Die beiden hochrangigen Bischöfe, die in der ersten Junihälfte eine Apostolische Visitation des Erzbistums Köln durchführen sollen, sprechen nach Informationen unserer Redaktion auch mit Missbrauchsbetroffenen. Die Visitatoren werden an diesem Montag in Köln erwartet, gleich am Dienstagvormittag haben sie einen Gesprächstermin mit vier früheren Mitgliedern des Kölner Betroffenenbeirats. Das Gespräch soll eine Stunde dauern, hieß es aus dem Kreis der Betroffenen.
Ein Sprecher des Erzbistums Köln sagte am Montagmittag zudem auf Anfrage unserer Redaktion, dass Kardinal Rainer Maria Woelki in der Düsseldorfer Gemeinde St. Margareta wie geplant am Mittwoch, 9. Juni, eine Firmung durchführen werde. Pressesprecher Oliver Schillings sagte: „Kardinal Woelki hält die Firmung. Die Firmlinge und deren Eltern haben sich dafür ausgesprochen.“ Schillings sagte zudem, er glaube nicht, dass es vor Ort Protestaktionen geben werde.
Woelki-Kritiker hatten dem Kölner Kardinal die "Rote Karte" gezeigt
Dies hatten die Initiatoren eines Offenen Briefes und Organisatoren einer Protestaktion bereits zugesichert. Sie würden „wie angekündigt am Tag der Firmung auf jegliche Aktion verzichten“, erklärten sie in der „Wocheninfo“ der Kirchengemeinde. „Den Firmlingen und ihren Familien wünschen wir ein erfüllendes Fest und Gottes Segen.“ Dass es zu keinen Protesten kommen soll, bestätigte am Montag auch einer der Initiatoren, Peter Barzel, am Telefon. "Ich bedauere, dass Kardinal Woelki an der Firmung festhält. Ich hätte mir einen geschützteren Rahmen für die Firmung gewünscht, weil sein Schritt nun ein großes, auch mediales Interesse provozieren wird", sagte er.
Über die geplante Firmung wurde bundesweit berichtet, nachdem Gemeindemitglieder, aber auch in der katholischen Reform-Initiative Maria 2.0 engagierte Gläubige Woelki scharf für dessen Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert hatten. „Wir zweifeln nicht nur an unserer Kirchenleitung – wir haben das Vertrauen in Sie als Bischof verloren. Sie sind für uns – leider – nicht mehr glaubwürdig“, schrieben sie ihm in dem Offenen Brief und forderten ihn dazu auf, von der Firmung abzusehen. Als Woelki am 27. Mai zu einem Gespräch mit seinen Kritikern kam, zeigten ihm Dutzende symbolisch die „Rote Karte“.
Der Pfarrer von St. Margareta, Oliver Boss, appellierte an seine Gemeinde zusammenzubleiben. Für die Firmlinge solle es „eine intensive Feier werden, die nicht durch kircheninternen Streit beeinträchtigt ist“.
Die Verwerfungen im Erzbistum Köln sind groß
Die Verwerfungen im Erzbistum Köln sind groß. Papst Franziskus hat daher Anders Kardinal Arborelius OCD, Bischof von Stockholm, und den Bischof von Rotterdam, Johannes van der Hende, in das Erzbistum entsandt. Ihr Auftrag ist es nach den Worten Woelkis, „sich vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum zu verschaffen und gleichzeitig eventuelle Fehler im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs zu untersuchen“.
Woelki, der erklärtermaßen Missbrauchsfälle vorbehaltlos aufklären wollte, hatte ein erstes Gutachten unter Verschluss nehmen lassen, seinen eigenen Betroffenenbeirat nach Sicht von Betroffenen und Beobachtern gespalten und sich auf den Standpunkt zurückgezogen, dass ihm straf- und kirchenrechtlich nichts anzulasten sei.
Kirchengremien wie Klerus sprachen ihm öffentlich das Misstrauen aus. Sie glauben nicht daran, dass ein Neuanfang mit ihm noch möglich ist. Woelki ließ zuletzt am Sonntag in einer Videobotschaft keinen Zweifel daran, dass er im Amt bleiben und die Missbrauchsaufarbeitung vorantreiben wolle.
Visitatoren werden auch mit Missbrauchsbetroffenen sprechen
Am Gespräch mit den Visitatoren wird nach Informationen unserer Redaktion am Dienstag unter anderem Patrick Bauer teilnehmen. Er hatte im vergangenen Herbst aus Verärgerung über Woelkis Vorgehen als einer der Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats das Gremium verlassen – und mit ihm weitere Mitglieder.
Sie hätten sich von dem Kardinal und dessen Generalvikar Markus Hofmann überrumpelt und instrumentalisiert gefühlt. In einer „gemeinsamen Erklärung“ hatten Erzbistum und Betroffenenbeirat im Oktober 2020 erklärt, ein von Woelki selbst beauftragtes Gutachten einer Münchner Kanzlei wegen methodischer Mängel nicht zu veröffentlichen und ein neues, das sogenannte Gercke-Gutachten erstellen zu lassen. Der Betroffenenbeirat stehe hinter dieser Entscheidung, die „nach gemeinsamer intensiver Beratung getroffen wurde“, hieß es damals.
Bauer sagte später dem Bonner General-Anzeiger, sie seien in der entscheidenden Sitzung von Juristen „völlig überrannt“ worden. „Wir wurden unvorbereitet mit Entscheidungen konfrontiert und vorgeführt.“
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