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Kirche: Jesuitenpater Klaus Mertes hält Woelki für gescheitert

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Jesuitenpater Klaus Mertes hält Woelki für gescheitert

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    Jesuitenpater Klaus Mertes hatte als ehemaliger Rektor des Berliner Canisius-Kollegs Fälle von sexuellem Missbrauch publik gemacht und so eine bundesweite Aufdeckungswelle angestoßen.
    Jesuitenpater Klaus Mertes hatte als ehemaliger Rektor des Berliner Canisius-Kollegs Fälle von sexuellem Missbrauch publik gemacht und so eine bundesweite Aufdeckungswelle angestoßen. Foto: Marius Becker, dpa (Archivbild)

    Der für seinen Beitrag zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen mit dem Bundesverdienstkreuz geehrte Jesuitenpater Klaus Mertes kritisiert den umstrittenen Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki deutlich. „Ich glaube, er tritt deswegen nicht zurück, weil er sein Scheitern nicht sieht“, sagte er unserer Redaktion. „Er versteht sich als ein aufgeklärter Monarch, der alles gut und richtig machen will und auch getan hat, abgesehen von einigen verzeihlichen Fehlern.“

    Woelki sei im Umgang mit Missbrauchsfällen und Betroffenen gescheitert, sagte der 66-Jährige. Offen sei nun, ob auch die beiden Apostolischen Visitatoren, die im Juni, vom Papst geschickt, in Köln waren, dies auch so sähen. Würde Papst Franziskus Woelki in Köln im Amt lassen, würde, so Mertes, das Vertrauen weiter erodieren, und zwar auch das in den Vatikan. „Es geht ja auch um das System Meisner, aus dem Woelki kommt, und das besonders eng mit Rom kooperierte.“

    Über das vom Papst nicht angenommene Rücktrittsangebot des Münchner Erzbischofs Reinhard Kardinal Marx erlaubt sich Pater Mertes nach eigenen Worten „den Luxus, dazu keine Meinung zu haben“ – das wäre Kaffeesatzleserei. Bemerkenswert finde er aber, dass Marx kürzlich nach Garching an der Alz gegangen sei, um vor Ort um Entschuldigung für den Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauchstäter Priester Peter H. zu bitten. Peter H. wurde alleine 20 Jahre in Garching an der Alz eingesetzt. Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., hatte 1980 als Erzbischof von München und Freising dem Umzug des pädophilen Priesters in sein Erzbistum zugestimmt.

    Klaus Mertes hatte Missbrauchsfälle öffentlich gemacht

    Jesuitenpater Mertes sagte unserer Redaktion zu der Entschuldigungsbitte von Marx: „Marx hat damit auch den Schutzmantel weggenommen, der bisher über Joseph Ratzinger, den inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI., ausgebreitet war.“ Das Ratzinger-Bild vom entschiedenen Durchgreifer gegen Missbrauch sei erschüttert. Weiter sagte Mertes, er nehme Marx ab, aufrichtig gehandelt zu haben: „Ich nehme Kardinal Marx ab, dass er in Garching aufrichtig um Entschuldigung bat – und nicht einfach nur taktisch im Vorgriff auf ein Gutachten, das er in Auftrag gab und das noch dieses Jahr veröffentlicht werden soll.“

    Auf die Frage, warum der Kardinal nicht schon längst diesen Schritt gemacht habe, antwortete Mertes: „Weil tief sitzende Loyalitäten und Machtinteressen und sie tragende Narrative im Hintergrund stehen. Das Leitungsversagen Ratzingers führt ja direkt bis an die Spitze der Weltkirche.“

    Klaus Mertes hatte 2010 als Rektor des Berliner Jesuitengymnasiums Canisius-Kolleg Missbrauchsfälle öffentlich gemacht und damit eine Welle von Enthüllungen ausgelöst. Dafür wurde er als Nestbeschmutzer diffamiert. Dazu sagte der Jesuitenpater: „Ich denke nicht so viel darüber nach, weil es ja einfach lächerlich ist. Mein persönliches Ziel ist: Ich möchte nicht bitter werden. Deswegen vermeide ich die Beschäftigung mit Gift und Galle, die auf mich gespuckt werden, egal von wem. Ich habe nicht vor, mir meine Freude am Leben und Glauben verderben zu lassen.“

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