Manche Fragen können selbst absolute Experten nur nach einigem Zögern beantworten. Eine von ihnen lautet: Kann Zucchini tödlich sein? Die Antwort ist meist ein langes Schweigen und ein verlegenes Lachen. So reagiert auch Lutz Popp vom Bayerischen Verband für Gartenbau und Landespflege. Dann folgt ein kurzes „Was?“ und „Warum wollen Sie so etwas wissen?“
Kann Zucchini wirklich tödlich sein?
Auch für erfahrene Gärtner sind giftige Pflanzen nicht der Alltag. Und doch haben sie am vergangenen Sonntag einem 79-jährigen Rentner aus dem baden-württembergischen Heidenheim das Leben gekostet. Nach dem Verzehr seiner selbst angebauten Zucchini starb er an einer schweren Vergiftung. Auch für Popp ist das nur schwer zu glauben. Kann Gemüse wirklich tödlich sein?
Die Medienwelt spricht von der "Killerzucchini"
Die Nachricht vom Tod des Heidenheimer Rentners mobilisiert die Medienwelt. Von „Killerzucchini“ ist die Rede. Vom „Tod aus dem Garten“. Doch die sogenannten Bitterstoffe, die Cucurbitacine, gehören schon immer zu dem Gemüse dazu. Sie kommen natürlich in Gurken, Melonen oder auch Kürbissen vor. Über die Jahrhunderte hinweg züchtete der Mensch diese Stoffe jedoch immer mehr heraus. Heute gilt das Gemüse als unbedenklich. Das sagt Christian Weidner vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Von weiteren durch Zucchini bedingten Todesfällen kann er nicht berichten.
Doch kam es in diesem Jahr bereits zu mehreren Vergiftungserscheinungen, sagt Weidner. Stets waren Hobbygärtner betroffen, die ihre Pflanzen selbst züchten. Für Weidner ist das leicht zu erklären: „Auf den Feldern wachsen oft viele Pflanzen nebeneinander und es kann zu nicht immer absehbaren Durchmischungen kommen.“
Außerdem sei auch Stress ein Grund, warum die Pflanzen Giftstoffe bilden, sagt Weidner. Ein Auslöser dafür kann der heiße Sommer in diesem Jahr sein. „Da kommt dann ungut und ungut zusammen“, erklärt der Mitarbeiter des Landesamtes.
Der Rentner aus Heidenheim fand die Zucchini furchtbar bitter
Dennoch brauche es mehr als Pech, um durch Bitterstoffe zu sterben, findet Verbandssprecher Popp. „Das sagt schon der Name: Bitterstoffe“, erklärt er. „Das spuckt jeder eigentlich sofort aus.“ Doch genau das habe, Berichten der behandelnden Ärzte zufolge, der 79-Jährige absichtlich nicht getan. „Der Mann hat gesagt, es habe furchtbar bitter geschmeckt. Und er hat es trotzdem gegessen“, sagte einer der Mediziner.
Die Bitterstoffe zersetzten daraufhin die Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes des Rentners. Er starb an den Folgen der Vergiftung. Seine Frau, die weniger von dem giftigen Gemüse gegessen hatte, überlebte. Sie konnte inzwischen das Krankenhaus verlassen.
Die Existenz von Cucurbitacine ist seit 1935 bekannt
Die Existenz von Cucurbitacine ist seit dem Jahr 1935 bekannt. Damals entdeckten Mediziner in Südamerika das erste Mal Vergiftungserscheinungen bei Menschen, die Kürbisse gegessen hatten. In Indien sind mehrere Todesfälle durch die Bitterstoffe dokumentiert. In Europa ist der jetzige Fall des Rentners aus Heidenheim jedoch außergewöhnlich. Menschen meiden instinktiv diese Stoffe und verzehren sie nicht in großen Mengen.
Verbraucher müssen keine Angst vor "Killerzucchini" haben
Angst vor „Killerzucchini“ müssen Verbraucher auch deshalb nicht haben, versichern die Experten. Sie müssen sich nur an eine einfache Regel halten, erklärt Christian Weidner: „Wenn es außergewöhnlich bitter schmeckt, werft das Gemüse einfach weg.“
Doch auch bei anderen Gemüsearten sollten Verbraucher aufpassen. Dazu gehören Nachtschattengewächse wie Kartoffeln oder Tomaten. In ihren grünen Stellen findet sich das Gift Solanin. Vor allem aus den ersten Jahren des Kartoffelanbaus sind Todesfälle durch diesen Stoff dokumentiert. Zudem sollten Bohnen nicht roh gegessen werden. Sie enthalten Lektine, welche das Blut beschädigen. mit dpa