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Katholikentag: Bischof Müller bezeichnet Reformgruppen als "parasitäre" Existenzen

Katholikentag

Bischof Müller bezeichnet Reformgruppen als "parasitäre" Existenzen

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    Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat den Umgang vieler Katholiken mit dem Priestermangel kritisiert.
    Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat den Umgang vieler Katholiken mit dem Priestermangel kritisiert. Foto: dpa

    Im zähen Ringen um Kirchenreformen hat sich der Ton zum Abschluss des Katholikentags verschärft. Prominente Katholiken und Basisgruppen übten in Mannheim massive Kritik an der Amtskirche, der sie mangelnde Dialog- und Veränderungsbereitschaft vorwerfen. Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller wies dies zurück und bezeichnete kritische Geister in der katholischen Kirche als "parasitäre Existenzform". Nach dem fünftägigen Forum mit 80 000 Teilnehmern hoffen viele Laien dennoch auf neue Impulse bei der Suche nach Auswegen aus der Kirchenkrise.

    Gauck macht sich für die Ökumene stark

    Bundespräsident Joachim Gauck ermutigte die Bischöfe zum breiten Dialog. Gleichzeitig machte sich der Protestant und ehemalige Pfarrer auch für die Ökumene stark. An die Christen appellierte er, sich stärker in der Politik zu engagieren. Zudem würdigte er die Arbeit der Ehrenamtlichen. "Wie wäre es um die Kirche bestellt, wenn sie nur durch das geistliche Amt repräsentiert wäre", sagte er bei einem Empfang zum Abschluss des Glaubensfestes unter Applaus der Gäste. Zuvor hatte er mit 20 000 Gläubigen am Open-Air-Gottesdienst vor dem Mannheimer Schloss teilgenommen.

    Die katholische Kirche tue gut daran, den Dialog mit den Laien zu suchen. In der Abschlusspredigt des Katholikentages sei häufig die Rede vom Geist des Dialogs gewesen, sagte Gauck. "Ich habe zahlreiche Bischöfe gesehen, die dazu geklatscht haben."

    Bischof Müller, Gastgeber des nächsten Katholikentages 2014, griff dagegen die Gläubigen an, die immer lauter mehr Mitwirkungsrechte für Frauen und Laien und Verbesserungen etwa für geschiedene Wiederverheiratete fordern. "Es ist die Frage, ob die sogenannten Reformgruppen wirklich solche sind", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Es kann nicht sein, dass Leute, die von sich aus nichts zustande bringen, sich an die großen Veranstaltungen dranhängen und eine parasitäre Existenzform bringen."

    Fragen der Sexualmoral endlich offener angehen

    Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, zog eine gemischte Bilanz. "Wir haben eine lebendige, glaubensstarke und vitale Kirche erlebt." Bei vielen Teilnehmern habe er aber auch Unruhe und Anspannung darüber gespürt, wie es mit ihrer Kirche weitergeht. Christian Weisner von der kritischen Initiative "Wir sind Kirche" verwies darauf, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, vereinzelt ausgebuht worden sei. "Das ist ein dramatisches Zeichen und macht deutlich, dass der Reformdruck sehr, sehr groß ist."

    Wichtiges Anliegen vieler Katholiken seien Lösungen im Umgang mit wiederverheiraten Menschen und Paaren unterschiedlicher Konfession, die derzeit nicht an der Eucharistie teilnehmen dürfen, sagte Glück. "Vieles kann und muss man jetzt lösen." Und: "Es besteht der dringende Wunsch, Fragen der Sexualmoral endlich offener anzugehen."

    Auch Gauck äußerte sich zur Ökumene: "Wir dürfen uns nicht vor Verschiedenheit fürchten." Sein Wunsch sei ein gemeinsames Abendmahl. Dies wird den Protestanten bislang von der katholischen Kirche verwehrt, umgekehrt ist es möglich.

    Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hielt den Oberhirten - ebenso wie der österreichische "Priester-Rebell" Helmut Schüller - mangelnde Dialogbereitschaft vor. "Streit und Kritik sind kein Ausdruck von Illoyalität, sondern von Besorgnis um wichtige Fragen", sagte Kretschmann. Es könne nicht sein, dass Bischöfe wie Franz-Josef Overbeck aus Essen es als "wenig förderlich" bezeichneten, dass die Laien erneut über strittige Themen wie das Diakonat der Frau sprechen wollten.

    "Kirchenführung ist unfähig zur Reform"

    Schüller attestierte der Kirchenführung Reformunfähigkeit. "Wir haben keine Glaubenskrise, und wir haben auch keine Kirchenkrise. Wir habe eine Krise der Kirchenleitung", sagte er beim Alternativprogramm des Katholikentags. "Grundrechte für Getaufte" gebe es nicht, sie seien aber Voraussetzung für Gespräche auf Augenhöhe. Schüller ist Kopf einer Pfarrerinitiative, die sich vor dem Hintergrund zunehmenden Priestermangels etwa für die Öffnung des Amtes für Verheiratete und Frauen einsetzt.

    Der Freiburger Erzbischof Zollitsch lobte die Atmosphäre des Katholikentags. "Der Aufbruch besteht darin, dass wir auch bei schwierigen Themen einander zugehört haben." Im Blick auf den bis 2015 anberaumten Dialogprozess dämpfte er jedoch Hoffnungen auf rasche Änderungen. Im Abschlussgottesdienst predigte er: "Es braucht den Mut, sich auf neue Wege einzulassen und nach vorne zu gehen."

    In Deutschland leben knapp 25 Millionen Katholiken, das entspricht etwa 30 Prozent der Bevölkerung. Der nächste Katholikentag findet 2014 in Regensburg statt. Im kommenden Jahr feiern die Protestanten den Evangelischen Kirchentag in Hamburg. dpa

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