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Interview: Nach Hitzewellen 2018 und 2019: Droht erneut ein Rekordsommer?

Interview

Nach Hitzewellen 2018 und 2019: Droht erneut ein Rekordsommer?

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    2018 und 2019 gab es in Deutschland extreme Hitze. Purzeln im Sommer 2020 wieder Rekorde?
    2018 und 2019 gab es in Deutschland extreme Hitze. Purzeln im Sommer 2020 wieder Rekorde? Foto: Armin Weigel, dpa

    Herr Jung, die Sommer 2018 und 2019 gehörten beide zu den drei heißesten aller Zeiten in Deutschland. Das Langfristmodell des amerikanischen Wetterdienstes National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) sieht den Verlauf des Sommers 2020 in Deutschland erneut überdurchschnittlich temperiert. Wie funktioniert das NOAA-Modell und für wie zuverlässig halten Sie es?

    Dominik Jung: Dieses Wettermodell ist mehr ein Klimamodell. Es nutzt unter anderem Erfahrungswerte aus den vergangenen Jahrzehnten, betrachtet die großräumige aktuelle Wetterlage und das Verhalten von Meeresströmungen und Meerestemperaturen. Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Trend und kann auch nur Aussagen treffen wie "kälter/wärmer" als normal oder "trockener/nasser" als normal. Das Langfristmodell der NOAA ist nicht mit den klassischen Wettermodellen zu verwechseln, die wir für die kommenden vier bis zehn Tage nutzen. Für den vergangenen Winter hatte es im Vorfeld einen sehr warmen Winter angekündigt und lag damit richtig gut. Für den Sommer liegt es bisher auch recht gut. Der erste Sommermonat Juni ist heute rum und er war nur leicht zu warm. Auch der Juli könnte nun in Deutschland und Bayern wechselhaft weitergehen, ein für Mitteleuropa typischer Achterbahnsommer. Juli und August sollen leicht zu warm ausfallen. Das schließt natürlich nicht aus, dass es in diesen Monaten trotzdem auch mal ein paar heiße Tage geben kann.

    Meteorologe: "Dauerhitze im Sommer bleibt am Mittelmeer"

    Für welchen Zeitraum wagen Sie eine erste Wetterprognose für Deutschland und Bayern und wie fällt die aus?

    Jung: Eine Wetterprognose geht nur auf fünf bis zehn Tage. Da gehe ich für Deutschland und Bayern von einem wechselhaften weiteren Sommerverlauf aus. Mal etwas wärmer, mal heiß, mal wieder kühler, dazwischen auch mal starker Regen und Gewitter. Das ist der typische Verlauf für einen Sommer in Mitteleuropa. Die große Dauerhitze bleibt da, wo sie hingehört: am Mittelmeer.

    Bis zum 8. Juli läuft die Siebenschläferzeit. Es heißt, zu 60 bis 70 Prozent sei in diesen Tagen die Tendenz für die Zeit bis Mitte August festzustellen. Wie stark ist die Aussagekraft der Siebenschläferzeit tatsächlich?

    Jung: Das könnte dieses Jahr gut passen. Es ist und bleibt wechselhaft und geht wohl auch im Juli und August so weiter. Auch der vergangene Sommer war schon sehr wechselhaft. Der brachte zwar Hitzespitzen, aber dazwischen ging es auch immer rauf und runter. Es sieht also in diesem Jahr nicht nach einem längeren Hochdrucksommer aus.

    Sommer in Deutschland: "Es wird nun mal immer wärmer"

    Ist ein Rekordsommer mit extremer Hitze und Dürre, wie in den vergangenen beiden Jahren, erneut denkbar?

    Jung: Das kann man aktuell nicht sagen. Seriös muss man als Diplom-Meteorologe festhalten, dass es eher nach einem wechselhaften Sommer aussieht. Der kann auch mal einzelne Hitzespitzen bringen. Mehr kann man dazu aber nicht sagen. Bei Regen haben wir besonders in den tiefen Bodenschichten noch eine große Trockenheit. Das liegt an dem trockenen Sommer 2018 und dem Folgezeitraum. Das Defizit wurde da immer größer und ist noch nicht komplett abgebaut. Die oberen 25 Zentimeter Bodenschicht haben dagegen schon recht viel Wasser abbekommen. Da gibt es aktuell keine Trockenheit.

    Abgeerntete Felder aus Sachsen zeigen das Ausmaß der Trockenheit in Deutschlands Sommer 2019.
    Abgeerntete Felder aus Sachsen zeigen das Ausmaß der Trockenheit in Deutschlands Sommer 2019. Foto: Jan Woitas, dpa

    Was hat sich an den deutschen Sommern in den vergangenen Jahren am stärksten geändert?

    Jung: Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Temperaturen global und regional immer weiter erhöht haben. Wir rücken so ein klein wenig mehr in Richtung Mittelmeerklima. Es wird nun mal immer wärmer. Ob es mehr Starkregen beziehungsweise Regen und Wind gegeben hat, konnte man aber bei den Untersuchungen für den Sommer nicht feststellen. Knackpunkt ist und bleibt der Temperaturanstieg.

    Meteorologe: "Steigende Zahl an Hitzetagen wird Probleme bereiten"

    Welche Veränderungen erwarten Sie in den kommenden Jahren und welche Konsequenzen drohen dadurch?

    Jung: Die Sommer werden wie das gesamte Jahr immer wärmer werden. Da werden wir uns umstellen müssen, besonders auch die Natur und Landwirtschaft. Da wird man unter Umständen auch mal ganz neue Dinge/Pflanzen anbauen können, die früher nicht so möglich waren. Auch die steigende Zahl der Hitzetage wird Probleme bereiten. Man sollte das beim Bau von Häusern und Wohnungen beachten, also bessere Isolierung und gegebenenfalls Klimatisierung auch in Häuser und Wohnungen einbauen. Heute hat jeder im Auto eine Klimaanlage. Vor 30 Jahren wurde noch darüber gelacht, heute möchte keiner mehr ohne sein. Besonders die ältere Bevölkerung leidet bei großen Hitzewellen und wenn man dann auch noch bettlägerig ist, wird das zur Qual.

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