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Kirche: Papst-Rücktritt: Wussten die Kardinäle Bescheid?

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Papst-Rücktritt: Wussten die Kardinäle Bescheid?

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    Völlig unerwartet hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt angekündigt. Er werde sein Pontifikat am 28. Februar abgeben, sagte das 85-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche gestern vor Kardinälen in Rom und nannte schwindende Kräfte als Grund.

    Gerüchte um schwere Krankheit dementiert

    Weltweit wurde die Entscheidung mit Überraschung, aber auch mit großem Respekt aufgenommen. Aufkommende Gerüchte um eine schwere Krankheit des Pontifex wurden am Nachmittag vom Vatikan dementiert. Möglichst noch vor Ostern soll ein Nachfolger für Benedikt XVI. gewählt sein.

    Papst Benedikt XVI.: Ein Rücktritt zum Wohl der Kirche

    In seiner Ansprache in lateinischer Sprache sagte der Papst, er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen. Er habe lange über seine Entscheidung nachgedacht und sie zum Wohl der Kirche getroffen. Wer vom Vatikan aus die Weltkirche mit weit über einer Milliarde Katholiken leiten wolle, brauche sowohl "die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes".

    Die Kardinäle schwiegen. War wirklich niemand eingeweiht?

    Im vatikanischen Konsistoriumssaal wurden die Sätze des Papstes schweigend aufgenommen. Die versammelten Kardinäle reagierten fassungslos. Zuletzt hatte vor mehr als 700 Jahren ein Papst freiwillig sein Amt niedergelegt.

    Ob tatsächlich keiner im Kardinalskollegium in Benedikts Pläne eingeweiht war, blieb unklar. Eine ausgefeilte Rede des Kardinals Angelo Sodano im Anschluss an die Erklärung des Papstes ließ Zweifel daran aufkommen. Vatikansprecher Federico Lombardi beteuerte später allerdings, der Papst habe "uns ein wenig überrumpelt".

    Papst hatte für 2013 keine Reisen geplant

    Wann er seine Entscheidung getroffen hat, sagte der Papst nicht. Audienzbesucher berichteten zuletzt immer wieder von einem hellwachen, an seinen Gesprächspartnern interessierten Kirchenoberhaupt.

    Allerdings war Vatikan-Experten in den vergangenen Monaten aufgefallen, dass für das Jahr 2013 noch keinerlei Reisepläne des Pontifex veröffentlicht wurden.

    Papst Benedikt: Stationen seines Lebens

    Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.

    Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.

    Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.

    1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.

    Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.

    1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".

    Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.

    Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.

    Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.

    2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.

    2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.

    Viele Gegner lernten Papst Benedikt schätzen

    Schon kurz nach der Ankündigung des Papstes zogen Politiker und Theologen Bilanzen der Amtszeit Benedikts. Der Tenor war positiv.

    Befürchtungen des Reformflügels in der katholischen Kirche, dass Ratzinger seinem Ruf als konservativer Hardliner an höchster Stelle alle Ehre machen würde, hätten sich als größtenteils voreilig erwiesen. Viele seiner früheren Gegner hatten seine neue Offenheit schätzen gelernt.

    Respekt für die persönliche Entschuldigung bei den Opfern des Missbrauchsskandals

    Anerkennung erwarb sich Benedikt XVI. durch seinen glaubwürdigen Einsatz für die Aufklärung des Missbrauchsskandals. Insbesondere die persönliche Entschuldigung bei den Opfern brachte ihm Respekt ein. Kritiker - gerade auch in Deutschland - bemängelten hingegen, dass der Prozess der Ökumene unter Benedikt XVI. kaum neue Impulse erhalten hat.

    Problematischer Annäherungsversuch mit der Piusbruderschaft

    Als problematisch galt zudem der Versuch des Papstes, die konservative Piusbruderschaft zurück in den Schoß der Mutterkirche zu führen.

    Die Initiative beschädigte zwischenzeitlich das Ansehen des Pontifex, da in der Bruderschaft auch antisemitische Strömungen geduldet wurden. mit dpa, epd

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