In diesen Tagen, an denen sich die italienischen Strände mit Touristen füllen, müssen die Fischer im Hafen bleiben. Fangstopp, wie jedes Jahr. In der Adria zwischen Triest und Rimini gilt das Verbot schon seit einigen Tagen. Demnächst sind auch die Häfen Süditaliens betroffen. Bis Mitte Oktober müssen dann die Flotten im Ionischen und Tyrrhenischen Meer bis zu 40 Tage lang pausieren. Wer also nach einem Tag am Strand im Restaurant frittierten Tintenfisch oder gegrillte Seezunge schlemmen will, der sollte auf der Hut sein. Mit großer Wahrscheinlichkeit war der Happen auf dem Teller tiefgefroren oder importiert.
Italien importiert beinahe 75 Prozent aller Fischprodukte aus dem Ausland. Im Sommer spitzt sich die Situation noch einmal zu. Das Fangverbot gilt für den industriellen Fang mit großen Schleppnetzen, der als besonders unverträglich gilt. Jungtiere sollen durch den Stopp geschont werden. Italienische Fischer halten die Regelung für ungenügend. „Vor 30 Jahren hat die Regierung diese Art von Fangstopps eingeführt, ohne Erfolg“, sagt Tonino Giardini, der mit seinem Familienbetrieb in der Region Marken Muscheln, Meerestiere und Fische fängt. Trotz der Fangstopps sind in der Adria, dem fischreichsten Meer Italiens, viele Arten in Gefahr. Hauptgrund ist die Überfischung.
Giardini ist beim italienischen Landwirtschaftsverband Coldiretti für den Fischfang zuständig. Er fordert eine Verlängerung des Fang-stopps bis auf drei Monate. „Die Fischbestände brauchen Zeit, um sich wieder zu erholen. Man muss das Meer respektieren und nicht ausbeuten.“ Wissenschaftler geben ihm recht. „Am besten wäre, verschiedene Zonen, in denen sich die Jungtiere aufhalten, für mehrere Monate zu sperren“, sagt der Meeresbiologe Corrado Piccinetti von der Universität Bologna. Insbesondere der industrielle Fang mit Schleppnetzen wird kritisiert, weil sich auch nicht verwertbare Fische in den Netzen verfangen, die dann tot ins Meer geworfen werden.
In Rimini Scholle aus Schottland essen
Statt eines generellen, aber relativ kurzen Fangstopps fordert auch der Landwirtschaftsverband die längere Sperrung derjenigen Zonen, in denen sich die Jungtiere aufhalten. So müssten die rund 12 000 italienischen Fischerboote im Sommer nicht im Hafen liegen, sondern könnten in den nicht gefährdeten Beständen auf Fang gehen. Durch moderne Ortungssysteme seien effektive Kontrollen der Fangflotten möglich. Zudem, so der Gedanke, wäre dann im Sommer, wenn die Nachfrage durch den Tourismus besonders groß ist, mehr frischer, einheimischer Fisch auf dem Markt. Die neuen Fangrichtlinien werden derzeit in Italien verhandelt, sie sollen spätestens 2017 in Kraft treten.
Unterdessen sind viele Restaurants gezwungen, frischen Fisch aus dem Ausland zu importieren. Die meisten Urlauber wissen allerdings gar nicht, dass sie in Rimini derzeit französische Scholle oder Scampi aus Schottland vorgesetzt bekommen. „Das kann man schon als Schwindel bezeichnen“, sagt Meeresbiologe Piccinetti. Er gibt allerdings zu bedenken, dass die Kunden selbst Teil des Problems sind, sie wollten schließlich das ganze Jahr über Tintenfisch, Krabben oder Spaghetti Vongole essen. Aber nicht immer könnten die lokalen Fischer alle diese Produkte liefern.