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Interview: Interview: Warum sterben uns die Vögel weg?

Interview

Interview: Warum sterben uns die Vögel weg?

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    Es gibt immer weniger Insekten und dadurch immer weniger Vögel, weil ihnen mit den Insekten die Nahrung fehlt. Der Ornithologe Peter Berthold warnt vor massiven Auswirkungen.
    Es gibt immer weniger Insekten und dadurch immer weniger Vögel, weil ihnen mit den Insekten die Nahrung fehlt. Der Ornithologe Peter Berthold warnt vor massiven Auswirkungen. Foto: Nicolas Armer, dpa

    Herr Berthold, laut einer aktuellen Studie gibt es immer weniger Insekten in Deutschland. Sterben Insekten wirklich aus?

    Peter Berthold: Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Studien – und die kommen zum selben Ergebnis. Der Entomologische Verein in Nordrhein-Westfalen hat herausgefunden, dass durch alle Gruppen hindurch die Insekten um 80 Prozent zurückgegangen sind. Wir haben in Radolfzell an der Vogelwarte Daten gesammelt, die Ähnliches zeigen. Das gilt inzwischen für alle Insektengruppen, egal ob das Schmetterlinge, Heuschrecken oder Wildbienen sind. Das trifft auf ganz Deutschland zu. Es sind nicht nur einzelne Regionen.

    Kann es also passieren, dass es bald beispielsweise keinen Honig mehr gibt?

    Berthold: Auf jeden Fall. Wir sollten aber nicht nur Angst um den Honig haben, sondern auch um das Überleben des Menschen. Wenn die Insekten noch weiter zurückgehen, werden viele Nutzpflanzen wie Äpfel nicht mehr bestäubt. Wo früher 100 Bienen zum Bestäuben waren, kommen heute zwei oder drei Bienen.

    Der Naturschutzbund Deutschland hat neben dem Schwund der Insekten jetzt auch auf einen dramatischen Rückgang der Vögel hingewiesen.

    Berthold: In Deutschland sind die Vögel seit 1800 um 80 Prozent zurückgegangen. Wo früher also 100 Vögel gezwitschert haben, gibt es jetzt noch 20 – mit weiterhin fallenden Tendenzen.

    Gibt es also ein Vogelsterben?

    Berthold: Ich habe da durchaus schon schlimmere Worte verwendet. Wenn wir beispielsweise das Rebhuhn anschauen, wo wir früher noch zehn Millionen Tiere hatten, gibt es heute vielleicht noch zehntausend.

    Wie ist der Rückgang der Vögel zu spüren?

    Berthold: Drei Paar Kohlmeisen reichen beispielsweise aus, um auf einem Hektar Obstplantage ungefähr die Hälfte aller Schadinsekten zu vernichten. Wenn wir diese Kohlmeisen verlieren, gibt es keine Tiere mehr, die solche Schädlinge wie beispielsweise die Kirchessigfliege, die gerade aus Asien einwandert, aufhalten. Die können dann die gesamte Ernte vernichten. Die einzige Möglichkeit, die wir dann noch haben, ist, dass wir mit immer aggressiveren Spritzmitteln arbeiten müssen. Das bringt auf Dauer nichts, weil die Insekten dagegen resistent werden. Man kann ganz einfach sagen: Wenn die Artenvielfalt weiter so schwindet, wie es jetzt der Fall ist, gibt es für uns als Menschen auf der Welt keinerlei Überlebenschancen.

    Welche Ursachen hat der Rückgang?

    Berthold: Die Hauptursache ist die immer intensivere Landwirtschaft. Vor allem die Landwirtschaft, die mit chemischen Stoffen arbeitet und damit natürlich viele Lebewesen tötet. In unseren großen Monokulturen wie Mais oder Weizen gibt es keine Unkräuter mehr – dadurch gibt es keine Insekten, Käfer, Wanzen oder Kleinschmetterlinge mehr. Die Folge ist, dass Vögel kein Futter mehr haben. Insekten sterben zusätzlich auch durch die sogenannte Lichtverschmutzung aus. Nachts ist es fast überall hell erleuchtet. Die Insekten werden von Lampen angezogen und sterben dann – unter anderem durch den Straßenverkehr.

    Was kann gegen das Aussterben getan werden?

    Berthold: Was wir sofort tun müssten, ist, die Gifte aus der industrialisierten Landwirtschaft rauszunehmen. Die brauchen wir im Prinzip nicht. Bei den Insekten wird es allerdings noch schwieriger. Da müssten wir natürlich sehr stark Lichter reduzieren und sehr viel Chemie zurückfahren.

    Was passiert in Zukunft, wenn nicht sofort gehandelt wird?

    Berthold: Wenn wir nicht ganz schnell gegensteuern, sieht es bis 2050 schon ganz finster aus. Dann kann es sein, dass es etwa am Bodensee keinen Obst- und Weinbau mehr gibt.

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