einer der Mediatheken versteckt werden, in der Hauptsendezeit liefen?

    Was Programmverantwortliche als Revolution empfinden dürften, wäre der Weg zu einem besseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch akzeptierter wäre. Eine Fusion von ARD und ZDF braucht es dazu nicht. Publizistische Vielfalt und Unabhängigkeit sind in Zeiten, in denen Polemik und Verlogenheit das gesellschaftliche Klima vergiften, wichtiger denn je.

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