Herr Schmidt-Schaller, man nennt Sie den „Schimanski des Ostens“. Inzwischen sind Sie der Opa und Kriminaler a. D. im neuen „Polizeiruf 110“. Wie gehen Sie mit diesem Bedeutungsverlust um?
Andreas Schmidt-Schaller:Das ist doch kein Bedeutungsverlust, sondern ganz natürlich. In meinem Alter ist man eben Großvater. Insofern habe ich da überhaupt kein Problem.
In der Folge „Unter Brüdern“ begegneten sich 1990 zwei Helden, der echte Schimanski, Götz George, und das von Ihnen verkörperte ostdeutsche Pendant, Thomas Grawe, in Duisburg. Die Chemie hat gestimmt, oder?
Schmidt-Schaller: Die Chemie hat von Anfang an gestimmt. Was soll ich sagen? Wir sind uns das erste Mal begegnet, haben uns tief in die Augen geschaut und wussten, dass wir miteinander spielen können.
Was war Götz George in Ihrer Wahrnehmung für ein Typ?
Schmidt-Schaller: Er war sehr bodenständig, sehr einfach. Das ist ja auch das, was ihn letztlich ausgezeichnet hat. Es war sehr angenehm, mit ihm zu arbeiten. Aber es hat sich leider nie mehr ergeben, dass wir zusammen besetzt wurden. Dabei hatten wir durchaus Ideen, noch weitere gemeinsame Krimis zu drehen.
Würden Sie selbst im Film weiter gerne Fälle lösen?
Schmidt-Schaller: Nö, überhaupt nicht. Das sollen jetzt die Jüngeren machen. Wenn die einen Rat brauchen, können Sie mich aber gerne fragen.
Was unterscheidet „Polizeiruf 110“ und den „Tatort“?
Schmidt-Schaller: Der „Polizeiruf“ hat eine andere Dramaturgie. Da standen immer der Täter und das Umfeld im Mittelpunkt. Im „Tatort“ dagegen standen meist die Kommissare im Fokus. Heute wird das oft vermischt. Ich finde das „Polizeiruf“-Konzept schon interessant, weil da auch die Gegenwart mehr eingefangen werden kann. Wenn alles auf die Ermittler zugeschnitten ist, wiederholen sich die Dinge öfter mal.
50 Jahre „Polizeiruf“ – nicht viel aus dem DDR-Fernsehen hat sich so lange gehalten. Was ist das Erfolgsrezept?
Schmidt-Schaller: Er war immer eine Art Gegenwartsfilm. Man sah das Umfeld, die heruntergekommenen Häuser damals. Und wir haben auch im ziemlich maroden Dresden gedreht, das war typisch für den „Polizeiruf“.
Also hatte der Krimi zu DDR-Zeiten fast eine politische Aussage?
Schmidt-Schaller: Wenn man so will, ja. Je nach Regisseur, Kameramann und Drehbuch gab es da durchaus auch mehr oder minder versteckte politische Aussagen.
Können Sie nach so vielen Jahren als Kommissar im Film richtig schießen?
Schmidt-Schaller: Schießen kann ich. Ich war ja bei der Nationalen Volksarmee. Da habe ich Schießen gelernt, auch Pistolenschießen.
Was wäre für Sie jetzt noch die richtige Herausforderung?
Schmidt-Schaller: Och Gott, da fiele mir einiges ein. Ich würde tatsächlich gerne mal eine Rolle auf der anderen Seite spielen. Ein Clanführer oder so etwas würde mich schon interessieren. Gut, interessant wäre auch ein korrupter Polizist, möglicherweise einer, der mit den Rechten kooperiert.
Eigentlich wollten Sie ja weder Schauspieler noch Clanführer werden, sondern Arzt. Aber lateinische Vokabeln zu pauken, war nicht Ihr Ding.
Schmidt-Schaller: Richtig. Ich war in Latein zu faul. Und es stimmt auch, ich wollte Sportarzt werden. Heute bin ich froh, dass es nicht so gekommen ist. Wer weiß, was man alles gemacht hätte.
Das Thema Doping hätte eine Rolle spielen können.
Schmidt-Schaller: Ja, aber das spielt überall auf der Welt im Leistungssport eine Rolle. Das wird gerne abgeschoben, als hätte es so etwas nur im Osten gegeben.
Kriminalbeamter stand nie auf der Wunschliste?
Schmidt-Schaller: Nein. Aber in meinem Horoskop steht, dass ich ein Kripomensch sei.
Lassen Sie sich die Sterne deuten?
Schmidt-Schaller: Nein, aber es gibt jede Menge Bücher über dieses Thema.
Sie trinken abends gerne ein Glas Rotwein, der Gesundheit wegen. Was hält Sie sonst noch fit?
Schmidt-Schaller: Meine gute Laune. Auch der Fußball und meine Enkelkinder.
Sie waren ein guter Kicker. Treten Sie noch ab und zu gegen den Ball?
Schmidt-Schaller: Das geht leider nicht mehr. Bis vor zwei, drei Jahren habe ich mit den ehemaligen Nationalspielern der DDR gerne mal als Gast zusammengespielt. Die haben mich immer wieder mal eingeladen. Aber jetzt ist die Achillessehne kaputt. Übrigens dürfen die nicht mehr ehemalige Nationalmannschaft der DDR heißen.
Wer hat das verboten?
Schmidt-Schaller: Keine Ahnung. Jedenfalls heißt das jetzt: Oberliga-Legenden.
Zum Abschluss noch ein kniffliges Thema: Was fällt Ihnen ein, wenn Sie heute an die frühere DDR und die Stasi denken, bei der Sie auch ein kurzes Kapitel geschrieben haben? Sie haben als Informant gearbeitet, sind aber dann bald wieder ausgestiegen.
Schmidt-Schaller: Ja, da bin ich eine Zeit lang reingerutscht. Im Nachhinein habe ich das natürlich bedauert. Da war ich jung und mal ein paar Minuten zu feige, was ich sonst eigentlich nicht war.
Das Thema ist für Sie aber abgehakt?
Schmidt-Schaller: Ja, das ist für mich erledigt!
Infos zur Person. Andreas Schmidt-Schaller, geboren 1945 im thüringischen Arnstadt, stieg 1986 ins feste Team des „Polizeiruf 110“ ein. Damals war er schon ein etablierter Theaterspieler. Nach dem Ende der DDR war das Format zwischenzeitlich abgesetzt, ab 1994 ermittelte der Vater der Schauspielerin Petra Schmidt-Schaller für ein weiteres Jahr. Zum 50. Jubiläum des „Polizeiruf“ hat er am Sonntag in der Episode „An der Saale hellem Strande“ ein Gastspiel in seiner alten Rolle.
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