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Bewohner klagen: Invasion in Barcelona: "Tourist, geh' nach Hause!"

Bewohner klagen

Invasion in Barcelona: "Tourist, geh' nach Hause!"

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    Die Sagrada Familia in Barcelona wollen viele Touristen sehen.
    Die Sagrada Familia in Barcelona wollen viele Touristen sehen. Foto: Fotolia, Archiv

    Kein Ort in Spanien wird derart von Touristen überrannt wie die Stadt Barcelona. Mit der Folge, dass die Bewohner gegen die „Invasion“ zunehmend auf die Barrikaden gehen. Und Bürgermeisterin Ada Colau die Notbremse gezogen hat: Sie verhängte ein Moratorium für neue Hotels und Touristenappartements, die sich in den vergangenen Jahren vervielfachten. Und sie droht Vermietungsplattformen wie Airbnb mit hohen Strafen, wenn weiter Wohnungen ohne die notwendige Tourismuslizenz vermarktet werden.

    "Das ist nicht mehr unser Barcelona"

    Bewohner schreiben in Leserbriefen an die Lokalzeitungen: „Das ist nicht mehr unser Barcelona.“ An Fenstern in der Altstadt hängen Transparente mit „Stoppt den Massentourismus“, „Nicht noch mehr Hotels“ oder „Der Tourismus tötet das Leben im Viertel“. Der Protest setzt sich fort auf vielen Hauswänden, die mit Sprüchen wie „Tourist, go home!“ verziert sind.

    Insgesamt 30 Millionen City-Touristen, so schätzt das örtliche Fremdenverkehrsamt, kamen 2015 nach Barcelona, in eine Stadt mit 1,6 Millionen Einwohnern. Und es wird dort immer enger: Der Touristenstrom wird 2016 voraussichtlich erneut um zehn Prozent wachsen.

    Viele Einwohner kämpfen in einer Bürgerinitiative, die sich „für einen nachhaltigen Tourismus“ einsetzt: Die Einheimischen beklagen, dass wegen des Besucherbooms Mieten und Immobilienpreise explodieren. Und immer mehr Hotels und Touristenappartements ihre sozialen Strukturen im Viertel kaputt machen. „Deswegen haben wir beschlossen, uns zu organisieren und zu sagen: Basta!“ In einigen Gebieten im historischen Zentrum gebe es inzwischen mehr Touristenbetten als einheimische Bewohner.

    Auch Venedig versinkt im Massentourismus

    Ein Fremdenführer leitet eine Gruppe über den Campo San Geremia in Venedig. Die  Kulisse, das besondere Licht, die Romantik – all das zieht Touristenmassen in die Lagunenstadt.
    Ein Fremdenführer leitet eine Gruppe über den Campo San Geremia in Venedig. Die Kulisse, das besondere Licht, die Romantik – all das zieht Touristenmassen in die Lagunenstadt. Foto: Alvise Armellini, dpa

    Venedig versinkt ebenfalls im Massentourismus. An die zehn Millionen Gäste beherbergt die italienische Stadt pro Jahr in Hotels und Pensionen. Dazu kommen nach Angaben der Kommune 14 Millionen Tagesgäste – bei 260000 Einwohnern. Das Gedränge und das Verhalten der Besucher gehen auch den Venezianern zunehmend auf die Nerven. Flugblätter mit der Aufforderung „tourists go away!!! you are destroying this area!“ (Touristen geht weg, ihr macht diesen Ort kaputt) klebten zuletzt wieder an Hauswänden, berichtete der Corriere del Veneto. Dem Vernehmen nach soll einem erbosten Geschäftsmann der Kragen geplatzt sein.

    Die Lagunenstadt ist mit ihrer sensiblen Bausubstanz ein besonderer Fall. Die für Kreuzfahrtschiffe nötige Vertiefung von Fahrrinnen sowie deren Wellenschlag bedrohen die Fundamente der Gebäude. Die Unesco drohte wegen der Ozeanriesen inzwischen mit dem Entzug des Welterbetitels. Gerade deren Passagiere sind nicht besonders beliebt. „Venedig hat nichts von ihnen, wenn sie nur einen Tag kommen und einmal über den Markusplatz laufen“, sagt Wirtschaftsprofessor Jan van der Borg von der Universität Ca’Foscari in Venedig. „Die Zahl der Touristen ist zu hoch“. Van der Borg fordert Reservierungssysteme.

    Im vergangenen Jahr sprach auch der frisch gewählte Bürgermeister Luigi Brugnaro darüber, möglicherweise den Zugang zu Attraktionen wie dem Markusplatz zu beschränken, etwa indem Tagestouristen im Voraus buchen müssten. Auch Tickets für den Zutritt zu der Stadt waren immer wieder im Gespräch – und umstritten. Immerhin gibt es für Einheimische nun eigene Zugänge für die Wasserbusse, die Vaporetti. Damit müssen die Venezianer nicht mehr mit den Touristen Schlange stehen. (mit dpa)

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