Es war der Höhepunkte der feierlichen Zeremonie zur Seligsprechung von Johannes Paul II.: Die französische Nonne Marie Simon-Pierre präsentierte auf dem Petersplatz im Vatikan am Sonntag eine Ampulle mit Blut des 2005 Verstorbenen. Dies ist die erste offizielle Reliquie des nun seligen Polen - für streng gläubige Katholiken eine besondere Kostbarkeit. Johannes Paul soll die Nonne von Parkinson geheilt haben. Von der katholischen Kirche wurde das als Wunder anerkannt.
Der Begriff Reliquie stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie zurücklassen oder Überrest. Mit der Verehrung von Reliquien führt die katholische Kirche seit ihren Anfängen einen aus der Antike stammenden Totenkult fort. Es wurde damals üblich, körperliche Überbleibsel von Seligen oder Heiligen, Gegenstände aus ihrem Leben oder Dinge, die mit ihrem Grab in Kontakt gekommen sind, zu bewahren und zu verehren. So wurden ab dem sechsten Jahrhundert Kirchen und Kapellen über den Gräbern der Verehrten errichtet und Reliquien in Altäre eingefügt.
Eng verknüpft mit dem Reliquienkult ist eine Wundergläubigkeit: Bis heute gehen manche Katholiken davon aus, dass die Überreste des Verstorbenen eine besondere Heilskraft haben und beten sie deshalb an. In früheren Zeiten war die Bedeutung des Reliquienkults um ein Vielfaches größer. Es gab einen regelrechten Handel mit den Erinnerungsstücken. Raubzüge um sie lösten sogar Kriege aus. Der Reliquienkult der Katholiken war auch einer der Gründe, die zur Reformation und damit zur Spaltung der Kirche führten.
Deutschland immerhin verdankt der Reliquienverehrung wohl eine seiner bedeutendsten Kirchen: Nachdem der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel 1164 die Reliquien der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln gebracht hatte, löste dies einen wahren Pilgeransturm aus. In dessen Folge benötigte die Stadt am Rhein eine neue Kirche - den Polen feiern ihren seliggesprochenen Landsmann