Geseke (dpa) - Die Deutschen legen wieder mehr Wert auf gutes Benehmen. Die Deutsche Knigge-Akademie stellt nach Worten ihres Vorstandsvorsitzenden Hans-Michael Klein in den vergangenen Monaten ein steigendes Interesse an Benimm-Kursen fest.
"In Zeiten der Krise gibt es offenbar eine Rückbesinnung auf Altbewährtes, das den Menschen Halt gibt.", sagte Klein in Geseke (Kreis Soest). Dort hatte der Vorstand der "Kniggologen" die Änderungen der Benimm-Regeln für 2009 festgelegt. So darf man wieder mit einem "Gesundheit" auf einen Nieser seines Gegenüber reagieren und wer am Tisch "Guten Appetit" wünscht, handelt auch nicht mehr gegen den guten Ton.
Bisher sollte laut der Benimm-Bibel ein Nieser höflich überhört werden. "Das 'Gesundheit-Wünschen' ist zwar historisch nicht richtig interpretiert, weil es aus der Zeit der Tuberkulose-Epidemien stammt und das Gegenüber sich durch den Wunsch selber vor Ansteckung schützen wollte", erklärt Klein. Nun aber nehme der "Knigge" das auf, was im alltäglichen Umgang normal ist. Ein Niesender entschuldige sich jetzt wieder und das Niesen wird nicht mehr länger freundlich übergangen.
Im Umgang zwischen Mann und Frau bleibt alles beim Alten: Der Vorstoß Kleins, "das 'Verwöhnprogramm' für Frauen" mit dem Aufhalten von Türen und der Hilfe mit dem Mantel komplett abzuschaffen, weil dies nicht mehr in die Zeit der Emanzipation passe, wurde von seinen 16 Vorstandskollegen abgelehnt. Im Privaten ist damit weiterhin der ganze Gentleman gefragt: "Höflichkeit gegenüber der Damenwelt bleibt immer noch ein Zeichen von Respekt, Stil und Kultiviertheit", unterstrich Klein.
Auf ihrer Tagung befassten sich die "Kniggologen" auch mit der Etikette beim Schreiben von Emails. "Es ist eine Unsitte, anonyme Emails zu schreiben", sagte Klein. Die Höflichkeitsformel, einen Brief mit einem korrekten Absender und Telefonnummer zu versehen, sei im elektronischen Schriftverkehr in Vergessenheit geraten.
Aus Satzzeichen zusammengesetzte Gesichter, sogenannte "Emoticons", sind für die Benimm-Wächter ein Ausdruck totaler Sprachlosigkeit. "Lasst diese blöden Smileys weg", forderten sie. Man müsse doch so schreiben können, dass die Ironie zwischen den Zeilen verständlich werde.