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Italien: Nach dem Seilbahnunglück: Sorgerechtsstreit um Jungen eskaliert

Italien

Nach dem Seilbahnunglück: Sorgerechtsstreit um Jungen eskaliert

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    14 Menschen starben an Pfingsten bei dem Seilbahnunglück am Lago Maggiore. Nur der sechsjährige Eitan überlebte.
    14 Menschen starben an Pfingsten bei dem Seilbahnunglück am Lago Maggiore. Nur der sechsjährige Eitan überlebte. Foto: Piero Cruciatti, dpa

    Der kleine Eitan hält sich seit fünf Tagen in Israel auf. Er bräuchte Zuwendung und Stabilität, stattdessen haben die Erwachsenen um ihn herum zusätzlich ein Inferno entfacht. Eitan ist der einzige Überlebende des Seilbahnunglücks am Lago Maggiore. Am 23. Mai waren 14 Menschen ums Leben gekommen, darunter die Eltern, der kleine Bruder und die Urgroßeltern des Jungen. Der Sechsjährige überlebte schwer verletzt und steht nun im Zentrum eines Sorgerechtsstreits zweier traumatisierter Familien. Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Kindesentführung. Sie vermutet, dass der Großvater, der selbst seine Tochter bei dem Unglück verlor, den Jungen am vergangenen Wochenende nach Israel entführt hat.

    Es gibt Stimmen, die hinter der Fehde um das Sorgerecht finanzielle Interessen vermuten. Hat den Streit „das Interesse an den bedeutenden Entschädigungszahlungen, die der Kleine erhalten wird und den großzügigen Spenden, die er schon aus der ganzen Welt erhalten hat“ befeuert? So spekuliert die italienische Zeitung Corriere della Sera.

    Auch Il Giornale schreibt vom „riesigen Vermögen, das für Eitan bestimmt ist“ und bis zu seiner Volljährigkeit von seinem Vormund, seiner bei Pavia lebenden Tante Aya Biran, der Schwester des Vaters, verwaltet werden wird. Bei dem Unglück an Pfingsten war das Zugseil der Mottarone-Seilbahn gerissen. Eine mit 15 Menschen besetzte Kabine stürzte ab, weil der Notbremse-Mechanismus außer Kraft gesetzt worden war. Die Staatsanwaltschaft Verbania ermittelt gegen 14 Personen.

    Die traumatisierten Familien kämpfen um das Sorgerecht

    Nach dem Seilbahnunglück arbeiteten Einsatzkräfte des Bergrettungsdienstes tagelang an der Bergung der abgestürzten Gondel. 14 Menschen starben, nur der sechsjährige Eitan überlebte.
    Nach dem Seilbahnunglück arbeiteten Einsatzkräfte des Bergrettungsdienstes tagelang an der Bergung der abgestürzten Gondel. 14 Menschen starben, nur der sechsjährige Eitan überlebte. Foto: Piero Cruciatti, dpa

    Der Streit der beiden Familien scheint kein Ende zu nehmen. „Eitan ist ein Gefangener wie unsere Soldaten in den Zellen der Hamas“, behauptete nun Or Nirko, Ehemann der sorgeberechtigten, ebenfalls aus Israel stammenden, aber bei Pavia lebenden Tante. Die Hamas ist eine palästinensische Terrororganisation. Nach dem Unglück hatte ein Gericht in Turin der Tante das Sorgerecht für den Vollwaisen zugesprochen. Die Familie der Mutter legte dagegen Beschwerde ein, das Kind stehe der Familie mütterlicherseits näher als der des Vaters. Zudem solle es im jüdischen Glauben und unter Berücksichtigung seiner israelischen Identität erzogen werden. Eitan war mit seinen israelischen Eltern im Alter von einem Jahr nach Pavia gekommen, die Familien lebten im Dorf Travacò in unmittelbarer Nachbarschaft.

    Aya Biran hat dieser Tage auch Anzeige bei einem Familiengericht in Tel Aviv erstattet, dem mutmaßlichen Aufenthaltsort Eitans. Biran fordert die Rückführung des Jungen nach Italien, eine Gerichtsverhandlung ist für den 29. September in Tel Aviv angesetzt. Am 15. Oktober soll in Italien über die Beschwerde der Familie mütterlicherseits entschieden werden. Die Regierungen beider Länder sind eingeschaltet. Der israelische Botschafter in Italien, Dror Eydar, versicherte „die Einhaltung internationalen Rechts zum Schutz des Kindes“.

    Verbitterte Fronten: Der Streit um Eitan könnte sich weiter in die Länge ziehen

    Im Zentrum der Affäre steht der 58-jährige Großvater Eitans, ein ehemaliger Angehöriger der israelischen Armee. Die israelische Polizei stellte ihn unter Hausarrest. Der 58-Jährige war nach dem Seilbahn-Unglück nach Italien umgezogen und hatte dort regelmäßig Kontakt mit Eitan. Der Anordnung des Familiengerichts, den Pass seines Enkels zurückzugeben, hatte er nicht Folge geleistet. Die mutmaßliche Entführung vom vergangenen Samstag lieferte den Grund.

    „Übergriffige Aktionen sind immer falsch“, lenkte seine italienische Anwältin Sara Carsaniga nun ein. Ihr Mandant habe impulsiv reagiert, „nachdem er monatelang vergeblich versucht hatte, die Stimme der Familie mütterlicherseits im Sorgerechtsstreit geltend zu machen“.

    Die Zeichen stehen aber weiter nicht auf Entspannung. Die Familie des Großvaters hat den bekannten israelischen PR-Strategen Ronen Tzur für die Beratung im Umgang mit Justiz und Medien engagiert. Der frühere Labour-Politiker ist für seine Bedingungslosigkeit bekannt. Er leitete die letzten drei Wahlkämpfe des aktuellen Verteidigungsministers Benny Gantz und arbeitete an einer Kampagne zur Verhinderung der Auslieferung von Malka Leifer, der des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Leiterin einer Religionsschule, nach Australien. Der unheilvolle Streit um Eitan könnte sich in die Länge ziehen.

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