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Interview: „In Rom wird sich einiges ändern“

Interview

„In Rom wird sich einiges ändern“

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    Rom hat einen neuen Bischof, die Welt einen neuen Papst.
    Rom hat einen neuen Bischof, die Welt einen neuen Papst. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Herr Hagenkord, wie muss sich der neue Papst geben, um deutsche Katholiken anzusprechen?

    Hagenkord: Ich glaube, wir brauchen als Erstes einen geistlichen Papst. Das hat ja Benedikt XVI. ein bisschen vorgegeben, das ist ein Erbe, das uns erhalten bleibt. Er muss die Herausforderungen auch geistlich anpacken und nicht nur wie ein Manager. Das Zweite ist, wir brauchen einen internationalen Papst. Wir hören ja aus deutschen Landen und von deutschen Zungen immer wieder die Reformrufe.

    Aber andere Länder haben andere Anliegen, und die müssen miteinander ins Gespräch gebracht werden. Das würde ich einen internationalen Papst nennen. Und wenn er das ist, also nicht nur ein Papst seines Heimatlandes, sondern wirklich Papst der Weltkirche, dann glaube ich, wird das auch in Deutschland Resonanz finden.

    Der Papst ist keine Manager

    In den italienischen Zeitungen wurde täglich wild spekuliert ... Hatten Sie denn einen Favoriten?

    Hagenkord: Ganz ehrlich, ich hatte keinen. Es gibt so viele, und dann auch wieder letztlich so wenige. Ich habe, wie jeder, gelesen, was in den Zeitungen stand. Ich fand darin sehr viel Verwirrendes.

    Kardinaldekan Angelo Sodano hat in seiner Ansprache bei der Eröffnungsmesse zum Konklave herausgestrichen, wie wichtig es für den neuen Papst sei, an die Barmherzigkeit Gottes zu denken. Was wollte er damit andeuten?

    Das ist Papst Franziskus

    Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Argentinien geboren.

    Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging er auf eine technische Schule, die er als Chemie-Techniker absolvierte.

    Mit 21 Jahren ging Bergoglio ins Priester-Seminar.

    Nach seiner Priesterweihe 1969 folgte Bergoglio Theologiestudien und wurde 1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens berufen.

    Der Jesuit übernahm 1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und wurde 2001 zum Kardinal berufen. 

    2001 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Kardinal berufen. 

    In den letzten Jahren kollidierte Bergoglio mehrfach mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner. Er kritisierte Korruption und Armut, außerdem wandte er sich gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien.

    Bergoglio wurde in der Vergangenheit der "Kardinal der Armen" genannt.

    Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen Gesundheit ging Jorge Mario Bergoglio in die neue Papstwahl eher als Außenseiter unter den Favoriten.

    Im fünften Wahlgang wurde Bergoglio dann zum neuen Papst gewählt.

    Bergoglio nennt sich als Papst Franziskus.

    Franziskus ist der erste Südamerikaner an der Spitze der katholischen Kirche.

    Mit dem Namen erinnert der Argentinier an Franz von Assisi (um 1181-1226), einen der meistverehrten Heiligen überhaupt.

    Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl zeigt sich Franziskus als Reformer. Er will nach eigener Aussage eine Kirche, in der auch die Armen, Schwachen und Unterdrückten Platz haben.

    Hagenkord: Ich glaube, dass das letztlich nochmals eine Ansage an die Welt war: Es geht um ein religiöses Amt, über das wir hier bestimmen. Der Papst ist nicht das Haupt der Kirche, das ist Jesus Christus. Und das Handeln Gottes ist Maßstab für die Menschen, auch für den Papst. Also nochmals ganz deutlich: Es geht hier nicht um einen Manager, sondern um das Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft.

    Die römische Kurie ist derzeit stark in der Kritik. Würden Sie es für möglich halten, dass der neue Papst eine radikale Reform dieses Regierungsapparates im Vatikan ins Auge fasst?

    Bernd Hagenkord leitet seit  2009 die deutsche Abteilung des Papstsenders Radio Vatikan. Er glaubt nicht, dass der eremitierte Papst Einfluss auf Franziskus ausüben will.
    Bernd Hagenkord leitet seit 2009 die deutsche Abteilung des Papstsenders Radio Vatikan. Er glaubt nicht, dass der eremitierte Papst Einfluss auf Franziskus ausüben will. Foto: Jenny Jacobi, dpa

    Hagenkord: Jede Veränderung und Anpassung, und die hat es seit hunderten von Jahren immer wieder gegeben, muss in einem lebendigen Organismus organisch passieren. Also diese Allmachtsfantasie – da kommt jetzt einer und macht alles neu –, die ist ziemlich weltfremd. Was auch immer ich ändern will: Ich muss es mit diesem Organismus tun. Das ist wenig spektakulär, weniger sichtbar, aber wenn es passiert, umso effektiver. Ich glaube daher, dass sehr schnell fürchterliche Artikel erscheinen werden darüber, wie enttäuscht man ist. Aber wir werden sehen, in den nächsten Jahren wird sich hier in Rom einiges ändern.

    "Benedikt will keinen Einfluss nehmen"

    Der Papst-Kritiker Hans Küng behauptet, Benedikt XVI. werde zum einflussreichen Schattenpapst.

    Hagenkord: Küng sieht da ein bisschen seine eigene Rolle, er ist ja auch gerne selber so etwas wie ein Schattenpapst. Ich halte das für völligen Unfug. Benedikt XVI. hat klar gesagt, dass er keinen Einfluss nehmen will. Er weiß auch, dass er das nicht kann. Er kann nicht seinem Nachfolger hineinfuhrwerken. Wenn er weiter hätte Einfluss nehmen wollen, hätte er schließlich Papst bleiben können. Das will er aber offensichtlich nicht, und das kann er körperlich auch nicht mehr. Ich bin also fest davon überzeugt, dass er genau das nicht wird: ein Schattenpapst.

    Benedikt hat auch Deutsche an die Kurie gebracht, und zwar in einflussreiche Positionen. Ich denke da beispielsweise an den ehemaligen Regensburger Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, den er zum Glaubenspräfekten machte. Wird Müller vom neuen Papst in dieser Funktion bestätigt werden?

    Hagenkord: Das hängt einzig vom neuen Papst ab. Alle leitenden Mitarbeiter haben ihre Ämter verloren, um dem neuen Papst die Freiheit zu geben, die Ämter zu besetzen.

    Und was wird aus Erzbischof Georg Gänswein in seiner Doppelfunktion als Präfekt des päpstlichen Hauses und Sekretär des emeritierten Papstes?

    Hagenkord: Präfekt des päpstlichen Hauses ist keine vatikanische Leitungsfunktion. Es ist gleichwohl eine sehr wichtige und sehr prominente Stelle. Er hat sein Amt durch den Rücktritt Benedikts aber nicht verloren. Er bleibt also bis auf Weiteres Präfekt des päpstlichen Hauses. Deshalb sah man ihn auch beim Einzug der Kardinäle in die Sixtinische Kapelle mitgehen, obwohl er beim Konklave selbst nicht dabei war. In welcher Funktion er hier weiter arbeiten wird, wird sich zeigen. Das hängt vom neuen Papst ab.

    Das Interview führte Christa Langen-Peduto

    Wie es am Tag nach der Papstwahl weitergeht, erfahren Sie im Ticker.

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