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Kabarettistin: Monika Gruber über ihr Buch: „Man muss das Kind im Dorf lassen“

Kabarettistin

Monika Gruber über ihr Buch: „Man muss das Kind im Dorf lassen“

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    Monika Gruber über ihr Buch: „Man muss das Kind im Dorf lassen“
    Monika Gruber über ihr Buch: „Man muss das Kind im Dorf lassen“

    Verrücktes Outfit, Frau Gruber – pink gestreiftes Shirt zu Jeans und Slippern im Leoparden-Look. Dazu noch die Kette mit den großen bunten Steinen.

    Gruber: Finden Sie? Ich hätte auch noch Schuhe in genau dem Ton des Shirts gehabt, aber dann hab ich mir gedacht, das ist doch fad, deshalb habe ich mich für die Leoparden-Schuhe entschieden. Ich finde es gut, wenn etwas so knapp daneben ist. In Italien verstehen die Menschen das besonders gut. Im November war ich in Rom und abends in einem Restaurant, da kam eine Frau herein: rote Haare, runder Popo und riesiger Busen. Und wissen Sie, was die angehabt hat? Einen kurzen Bleistiftrock, eine sehr enge Bluse. So ist die da durchstolziert, neben ihr ein junger Galan, der das Handtascherl getragen hat und sie mit einem Blick, als wenn sie sagen wollte: „So, da habt’s jetzt was zum Schau’n.“ Das finde ich gut, dieses Selbstbewusstsein, so aufzutreten.

    „Man muss das Kind im Dorf lassen“, heißt Ihr Buch über Ihre Kindheit auf einem Bauernhof in Tittenkofen im Landkreis Erding. Was ist denn so schön am Leben auf dem Land?

    Gruber: Erst mal, dass wir relativ frei waren. Wir haben zwar gewusst, es ist immer jemand da, wenn man ihn braucht – also der Großonkel, die Oma oder die Eltern –, aber hinter uns ist nicht dauernd jemand hergelaufen. Wir haben für uns allein spielen können, und da ist auch nicht ständig jemand hinter den Hausaufgaben her gewesen, wie das heute so ist. Man hat mehr zu Selbstständigkeit angehalten. Man konnte überall aus- und eingehen, die Türen in allen Häusern waren immer offen. Also nicht so wie heute, wo man immer anrufen muss: „Könnte die Alina heute vorbeischaun“ oder „will der Justin zum Joel kommen?“. Wir haben einfach im Keller einen Kaufladen aufgebaut und gespielt und haben halt ungefähr gewusst, wann wir daheim sein sollen. Diese Ungezwungenheit, die war sehr schön.

    Haben Sie das damals auch schon so empfunden oder waren Sie eher unglücklich, dass Sie in einem Dorf leben, noch dazu auf einem Bauernhof?

    Gruber: Einerseits schon, aber andererseits ist es natürlich so, dass man als Kind immer so sein möchte wie alle anderen. Auf keinen Fall will man die Ausnahme sein und irgendwie auffallen. Ich war damals im Gymnasium die Einzige, die von einem Bauernhof war, die Einzige, die am ersten Schultag eingelaufen ist mit einem Dirndl und gehäkelten Kniestrümpfen und eben nicht mit einem Benetton-Shirt und einem Nylon-Schulranzen. Oder ich habe zur Erstkommunion eben nicht ein neues Rad bekommen, sondern ein Besteck für zwölf Personen oder Doppelbettwäsche aus Seidenbatist, für die Aussteuer. Als Kind ist einem das eher unangenehm. Heute benutze ich die Sachen, obwohl ich ja nicht verheiratet bin. Aber jahrelang habe ich mich viel zu sehr damit beschäftigt, ob ich gut genug, gescheit genug, hübsch genug bin.

    „Heimat is a bissl Landschaft, viel Geruch und wenig Gered“, schreiben Sie. Wie riecht Ihre Kindheit?

    Gruber: Im Prinzip nach einer Mischung aus der Küche meiner Mama, also nach Essen. Bei uns in der Küche hat es immer so leicht nach Schmalzgebackenem vermischt mit Bratensoße und Puderzucker gerochen. Es war immer etwas Süßliches dabei, weil es bei uns immer Kuchen gegeben hat. Also dieser Küchengeruch daheim, der war schon ganz speziell. Und dann, je nachdem was für eine Jahreszeit war, hat die Landschaft gerochen. Im Sommer nach frischem Heu oder Getreide, im Herbst war es der säuerlich grasige Geruch von Mais.

    Hat’s bei Ihnen nach Mist gestunken?

    Gruber: Da gibt es nur ganz bestimmten Mist, der stinkt. Wir sagen immer Sauodel, der stinkt, aber normaler Mist, der riecht nicht unangenehm, das gehört halt auch einfach mit dazu.

    Und was meinen Sie mit wenig Gered?

    Gruber: In Bayern ist es ja so, dass man mit wenig viel sagt. Da wird oft etwas weggelassen, und durch das Weglassen wird es eigentlich stärker. Wenn man eben nicht eine Riesenschimpftirade loslässt, wie ich es auf der Bühne mache, da reicht oft schon ein Wort und damit ist dann alles gesagt. Auch wenn man jemanden in

    Sie reden aber eher mehr.

    Gruber: Ja, so ist es. Ich sage immer: Barbara Schöneberger, mein Vater und ich sind die Ausnahme. Mir macht das Reden Spaß, das ist das einzige, was ich kann. Ich bin sonst ein talentfreier Mensch, ich kann bloß reden und mich echauffieren.

    Mit 27 Jahren haben Sie Ihre Schauspielausbildung begonnen – war das der Versuch, sich von der Vergangenheit auf dem Land zu lösen? Glanz, Glamour und die weite Welt?

    Gruber: Das merkt man relativ schnell, dass der Schauspielberuf wenig mit Glanz und Glamour zu tun hat. Das ist einfach harte Arbeit. Ich habe ja an einer ganz kleinen Schule Unterricht gehabt, da mussten die Schüler auch im Büro oder der Küche mithelfen oder neben dem Unterricht putzen. Da gab es natürlich auch die, die reiche Eltern hatten und sich überlegt haben: „Mache ich eine Boutique auf, studiere ich Theaterwissenschaft oder werde ich doch Schauspielerin?“. Aber da hat man von Anfang an gesehen, das wird eh’ nichts. Ich habe relativ schnell bei der Iberl-Bühne gespielt, für 170 Mark am Abend. Da hatte ich eine Garderobe, das ist jetzt ein großes Wort, das war ein zugiger Bretterverhau – also von Glanz und Glamour war da wenig.

    Warum haben Sie denn damals von Ihrem Job als Fremdsprachensekretärin auf die Schauspielerei umgesattelt?

    Gruber: Weil ich das immer schon wollte. Ich wusste, ich kann das, ob ich es gut kann, war mir damals noch nicht klar, aber es war ein großer Drang. Und was ich jetzt mache auf der Bühne – also Comedy, Kabarett, wie immer man das bezeichnen möchte –, das ist natürlich toll, weil es mich absolut autark macht. Ich muss bei niemandem schleimen, ich muss auf keine Besetzungscouch. Ich bin wirklich unabhängig und kann machen, was ich will.

    Wie ist eigentlich Ihr Hochdeutsch?

    Gruber: Meine Lehrer im Gymnasium wussten oft gar nicht, dass ich zuhause nur Dialekt spreche. Ich kann also ganz passabel hochdeutsch sprechen, wobei ich mich wohler fühle mit Bayerisch. Da fällt mir was Lustiges dazu ein: In Köln ist nach einem Auftritt eine Dame gekommen, eine Hamburgerin, die so Jil-Sander-mäßig gestylt war, und hat gemeint: „Es war schön, dass ich Sie mal live gesehen habe.“ Ich habe sie dann gefragt, ob sie alles verstanden habe. „Kein Wort“, hat sie gesagt, „aber es klang wie Urlaub.“

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