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Interview: Ehemaliger Tatort-Schauspieler: "Es gibt zu viele Krimis im Fernsehen"

Interview

Ehemaliger Tatort-Schauspieler: "Es gibt zu viele Krimis im Fernsehen"

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    Der Ex-"Tatort"-Ermittler Dominic Raacke findet, dass im Fernsehen zu viele Krimis laufen.
    Der Ex-"Tatort"-Ermittler Dominic Raacke findet, dass im Fernsehen zu viele Krimis laufen. Foto: Uwe Anspach, dpa

    Der Berliner Tatort mit Ihnen und Boris Aljinovic wurde 2014 eingestellt. Sie sagten danach, es gebe im Fernsehen zu viele Krimis. War das gekränkte Eitelkeit?

    Raacke: Nein, überhaupt nicht. Aber ich finde, wir haben tatsächlich zu viele Krimis im Fernsehen. Ich habe manchmal das Gefühl, selber fast nur noch Krimis zu drehen. Das Format „Tatort“ ist aber toll, weil es so viele verschiedene Versionen davon gibt. Da regt man sich über die eine Folge auf und findet die nächste wieder wunderbar. Das ist nicht wie ein Derrick, der dann mit dem Hauptdarsteller stirbt. Das ist ein System, das sich selbst erneuert.

    Dominic Raacke aktuell in "Honigfrauen"

    Aktuell spielen Sie in dem TV-Dreiteiler „Honigfrauen“, ein Ost-West-Drama, mit, das 1986 am ungarischen Plattensee spielt. Zwei Mädchen aus der DDR erleben da den Sommer ihres Lebens. Sie selbst mimen einen Camper. Was ist Ihre Rolle im Film?

    Raacke: Ich spiele einen Typen, bei dem man sich zuerst nicht so genau auskennt. Die beiden DDR-Mädchen wissen nicht: Ist das nun ein alter Spanner, der sie nur begaffen will, oder ist der von der Stasi. Später stellt sich heraus, dass ich der Vater von einem dieser Mädchen bin, der kurz vor dem Bau der Mauer aus der DDR abgehauen ist. Am Plattensee kommt es dann zu einem überraschenden Treffen zwischen Eltern und Tochter. Ich bin sozusagen der Stein des Anstoßes für ein Familiendrama.

    Nur zum besseren Verständnis: Was sind eigentlich „Honigfrauen“?

    Raacke: Das hat man mir erklärt, aber ich habe es immer noch nicht ganz verstanden. Ich glaube, man meinte damit junge Frauen, die süß wie Honig sind und sich aufbrezeln, um Männer aus dem Westen kennenzulernen.

    Sind Sie auch privat ambitionierter Camper mit Schlafsack und Gaskocher, den eine Liebe zu Ameisen treibt?

    Raacke: Ich hasse Camping!

    Warum das denn?

    Raacke: Weil ich es schrecklich finde. Ich habe in der Kindheit keine guten Erfahrungen damit gemacht, habe immer Asthma gekriegt. Außerdem ist es verdammt unbequem. Dieser klamme, muffige Zeltgeruch und das morgendliche Klo-, Dusch- und Zahnputz-Ritual. Nein, diese Adiletten-Gemeinschaft ist nicht meins. Schön finde ich es allerdings, im Wohnmobil Urlaub zu machen. Das ist dann mehr „Glamping“, also Glamour Camping.

    Dominic Raackes Beziehung zur DDR

    Hatten Sie eine spezielle Beziehung zur früheren DDR?

    Raacke: Interessanterweise gar nicht. Meine Generation richtete ihre Aufmerksamkeit nach Westen und wir hatten mit der DDR nichts am Hut. Das geflügelte Wort der „Brüder und Schwestern“ hat mir nichts bedeutet. Für mich war die DDR ein fernes Land, grau und trüb und unnahbar. Erst nach dem Mauerfall nahm ich den Osten wirklich wahr und kam den Menschen näher, weil ich auch viel in Berlin gedreht habe. Später war ich mit einer Thüringerin zusammen und habe mit ihr den Osten kennen und lieben gelernt.

    Es heißt, Ihre Chemielehrerin sei aus Deutschlands Osten gekommen und Sie hätten ihr das Leben im Unterricht schwer gemacht. Ist das wahr?

    Raacke: Ja, die haben wir total gedisst. Das ist mir erst jetzt wieder in den Sinn gekommen. Sie war wahrscheinlich eine Frau, die geflohen ist und voller Hoffnung war. Und dann bekam sie uns als Klasse. Wir haben ihr das Leben richtig schwer gemacht. Im Nachhinein tut mir das natürlich leid. Aber da sieht man mal, wie ignorant und ungerecht Schüler sein können.

    Sie sind in Ulm aufgewachsen. An was erinnern Sie sich, wenn Sie an diese Zeit denken?

    Raacke: An Ulm habe ich schöne Erinnerungen, da bin ich eingeschult worden, da ist meine Schwester geboren. Wir waren die Außerirdischen in der Stadt und hatten mit den Ulmern nur wenig zu tun, da wir auf dem Campus der Hochschule für Gestaltung etwas außerhalb lebten. Dort kamen die Dozenten aus aller Welt, das war sehr international. Wir waren ein Dutzend Kinder etwa im selben Alter. Es war eine gute und prägende Zeit.

    Dominic Raacke fühlt sich "Tatort" nach wie vor verbunden

    Schwäbisch haben Sie dann nie gelernt oder sprechen es zumindest nicht mehr?

    Raacke: Hessisch kann ich noch, Schwäbisch müsste ich mir wieder beibringen. Da ist nix hängengeblieben.

    Sie gelten als disziplinierter Läufer und sagten, Laufen sei die perfekte Melodie zur Inspiration. Wie haben Sie das gemeint?

    Raacke: Ich war heute früh erst laufen. Inzwischen zwickt es zwar da und dort, aber natürlich sind mir Laufen und Frischluft wichtig. Ich gehe auch zum Textlernen in den Wald, weil ich da ungestört vor mich hinreden und mein imaginäres Gegenüber auch mal anbrüllen kann. Laufen ist einfach befreiend!

    Und dabei können Sie Texte lernen?

    Raacke: Nein, nicht beim Laufen, das passt vom Rhythmus nicht. Textlernen geht nur im Spaziermodus, das ist dann eher Gehirnjogging.

    Verursacht es bei Ihnen noch Phantomschmerzen, wenn Sie einen „Tatort“ im Fernsehen sehen?

    Raacke: Phantomschmerzen? Nein, ganz im Gegenteil. Ich fühle mich dem Tatort nach wie vor verbunden. Das war so eine wichtige Zeit in meinem Leben, der Tatort hat mich populär gemacht und mir viele Türen geöffnet. Aber jetzt freue ich mich auch, ganz neue und unterschiedliche Rollen zu spielen.

    Der zweite Teil des Dreiteilers „Honigfrauen“ wird am Sonntag um 20.15 Uhr im ZDF gesendet. Der dritte Teil folgt am Sonntag, 7. Mai.

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