Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Katholische Kirche: Wie der neue Vatikan unter Papst Franziskus aussehen könnte

Katholische Kirche

Wie der neue Vatikan unter Papst Franziskus aussehen könnte

    • |
    Papst Franziskus vor Kardinälen: Die Glaubenskongregation, die lange missliebige Bischöfe rüffelte, soll an Einfluss verlieren.
    Papst Franziskus vor Kardinälen: Die Glaubenskongregation, die lange missliebige Bischöfe rüffelte, soll an Einfluss verlieren. Foto: C. Peri, dpa (Archiv)

    Am Montag kamen 230 Friseure bei Papst Franziskus zur Audienz im Vatikan. „Behandelt die Klienten höflich“, riet das Oberhaupt der katholischen Kirche den Haarschneidern. „Und vermeidet es, der Versuchung der Geschwätzigkeit zu erliegen, die leicht mit eurem Amtsbereich in Verbindung gebracht wird“, mahnte der Papst.

    Böse Zungen behaupten, Franziskus sei selbst nicht immer die Reserviertheit in Person. Doch vor allem schwätzt derzeit die Kurie, der Verwaltungsapparat des Papstes in Rom. Das große Thema ist dieser Tage die Reform der mächtigen Institution. „Predigt das Evangelium“ – „Praedicate Evangelium“ – heißt das ominöse Dokument, das noch diesen Sommer veröffentlicht werden soll und zweifellos Auswirkungen auf den Dienst der römischen Kirchenangestellten, aber auch auf die Kirche insgesamt haben wird.

    Veränderungen in der Kurie könnten Auswirkungen auf die ganze Kirche haben

    Anfang April kam der inzwischen nur noch sechsköpfige Kardinalsrat des Papstes zusammen, um den letzten Entwurf der neuen Vatikan-Verfassung zu verabschieden. Fünf Jahre berieten und arbeiteten die Papst-Helfer, unter ihnen der Münchner Kardinal Reinhard Marx, an der Apostolischen Konstitution, die den Vatikan verändern soll. Das wird aus einem Bericht der spanischen Zeitschrift Vida Nueva deutlich, deren Vatikan-Korrespondent Darío Menor Einsicht in das neue Dokument hatte.

    Seinem Bericht zufolge liegt die weitreichendste Veränderung in der Kurie in der Rückstufung der Glaubenskongregation auf Kosten einer Mega-Behörde für Evangelisierung. Die Gewichtung könnte Auswirkungen auf die Ausrichtung der katholischen Kirche insgesamt haben.

    Bislang standen die Kongregation für die Glaubenslehre und das Kardinalstaatssekretariat in einem Konkurrenzverhältnis. Die vom spanischen Jesuiten Luis Ladaría geleitete Glaubenskongregation war in der Vergangenheit vor allem dafür bekannt, missliebige Theologen oder Bischöfe zu rüffeln oder gar ganz ruhigzustellen.

    Das ist der Vatikan

    Der Vatikan (amtlich Vatikanstadt) ist eine Absolute Wahlmonarchie Der Papst ist als Bischof von Rom ex officio Staatsoberhaupt.

    Der Vatikan ist eine Enklave innerhalb des Stadtgebiets Roms. Seine Fläche beträgt 0,44 Quadratkilometer.

    Amtssprache ist Italienisch und Latein. Bei der Schweizergarde ist auch Deutsch offizielle Sprache.

    Die Flagge besteht aus zwei nebeneinander angeordneten Feldern – eines in Gelb, eines in Weiß. Das weiße Feld trägt die Päpstliche Tiara (Krone) und die gekreuzten Schlüssel.

    Nationalfeiertag ist der Jahrestag der Papstwahl, unter Benedikt XVI. der 19. April.

    Die Nationalhymne wurde von Charles Gounod komponiert. 1993 gab es dafür einen neuen lateinischen Text: „Glückliches Rom, edles Rom, du bist Sitz des Petrus, der in dieser Stadt sein Blut vergoss und dem die Schlüssel des Himmelreiches übergeben wurden.“

    Die Schweizergarde sorgt seit 1506 für die Sicherheit des Papstes und ist mit ihren 110 Mann die kleinste und zugleich älteste Armee der Welt. Zudem gibt es eine Vatikan-eigene Polizei, den Corpo della Gendarmeria.

    Der Vatikan verfügt über einen Bahnhof und einige hundert Meter Schienenstrecke, die aber fast ausschließlich für den Transport von Gütern genutzt wird. Zudem gibt es rund 50 Straßen sowie einen Hubschrauberlandeplatz.

    Die Vatikanstadt besitzt ein eigenes Münzrecht und gibt auch eigene Briefmarken heraus, die bei Sammlern sehr begehrt sind. Der Euro ist die offizielle Währung. Das Metallgeld wird beim italienischen Münzamt geprägt.

    Grundlage für die Entstehung des Staates „Vatikanstadt“. Sie wurden am 11. Februar 1929 zwischen dem Heiligen Stuhl und Italiens faschistischem Diktator Benito Mussolini unterzeichnet. Das Abkommen sichert die Eigenständigkeit der Vatikanstadt

    Unter Franziskus wurde die Expertise der Behörde bei zahlreichen Fragen bewusst übergangen, Franziskus legt Wert auf Vielfalt. Die neue Verfassung trägt dieser Entwicklung nun Rechnung.

    Neue Kurien-Konstituion soll mindestens 25 Jahre lang gültig bleiben

    Explizit soll die für die Weitergabe des Glaubens – also die Evangelisierung – zuständige Behörde in der Hierarchie vor die Glaubenskongregation rücken. Wie es heißt, soll zudem sichergestellt werden, dass die neue Kurien-Konstitution mindestens 25 Jahre lang gültig bleibt. Franziskus will auf diese Weise offenbar sichergehen, dass die Reform der bisher geltenden Verfassung („Pastor Bonus“ von 1988) nicht rückgängig gemacht werden kann.

    „Franziskus unterstreicht immer, dass die Kirche missionarisch ist, deshalb ist es logisch, dass wir an erster Stelle das Dikasterium für Evangelisierung und nicht das für die Glaubenslehre gestellt haben“, sagte Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, ebenfalls Mitglied im Kardinalsrat des Papstes.

    Vor allem soll sich das Verhältnis zwischen Rom und den Ortskirchen verändern. Die Kurie soll Dienstleister und nicht Oberlehrer sein. Ihre Aufgabe sei, nicht nur dem Papst bei der Wahrnehmung seines weltweiten Dienstes zu helfen, sondern auch der ganzen Kirche, „und zwar nicht nur als oberste Kontrollinstanz“, erklärte Kardinal Marx schon vor Wochen.

    Eine Frau könnte an die Spitze einer Kurienbehörde berufen werden

    Laut dem Bericht von Nueva Vida sind die Kurienämter zukünftig aufgerufen, „auch im Dienst der Ortskirchen“ zu stehen. Als Nachfolger der Apostel stünden die Bischöfe nicht unterhalb der Kurienmitarbeiter, sagt Kardinal Maradiaga.

    Vor seiner Wahl zum Papst lag Franziskus als Erzbischof von Buenos Aires mit der Kurie im Clinch und ist wohl auch deshalb seit Amtsantritt auf diese Neuausrichtung bedacht. Nun versucht er, Kompetenzen aus Rom an die Ortskirchen zurück zu übertragen. So können Kurienbehörden künftig von Laien geleitet werde. Im Fall des Dikasteriums für Kommunikation ist das bereits der Fall. Dort führt der katholische Fernsehjournalist Paolo Ruffini seit Juli die Geschäfte.

    In Rom wird spekuliert, dass demnächst auch eine Frau an die Spitze einer Kurienbehörde berufen werde. Besetzt werden muss etwa die Leitung des Wirtschaftssekretariats. Dessen früheren Chef, Kardinal George Pell, der im März in Australien wegen Kindesmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, entließ Papst Franziskus.

    Nun könnte ihm bald die italienische Wirtschaftsexpertin Claudia Ciocca nachfolgen, die seit 2016 als Büroleiterin Pells arbeitete. In der rund 600-jährigen Geschichte der Kurie wäre sie dann die ranghöchste Frau.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden