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Interview: "Der Respekt vorm Fahrlehrer war früher größer"

Interview

"Der Respekt vorm Fahrlehrer war früher größer"

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    Mancher Fahrschüler kann seinen Fahrlehrer schier zur Verzweiflung treiben.
    Mancher Fahrschüler kann seinen Fahrlehrer schier zur Verzweiflung treiben. Foto: Armin Weigel, dpa (Symbolbild)

    Frau Burgmeier, können Sie mir eine Garantie zum Bestehen einer Fahrprüfung geben?

    Michaela Burgmeier: Nein. Ein Ausbildungsfahrschüler ist ganz anders als ein Prüfungsfahrschüler. Einer unserer Lehrer beispielsweise hat gerade einen super Schüler gehabt: Schulterblick, Verkehrsumsicht, alles. Dann saß er am Morgen in der Prüfung und fing auf einmal zu zittern an. Er war wie ein anderer Mensch. Da kann keine Fahrschule eine Erfolgsgarantie geben.

    In Bayern fällt mittlerweile jeder Dritte durch die Theorieprüfung, durch die praktische gut ein Viertel. Das ist das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren. Woran liegt das?

    Burgmeier: Die Ansprüche im Straßenverkehr sind natürlich höher geworden. Es sind immer mehr Autos unterwegs, wir leben in Ballungsgebieten. Früher in den Dörfern ist man in der Landwirtschaft auf dem eigenen Hof mit einem Traktor herumgefahren. Es gab auch viel mehr Kleinbetriebe, in denen die Fahrschüler bereits eingebunden waren. Da kamen Jungs, die oft als Kfz-Mechaniker schon die

    Wurden denn gleichzeitig auch die Fragen in der Theorie schwerer?

    Burgmeier: Ja. Es sind bewegte Bilder hinzugekommen, bei denen eine Autofahrt simuliert wird. Weniger zum Auswendiglernen und mehr für den Verstand.

    Gehen andere Fahrer auch einfach mit zu schlechtem Beispiel voran? Exakt an Tempo 50 hält sich doch keiner.

    Burgmeier: Das war früher auch so.

    Aber?

    Burgmeier: Ich glaube, dass die Welt sehr schnelllebig geworden ist und die Kinder ungemein unter Druck stehen. Heutzutage muss alles nebenbei gemacht werden, damit es ins Zeitfenster passt, so eben auch der Führerschein. Dadurch sind viele überfordert und versuchen, Sachen 'wegzulernen'. Das geht halt beim Führerschein nicht. Man muss schon konzentriert dabei sein und ein Gefühl fürs Auto bekommen.

    Die Jugend von heute will also einfach nur den Führerschein "in der Tasche haben"? Nach dem Motto: Hauptsache bestanden?

    Burgmeier: Richtig. Ich mache das jetzt seit 27 Jahren. Früher waren die Jugendlichen Autofreaks. Die wollten gezielt Audi, BMW oder Mercedes fahren. Die kannten die PS-Zahlen. Heute sind Fahrzeuge nicht mehr interessant. Ihnen geht es einfach nur noch ums "Führerschein machen".

    Was ist eigentlich die schwerste Frage der Theorieprüfung?

    Wer dieses Schild sieht, weiß: Hier ist ein Fahranfänger unterwegs.
    Wer dieses Schild sieht, weiß: Hier ist ein Fahranfänger unterwegs. Foto: Armin Weigel, dpa (Symbolbild)

    Burgmeier: Die Zahlenfragen kann keiner leiden: Brems-, Anhalte-, und Reaktionsweg. Das muss man auswendig lernen. Ich habe gerade eine Fahrschülerin bei mir: Sie lacht und nickt. Bei Technik und Formeln tun sich manche auch recht schwer. Viele Fahrschüler gehen mit zu wenig Wissen in die Prüfungen und denken: Das geht schon. Aber es geht eben nicht.

    Gibt es denn auch hoffnungslose Fälle?

    Burgmeier: Es gibt Fälle, da werden immer wieder dieselben Fehler gemacht. Beispiel "Rechts vor links": Die einfachste Verkehrsregel überhaupt, aber manche verstehen sie nicht. Das ist schon recht traurig.

    Hat sich im Vergleich zu früher grundsätzlich etwas geändert?

    Burgmeier: Die Fahrlehrer, die ich kenne, sagen, dass es viele Schüler gibt, mit denen die Arbeit Spaß macht. Das gleicht aus, dass Leute zu uns kommen, die ins Auto springen und sagen: "Ich mache jetzt schnell meinen Führerschein." Der Respekt vor Fahrlehrer und Führerschein-Machen war früher größer.

    Was erzählen Ihnen denn Ihre Fahrlehrer so alles?

    Burgmeier: Ich erinnere mich noch gut an eine verheiratete Frau. Deren Mann meinte, der Fahrlehrer müsste schon mit den Überlandfahrten anfangen. Die Frau konnte aber noch nicht einmal im Stadtverkehr geradeaus fahren. Mein Fahrlehrer hat sich dann geweigert, sie weiter zu unterrichten. Darauf ist der Mann der Frau auf ihn losgegangen.

    Darf man als Fahrlehrer eigentlich selbst durch die Prüfung gefallen sein?

    Burgmeier: Ja sicher, klar.

    Die bundesweite Durchfallquote der theoretischen Prüfung lag 2016 bei fast 35 Prozent, der praktischen Prüfung bei knapp 27 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren gab es durchaus immer wieder Schwankungen, wie unsere Grafik zeigt.

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