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Kindesmissbrauch: Prozess um Missbrauchsfall Münster zunächst ohne die Öffentlichkeit

Kindesmissbrauch

Prozess um Missbrauchsfall Münster zunächst ohne die Öffentlichkeit

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    Für den ersten Prozesstag am Landgericht Münster ist nach Auskunft eines Gerichtssprechers zunächst die Verlesung der Anklageschrift vorgesehen.
    Für den ersten Prozesstag am Landgericht Münster ist nach Auskunft eines Gerichtssprechers zunächst die Verlesung der Anklageschrift vorgesehen. Foto: Bernd Thissen, dpa (Archiv)

    Alle sind das, was man "unauffällige Erscheinungen" nennen würde. Doch was ihnen vorgeworfen wird, ist monströs. Die vier Männer, die am Donnerstag auf den mit Plexiglas abgeschirmten Anklagebänken im Landgericht Münster Platz nehmen, sollen Kinder schwer sexuell missbraucht haben - zum Teil ihre eigenen. 

    Die Angeklagten stehen im Zentrum eines der größten Fälle schweren Missbrauchs der vergangenen Jahre. Vor einem halben Jahr knackten Polizisten zunächst einen Laptop des Hauptangeklagten aus Münster und legten dann nach und nach einen immer weiter ausufernden Fall frei - ein Ende der Ermittlungen ist bis jetzt nicht in Sicht. Sechs Monate später ist nun der Prozess gegen den mutmaßlichen Drahtzieher, einen 27-Jährigen Mann aus Münster, dessen wegen Beihilfe mitangeklagte Mutter (45), einen 35-jährigen Mann aus Hannover, einen 30-Jährigen aus Staufenberg in Hessen und einen 42-Jährigen aus Schorfheide in Brandenburg gestartet.

    Nacheinander betreten sie den Saal, bleiben aber verborgen hinter Aktenmappen und Kapuzen, bis die Fotografen und Kameraleute den Saal verlassen. Auch als der Richter die Verhandlung eröffnet, wirken sie dankbar für die Masken über Mund und Nase, die sie vor dem Coronavirus schützen sollen - aber in diesem Fall auch davor, Emotionen preisgeben zu müssen.

    Missbrauch in Münster: Im Fokus der Ermittlungen steht ein 27-Jähriger

    Als Schlüsselfigur in den Ermittlungen gilt Adrian V., ein 27-jähriger IT-Mann aus Münster: Er ist derjenige, dem die meisten Taten zur Last gelegt werden, und soll seinen Ziehsohn immer wieder anderen Männern für schlimmste Gewalttaten überlassen haben. Nicht nur die Männer, die hier im Saal sitzen, sondern auch eine wachsende Zahl von Beschuldigten bundesweit sollen sich mit seinem Einverständnis an dem Jungen vergangen haben. 

    Mit Brille, schlanker Statur, kurzem Haar und hoher Stirn sieht er aus wie der prototpyische Computer-Nerd. In der kurzen Zeitspanne, die er sich den Blicken der Pressevertreter ausgesetzt sieht, gibt er sich entspannt. Blättert in den Akten, die vor ihm liegen, mustert die Menschen im Raum - wie sie ihn.  

    Zum Schutz der Opfer im Missbrauchsprozess wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen

    Was die Staatsanwaltschaft den Männern genau vorwirft, soll die Öffentlichkeit zum Schutz der Opfer nicht im Detail erfahren. Zu grausam, zu explizit sind die auf 25 Seiten geschilderten Tatvorwürfe, die die Staatsanwaltschaft auf Antrag der Nebenklagevertreter an diesem ersten Prozesstag hinter verschlossenen Türen vorträgt. 

    Um das Ausmaß der Gewalttaten zu ermessen, die die Kinder ertragen mussten, reicht es aber, die bekannten Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft zu kennen. Wobei die Ermittler befürchten, nur die Spitze des Eisbergs an Grausamkeiten zu kennen. 

    Einer der Tatorte ist demnach eine inzwischen abgerissene Gartenlaube in einer hübschen Kleingartensiedlung in Münster. Drei Tage lang im April sollen sich die angeklagten Männer hier allein zu dem Zweck getroffen haben, zwei kleine Jungen zu missbrauchen - den damals zehn Jahre alten Sohn der langjährigen Lebensgefährtin des Hauptangeklagten und den fünfjährigen Sohn des Mannes aus Hessen. 

    Die Täter sollen die minderjährigen Missbrauchsopfer betäubt haben

    Um die Kinder wehrlos zu machen, sollen sie auch mit K.-o.-Tropfen betäubt worden sein. Von welch ekelhaften Selbstverständnis die Männer dabei getrieben gewesen sein könnten, verrät ein Detail, auf das die Staatsanwaltschaft hinweist: Zwei Männer feierten in dem Zeitraum Geburtstag. 

    Was in der Laube geschah, wissen die Ermittler vor allem durch ein Überwachungsvideo aus der Hütte, das auf einer gut versteckten und vermeintlich gelöschten Festplatte wiederhergestellt gestellt werden konnte. Die Laube gehört der angeklagten Mutter von Adrian V., einer Kindergartenerzieherin aus Münster. Sie soll sie den Männern überlassen haben - wohlwissend, was dort geschah. 

    Die Mutter des Hauptangeklagten soll von dem Geschehen in ihrer Hütte in der Kleingartensiedlung gewusst haben.
    Die Mutter des Hauptangeklagten soll von dem Geschehen in ihrer Hütte in der Kleingartensiedlung gewusst haben. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Darüber hinaus legt die Staatsanwaltschaft Adrian V. zur Last, seinen Ziehsohn selbst immer wieder vergewaltigt zu haben. Auch dem Mann aus Brandenburg und dem Hessen wird unter anderem vorgeworfen, bei anderen Gelegenheiten die eigenen Kinder missbraucht zu haben. Gut eine Stunde dauert der Vortrag der Staatsanwalts. 

    Riesige Mengen komplex verschlüsselten und nur zum Teil ausgewerteten Datenmaterials zeigten den Ermittlern im Frühsommer schnell, dass es weitere mutmaßliche Täter und auch Opfer geben muss. Über das Internet soll Adrian V. in Kontakt mit einer Vielzahl Gleichgesinnter gekommen sein. 

    Die Täter im Missbrauchskomplex stammen aus dem Familienumfeld

    Zu Übergriffen kam es laut Ermittlern bei Reisen nach Mallorca oder Sylt. Mal traf man sich in eigenen Wohnungen, mal in Ferien-Apartments. Manche brachten eigene Kinder mit. Allein die Staatsanwaltschaft Münster hat mehrere Anklagen gegen insgesamt neun Personen erhoben und zählt acht Opfer. Bundesweit ermitteln Staatsanwaltschaften gegen mehr als 20 Beschuldigte mit Bezug zu dem Fall.

    Es sind zunächst 29 Verhandlungstage bis Ende Februar vorgesehen. Schon an diesem Freitag geht es weiter. Dann sollen die Angeklagten die Möglichkeit bekommen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Auch davon wird das Gericht die Öffentlichkeit ausschließen. Während der Ermittlungen haben die Beschuldigten bisher geschwiegen. (dpa)

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