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Interview: Wotan Wilke Möhring: "Mir stinken Dummheit und Hass"

Interview

Wotan Wilke Möhring: "Mir stinken Dummheit und Hass"

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    Profiler Nadja Simon (Friederike Becht) und Staatsanwalt Grünberg (Wotan Wilke Möhring) stehen sich nicht nur beruflich sehr nah.
    Profiler Nadja Simon (Friederike Becht) und Staatsanwalt Grünberg (Wotan Wilke Möhring) stehen sich nicht nur beruflich sehr nah. Foto: Jakub Bejnarowicz, dpa

    Herr Möhring, die Krimiserie „Parfum" war im vergangenen Herbst ja bereits auf ZDFneo zu sehen. Nun kommt die Neufassung von Süskinds Weltbestseller ins ZDF. In ihr geht es, natürlich, ebenfalls um Gerüche – haben Sie denn eine feine Nase?

    Wotan Wilke Möhring: Ja – eine feine Nase in Verbindung mit einem gesunden Bauchgefühl, würde ich sagen. Das gilt auch für Drehbuchstoffe, denke ich, und als mir diese Serie angeboten wurde, hatte ich auf jeden Fall ein gutes Gefühl.

    Und wie ist das im wörtlichen Sinne mit der feinen Nase? Was riechen Sie gerne?

    Wotan Wilke Möhring posiert mit seiner Liebsten: Freundin Cosima Lohse.
    Wotan Wilke Möhring posiert mit seiner Liebsten: Freundin Cosima Lohse. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Möhring: Ganz klar: Meine Kinder, die Liebsten. Denn wenn man sie riechen kann, sind sie ganz nah, und das ist schön.

    Verwenden Sie selber Parfum?

    Möhring: Nein.

    Riechen Sie es wenigstens gerne an Frauen?

    Möhring: Kommt darauf an. Aber die Bedeutung und Zukunft einer Beziehung entscheiden sich ja sowieso immer erst dann, wenn man über den Status des Parfum-Riechens hinaus ist und den wahren Geruch des anderen wahrnimmt.

    Den wahren Geruch?

    Möhring: Ja, dieser eine, ganz spezielle und individuelle Geruch, der jeden Menschen vom anderen unterscheidet. Auf den kommt es an. Dann entscheidet sich, ob man sich wirklich riechen kann oder nicht.

    "Ich mag keine Faulheit, Spießigkeit und grausame Gleichgültigkeit"

    Und was stinkt Ihnen?

    Möhring: Im übertragenen Sinne Ungerechtigkeit, Dummheit und Hass. Ich mag keine Faulheit, Spießigkeit und grausame Gleichgültigkeit. Das sind alles Dinge, die mir stinken. Und im wörtlichen Sinne? Ein U-Bahnschacht im Sommer, wenn einem da schon der Uringeruch entgegenschlägt. Oder alte Melonenschalen, die den halben Tag in der Sonne gelegen haben. Obwohl der Mensch sich angeblich innerhalb von 15 Minuten an alle Gerüche gewöhnt, ist zum Beispiel Fäkalgestank etwas, das ich wirklich nicht haben muss.

    Das Publikum kennt Sie als "Tatort"-Kommissar, "Parfum" ist Ihre erste Serie. Was ist der Unterschied zu einem Film?

    Möhring: Man hat ganz andere Möglichkeiten, eine Figur in der Breite und auch in der Tiefe zu entwickeln. Man hat in einer Serie viel bessere Möglichkeiten, einen Charakter zu vertiefen, weil man einfach in viel mehr Szenen Zustände und Motivationen dieser Figur zeigen kann. Außerdem hat man bei einer Serie ganz andere Mittel beim Spannungsaufbau, es gibt viel mehr Wendungen: Immer wenn der Zuschauer denkt, er hat die Geschichte durchschaut, kann man ihn doch wieder in die Irre führen.

    Und warum sollte man sich nun Ihre Serie angucken?

    Möhring: Weil sie unmittelbar mit uns zu tun hat. Der Geruch entscheidet ja oft darüber, was wir mögen und was wir nicht mögen. Wenn wir eine Essenz extrahieren könnten, die uns beliebt macht, das wäre doch toll! Wir alle wollen doch geliket werden, und das auf allen Kanälen – ob wir das nun zugeben oder nicht. Dazu kommt, dass die Serie einfach unglaublich spannend und fesselnd ist.

    Die Gewaltdarstellung ist aber ganz schön krass.

    Möhring: Das muss in diesem Fall aber so sein, denn wenn Sie bestimmte Inhalte erzählen wollen, Abgründe der Figuren erforschen, dann können Sie sich nicht davor drücken, eben diese auch zu zeigen. Der Serie liegt ja eine abgründige, morbide Geschichte zugrunde, die den Zuschauer in ihren Bann zieht.

    Mit dem berühmten Buch von Patrick Süskind und der Verfilmung von Tom Tykwer hat die Serie nicht mehr viel zu tun.

    Möhring: Mit der Grundidee schon, es geht auch in der Serie um das Phänomen des Geruchs. Ansonsten ist natürlich vieles anders, die Serie spielt anders als im Buch oder im Film in der Gegenwart. Aber auch in unserer Serie geht es um die klassischen Themen wie Liebe oder Sehnsucht.

    Was zählt für Sie im Leben?

    Möhring: Vor allem zählt in meinem Leben die Liebe, und damit meine ich das Lieben genauso wie das Geliebt-Werden. Außerdem ist das Lachen wichtig für mich, weil man vielen Situationen so besser begegnet, als wenn man einer Sache von vornherein negativ gegenübersteht. Positiv bleiben, ist ganz wichtig, denn: Was wissen wir schon, wofür bestimmte Entscheidungen auch in unserer eigenen Biografie letztlich gut oder auch schlecht sind, wo die tieferen Gründe liegen? Man kann nichts anderes machen, als mit ihnen umzugehen.

    Wotan Wilke Möhring: "Unsere Sehgewohnheiten haben sich geändert"

    Gerade der "Tatort" kommt manchmal wie eine Predigt über Gut und Böse daher. Finden Sie es gut, wenn ein Film eine klare moralische Botschaft transportiert?

    Möhring: Ich bin kein großer Fan vom erhobenen Zeigefinger. Aber gerade beim Tatort versuchen wir natürlich schon, soziale oder gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen, weil wir ja mal mehr, mal weniger fiktionalisiertes Abbild der Gesellschaft sind. Da kann es schon zu Denkanstößen oder Bewusstseinsanregungen kommen. Das ist aber nicht zwingend notwendig.

    "Parfum" ist Teil einer neuen deutschen Serienoffensive. Wie bewerten Sie diese?

    Möhring: Rundum positiv, weil Serien eben ganz andere Möglichkeiten haben als etwa Filme. Die Abkehr vom linearen Erzählen, die in Serien umgesetzt werden kann, ist einfach auch der Entwicklung der Sehgewohnheiten geschuldet, die sich enorm verändert haben. Es wurde für unsere großen Sender Zeit, da nachzuziehen. Und Filme zu schauen, wann und wo man es gerade will, ist auch eine technische Entwicklung, die eben Formate und Sehgewohnheiten geändert hat.

    Wie geht’s eigentlich mit dem "Tatort" weiter, in dem Sie den Kommissar Thorsten Falke spielen?

    Möhring: Den mache ich so lange weiter, bis Falke zum Dienst geschoben werden muss.

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