Ihre Kanzlei ist ein schäbiger Klapptisch in einer Einkaufspassage: Zwischen Schlüsseldienst und Schnellimbiss verhilft Danni Lowinski für einen Euro pro Minute Mandanten zu ihrem Recht, die sich keinen teuren Anwalt leisten können. Die ebenso clevere wie komische Serie „Danni Lowinski“ mit Annette Frier als Robin Hood in Anwaltsrobe überzeugte im vergangenen Jahr vom Start weg Zuschauer und Kritiker. Es regnete Preise, und sogar ein US-Fernsehsender sicherte sich die Rechte.
Vom 14. März an zeigt Sat.1 nun montags um 21.15 Uhr die zweite Staffel, in der Danni neben vertrackten neuen Fällen auch einen neuen Verehrer bekommt, gespielt von „Tatort“-Star Sebastian Bezzel.
Annette Frier ist gelernte Theaterschauspielerin, bekannt wurde sie aber mit Auftritten in Comedyshows wie „Switch“, „Wochenshow“ oder „Schillerstraße“. Die 37-Jährige ist Mutter von Zwillingen und lebt mit ihrer Familie in ihrer Heimatstadt Köln.
Frau Frier, was ist eigentlich dran am Klischee, die Deutschen hätten keinen Humor?
Frier: Die Deutschen haben vor allem nicht viel Selbstbewusstsein, was ihren Humor angeht. Viele fragen sich erst mal: Darf ich zum Beispiel über einen Aids-Witz lachen oder nicht? Ist das peinlich oder ist das cool? Bin ich jetzt zu kleinkariert? Da gibt es eine große Unsicherheit. Ich finde es zwar prinzipiell gut zu prüfen, ob man über ein heikles Thema witzeln darf, aber es steht beim Lachen im Weg. Lachen und Gehirn, das ist sehr schwer zusammenzubringen.
Die Briten trauen sich, in Sketchen auch grenzwertige Späße zu machen.
Frier: Den Briten wird ja auch immer gesagt: Ihr seid das lustigste Volk der Welt. Deshalb gehen die mit einem super Selbstbewusstsein in den nächsten Witz. Den Deutschen dagegen wird ständig gesagt: Ihr seid die Unwitzigsten auf der ganzen Welt. Ihr seid immer nur ordentlich. Da geht man nicht mit breiter Brust ins Spiel. Aber ich persönlich bin mit meinem Humor im Reinen, glaube ich.
Worüber können Sie lachen?
Frier: Es gibt ja unendlich viele Möglichkeiten, worüber man lachen könnte, und warum der eine etwas witzig findet und der andere nicht. Ich bin sehr albern und kann mich auch mal unangemessen über Dinge freuen. Humor ist ja total unberechenbar, das kann bei mir heute schon wieder anders als gestern sein. Wenn ich die Antwort wüsste, worüber ich lache oder worüber die Fernsehzuschauer lachen, dann wäre ich wirklich reich.
Bei der im vergangenen Jahr gezeigten Improvisations-Show „Wir müssen reden“, die Sie gemeinsam mit Cordula Stratmann gedreht haben, stieß Ihr Humor nicht auf die Gegenliebe des Publikums.
Frier: Das ist doch ein super Beispiel dafür, wie unkalkulierbar Humor ist. Ich habe mir noch mal alle Folgen auf DVD angeguckt, ich steh da drauf wie eine Eins. Aber ich verstehe es auch, wenn jemand sagt, er kann damit gar nichts anfangen. Bei „Danni Lowinski“ ist einfach die Schnittmenge größer, bei dieser Art des Humors fühlen sich offensichtlich mehr Leute angesprochen.
Schauen Sie im Fernsehen auch andere Comedy-Serien?
Frier: Ich hatte mal eine „King of Queens“-Phase, da habe ich mir alle Folgen komplett reingezogen. Im Moment schaue ich nicht so viele Sitcoms, und wenn, dann sehe ich „Pastewka“, das finde ich spitze. Ich bin der größte Fan! Der Bastian ist ja auch unberechenbar, da weiß man oft nicht, was Spaß und was ernst gemeint ist. Ich wollte ihn neulich anrufen, da schrieb er mir per SMS zurück: „Annette, ich bin gerade auf einem Konzert der ,Flippers’. Kein Scherz!“ Ich weiß bis heute nicht, ob er wirklich dort war.
„Danni Lowinski“ beweist, dass Humor manchmal ist, wenn man trotzdem lacht.
Frier: Ja, in einer Folge kommt ein Mandant zu Danni, der hat Phantomschmerzen im Bein und will dieses Bein unbedingt loswerden. Er will seine Krankenkasse verklagen, weil sie ihm keine Amputation bezahlen will. Bei solchen skurrilen Fällen ist es wie im wahren Leben, man muss darüber lachen, weil man denkt: Das kann doch nicht wahr sein! Gleichzeitig hat es aber eine unglaubliche Tragweite und Tiefe.
Deshalb wurde die Serie auch für den wichtigen Grimme-Preis nominiert. Haben Sie sich schon eine witzige Dankesrede ausgedacht für den Fall, dass „Danni Lowinski“ gewinnt?
Frier: Ich habe mir zumindest schon ein gutes Kleid gekauft!
Die Idee der Serie wurde in die USA verkauft. Dort wurde jetzt eine Pilotfolge gedreht. Sind Sie stolz darauf?
Frier: Ich habe leider nur ein paar Ausschnitte gesehen, aber ich habe gehört, dass die Figur Kurt Lowinski, also Dannis gelähmter Vater, dort ursprünglich nicht im Rollstuhl sitzen sollte. Die Produzenten dort meinten, dass das vielleicht in Deutschland geht, aber in Amerika könne man das nicht machen. Stattdessen sollte er Alkoholiker sein – das wäre jetzt in Deutschland wiederum schwieriger. Wie die Tabus von Land zu Land verschieden sind, das finde ich wahnsinnig interessant. Einen Tag vor Drehbeginn wurde aber übrigens entschieden, dass er doch im Rollstuhl sitzen soll.
Apropos Papa Lowinski: In der Auftaktfamilie bekommt er einen neuen Hund. Ist der alte Hunde-Darsteller etwa gestorben?
Frier: Nein, ich glaube, der war zu teuer. Ein Hunde-Star, den konnten wir uns nicht mehr leisten. (lacht)
Sie stehen derzeit für den Schluss der aktuellen Staffel vor der Kamera, die ersten neuen Folgen werden schon gezeigt. Vergeht Ihnen bei so einem Zeitdruck auch mal das Lachen?
Frier: Der Zeitdruck ist sowieso bei jeder Serie enorm, und nach sechs Monaten wird man am Ende immer ein bisschen wahnsinnig. Eigentlich finde ich das ganz schön. Wir werden im Team die erste Folge in einer Kölner Kneipe gucken, das ist ganz cool.
Und nach den Dreharbeiten steht erst mal Ausspannen auf dem Plan?
Frier: Ich fahre mit meiner Familie bestimmt mal vier oder sechs Wochen irgendwo in den Wald, komplett weg, dann sind wir einfach nicht zu erreichen.
Interview: Cornelia Wystrichowski