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Katastrophensommer 2003: Welche Lehren Frankreich aus dem Sommer 2003 zieht

Katastrophensommer 2003

Welche Lehren Frankreich aus dem Sommer 2003 zieht

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    Touristen am Place du Trocadero vor dem Eiffelturm in Paris. An jenem Juli-Tag vor zwei Jahren herrschten in Teilen der französischen Metropole Temperaturen von bis zu 41 Grad Celsius.
    Touristen am Place du Trocadero vor dem Eiffelturm in Paris. An jenem Juli-Tag vor zwei Jahren herrschten in Teilen der französischen Metropole Temperaturen von bis zu 41 Grad Celsius. Foto: Gao Jing, dpa/XinHua

    Die Wettervorhersage für Paris lautet am Donnerstagmorgen: bis zu 30 Grad, für den Nachmittag besteht Unwettergefahr. Ein normaler Sommertag in der französischen Metropole also, in der es vor zwei Jahren mit 40,6 Grad so heiß war wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen.

    Heute wie damals aber weckte das Sommerwetter schreckliche Erinnerungen an den August 2003. Vor knapp 18 Jahren erfasste eine europaweite Hitzewelle Frankreich mit voller Wucht. Selbst in der sonst meist kühlen Bretagne wurden zeitweise über 40 Grad gemessen. Die Zahl der Menschen, die innerhalb von nur rund zwei Wochen landesweit an den Folgen der großen Hitze starben, wurde später auf mindestens 15.000 geschätzt.

    Im Rekordsommer 2003 starben vor allem ältere, oft alleinstehende Franzosen

    So, wie man seit Ausbruch der Corona-Pandemie die Menschen, die infolge einer Covid-Erkrankung gestorben sind, zählt, so wurde damals in den Nachrichten täglich die Zahl der Hitzetoten vermeldet. Da es an Kältekammern fehlte, um Leichen zu lagern, verlieh der Großmarkt Rungis bei Paris sogar Kühlwagen.

    Bei vielen Opfern handelte es sich um ältere, geschwächte und oft alleinstehende Menschen. Sie waren einen einsamen Tod gestorben. Der damalige Präsident Jacques Chirac stand stark in der Kritik für sein „ohrenbetäubendes Schweigen“ dazu. Und dafür, dass er erst aus dem Urlaub in Kanada zurückgekehrt war, nachdem sein Land dramatische Wochen hinter sich hatte. Um „solche Dramen“ in Zukunft zu vermeiden, werde das Warn- und Alarmsystem weiter verstärkt und mit besseren finanziellen Mitteln ausgestattet, versprach Chirac.

    Als Konsequenz aus dem Sommer 2003 wurde ein „Hitzeplan“ erstellt, der heute noch zum Tragen kommt, wenn die Temperaturen steigen. Er hat vier Stufen von grün über gelb und orange bis rot, wobei die erste grüne Stufe automatisch vom 1. Juni bis 15. September gilt. In dieser Zeit gibt es eine nationale Hitze-Hotline. Aktuell befinden sich 22 der insgesamt 101 französischen Départements, also Gebietskörperschaften, in der orangefarbenen und damit zweithöchsten Warnstufe.

    So funktioniert der französische Hitzeplan

    Eine wichtige Rolle im Hitzeplan spielen die Rathäuser, in denen je ein Sonderbeauftragter ein Register über alle besonders gefährdeten Bürger führt. Zu ihnen gehören ältere und allein lebende Menschen, aber auch Schwangere, Säuglinge, Menschen mit einer Behinderung oder einer chronischen Krankheit.

    In Paris werden kostenlose Wasserflaschen verteilt.
    In Paris werden kostenlose Wasserflaschen verteilt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Spätestens ab der orangefarbenen Stufe beginnen Mitarbeiter der Rathäuser und Ehrenamtliche, diese gefährdeten Menschen systematisch anzurufen oder sie zu besuchen. Sie sehen nach, ob es ihnen gut geht und geben einfache Tipps – etwa regelmäßig zu trinken oder die Wohnung nicht zwischen 11 und 21 Uhr zu verlassen. Auch Obdachlosen wird erhöhte Aufmerksamkeit zuteil: Ehrenamtliche besuchen sie regelmäßig. Und, wie in Phasen extremer Kälte, werden zusätzliche Kapazitäten in Obdachlosenheimen bereitgestellt.

    Manche Städte in Frankreich haben eine eigene "Hitze-Brigade"

    Manche Städte, darunter Nizza, haben zudem eine eigene „Hitze-Brigade“, deren Aufgabe es ist, präventiv tätig zu werden und Menschen zu sensibilisieren. Paris lässt Gratis-Wasserflaschen verteilen oder Trinkfontänen aufstellen. Zeitweise können Fahrverbote für Autos beschlossen werden – eine unbeliebte Maßnahme, um die Luft in der dicht bebauten Hauptstadt erträglich zu halten.

    Arbeitgeber in bestimmten Branchen sind während der Hitzeperioden dazu verpflichtet, Vorsorgemaßnahmen zu treffen: So soll es kühle Aufenthaltsräume und stets gekühlte Getränke und die Möglichkeit zum Lüften geben. Auch in Alten- und Pflegeheimen, Schulen und Kinderkrippen müssen Erfrischungsmöglichkeiten und gekühlte Aufenthaltsräume vorhanden sein.

    Während der Hitzeperioden übermitteln öffentliche Radio- und Fernsehanstalten regelmäßig Informationen des Gesundheitsministeriums. Und: Das Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen kann kurzfristig aufgestockt werden. Der Sommer 2003 soll sich keinesfalls wiederholen.

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